Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das I. Capitel Römischen Historien am bekantesten zuseyn pflegen. Diese Stadt nun war ei- gendlich zum Kriegswesen eingerichtet/ darauß sie auch ihren Wachsthum/ und nachgehends/ auch ihren Untergang ge- nommen. Das neue Volck/ so meists aus dem liederlichsten Pöbel zusammen gelauffen/ bestund aus lauter armen Leu- ten/ die weder von der Kaufmanschafft/ worzu Rom nicht wohl gelegen/ noch von Handwercken/ die damahls in Jtalien wenig bekandt waren/ sich ernehren kun- ten. Das wenige Feld/ so sie anfangs ein- genommen/ kunte eine grosse Menge Volcks nicht ernehren; War auch in der Nähe kein leeres Land/ daß sie hätten ein- nehmen und bebauen können. Also war nichts mehr übrig/ im Fall sie sich aus ih- rer Betteley wolten herauß reissen/ und sich gegen die Nachbarn erhalten/ als daß sie ihr Glück durch den Degen suchen mu- sten. Und war in der That Rom ein rech- tes Wolfsnest/ derer Einwohner rechte Wolfsart an sich hatten/ die stets nach anderer Leute Guth und Blut gedürstet/ Mittel wordurch Rom gros se Mann- schaft be- kommen.und die sich vom Raube ernehret. Einer Stadt nun von dieser Natur war von- nöthen/ daß sie mit vielen und streitbaren Bürgern erfüllet wäre. Zu welchen Zweck dienete/ daß Romulus verbot kein Kind umb-
Das I. Capitel Roͤmiſchen Hiſtorien am bekanteſten zuſeyn pflegen. Dieſe Stadt nun war ei- gendlich zum Kriegsweſen eingerichtet/ darauß ſie auch ihren Wachsthum/ und nachgehends/ auch ihren Untergang ge- nommen. Das neue Volck/ ſo meiſts aus dem liederlichſten Poͤbel zuſammen gelauffen/ beſtund aus lauter armen Leu- ten/ die weder von der Kaufmanſchafft/ worzu Rom nicht wohl gelegẽ/ noch von Handwercken/ die damahls in Jtalien wenig bekandt waren/ ſich ernehren kun- ten. Das wenige Feld/ ſo ſie anfangs ein- genommen/ kunte eine groſſe Menge Volcks nicht ernehren; War auch in der Naͤhe kein leeres Land/ daß ſie haͤtten ein- nehmen und bebauen koͤnnen. Alſo war nichts mehr uͤbrig/ im Fall ſie ſich aus ih- rer Betteley wolten herauß reiſſen/ und ſich gegen die Nachbarn erhalten/ als daß ſie ihr Gluͤck durch den Degen ſuchen mu- ſten. Und war in der That Rom ein rech- tes Wolfsneſt/ derer Einwohner rechte Wolfsart an ſich hatten/ die ſtets nach anderer Leute Guth und Blut geduͤrſtet/ Mittel wordurch Rom groſ ſe Mann- ſchaft be- kommen.und die ſich vom Raube ernehret. Einer Stadt nun von dieſer Natur war von- noͤthen/ daß ſie mit vielen und ſtreitbaren Buͤrgern erfuͤllet waͤre. Zu welchẽ Zweck dienete/ daß Romulus verbot kein Kind umb-
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Das I. Capitel
Roͤmiſchen Hiſtorien am bekanteſten zu
ſeyn pflegen. Dieſe Stadt nun war ei-
gendlich zum Kriegsweſen eingerichtet/
darauß ſie auch ihren Wachsthum/ und
nachgehends/ auch ihren Untergang ge-
nommen. Das neue Volck/ ſo meiſts
aus dem liederlichſten Poͤbel zuſammen
gelauffen/ beſtund aus lauter armen Leu-
ten/ die weder von der Kaufmanſchafft/
worzu Rom nicht wohl gelegẽ/ noch von
Handwercken/ die damahls in Jtalien
wenig bekandt waren/ ſich ernehren kun-
ten. Das wenige Feld/ ſo ſie anfangs ein-
genommen/ kunte eine groſſe Menge
Volcks nicht ernehren; War auch in der
Naͤhe kein leeres Land/ daß ſie haͤtten ein-
nehmen und bebauen koͤnnen. Alſo war
nichts mehr uͤbrig/ im Fall ſie ſich aus ih-
rer Betteley wolten herauß reiſſen/ und
ſich gegen die Nachbarn erhalten/ als daß
ſie ihr Gluͤck durch den Degen ſuchen mu-
ſten. Und war in der That Rom ein rech-
tes Wolfsneſt/ derer Einwohner rechte
Wolfsart an ſich hatten/ die ſtets nach
anderer Leute Guth und Blut geduͤrſtet/
und die ſich vom Raube ernehret. Einer
Stadt nun von dieſer Natur war von-
noͤthen/ daß ſie mit vielen und ſtreitbaren
Buͤrgern erfuͤllet waͤre. Zu welchẽ Zweck
dienete/ daß Romulus verbot kein Kind
umb-
Mittel
wordurch
Rom groſ
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