Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das I. Capitel ältiste gehalten; Deßen Ursache mir diesezu seyn am glaublichsten vorkommet/ weil die Menschen zu erst in selbiger Ge- gend gewohnet/ und sie angefüllet. Da hingegen an andern Orten/ so unlängst mit Einwohnern besetzet/ die Leute etwas dünner wohneten. Darnebenst auch jene bessere cultur und Vermögen gehabt/ als diese/ welche mit Erbauung des wü- sten Landes beschäftig waren. Jst also jenem leicht gewesen einen Schwachen nach dem andern übern Hauffen zu werf- fen/ als die noch nicht viel von Bündnüs- sen und zusammengesetzter Macht wu- sten/ und den ersten Sieg zum Behuf ei- nes folgenden zugebrauchen. Die gros- sen Kriegsheere/ damit Ninus und Semi- ramis, die Uhrhebere selbiger Monarchie mit so weit abgelegenen Völckern Kriege geführet/ können in der gemeinen Chro- nologie einen großen Zweifel geben/ da- mit wir uns den Kopff nicht wollen zer- Mittel solches zu- erhalten.brechen. Es werden sonderlich zwey Mittel angemercket/ deren selbige Könige solch groß Reich in Zaum zuhalten/ sich bedienet. Erstlich/ daß sie ihre Person gar ansehnlich gemachet/ in dem sie sich in ihren Palästen eingeschloßen gehalten/ und von niemand als ihren nechsten Die- nern sehen laßen/ auch denen Untertha- nen
Das I. Capitel aͤltiſte gehalten; Deßen Urſache mir dieſezu ſeyn am glaublichſten vorkommet/ weil die Menſchen zu erſt in ſelbiger Ge- gend gewohnet/ und ſie angefuͤllet. Da hingegen an andern Orten/ ſo unlaͤngſt mit Einwohnern beſetzet/ die Leute etwas duͤnner wohneten. Darnebenſt auch jene beſſere cultur und Vermoͤgen gehabt/ als dieſe/ welche mit Erbauung des wuͤ- ſten Landes beſchaͤftig waren. Jſt alſo jenem leicht geweſen einen Schwachen nach dem andern uͤbern Hauffen zu werf- fen/ als die noch nicht viel von Buͤndnuͤſ- ſen und zuſammengeſetzter Macht wu- ſten/ und den erſten Sieg zum Behuf ei- nes folgenden zugebrauchen. Die groſ- ſen Kriegsheere/ damit Ninus und Semi- ramis, die Uhrhebere ſelbiger Monarchie mit ſo weit abgelegenen Voͤlckern Kriege gefuͤhret/ koͤnnen in der gemeinen Chro- nologie einen großen Zweifel geben/ da- mit wir uns den Kopff nicht wollen zer- Mittel ſolches zu- erhalten.brechen. Es werden ſonderlich zwey Mittel angemercket/ deren ſelbige Koͤnige ſolch groß Reich in Zaum zuhalten/ ſich bedienet. Erſtlich/ daß ſie ihre Perſon gar anſehnlich gemachet/ in dem ſie ſich in ihren Palaͤſten eingeſchloßen gehalten/ und von niemand als ihren nechſten Die- nern ſehen laßen/ auch denen Untertha- nen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0036" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitel</hi></fw><lb/> aͤltiſte gehalten; Deßen Urſache mir dieſe<lb/> zu ſeyn am glaublichſten vorkommet/<lb/> weil die Menſchen zu erſt in ſelbiger Ge-<lb/> gend gewohnet/ und ſie angefuͤllet. Da<lb/> hingegen an andern Orten/ ſo unlaͤngſt<lb/> mit Einwohnern beſetzet/ die Leute etwas<lb/> duͤnner wohneten. Darnebenſt auch<lb/> jene beſſere <hi rendition="#aq">cultur</hi> und Vermoͤgen gehabt/<lb/> als dieſe/ welche mit Erbauung des wuͤ-<lb/> ſten Landes beſchaͤftig waren. Jſt alſo<lb/> jenem leicht geweſen einen Schwachen<lb/> nach dem andern uͤbern Hauffen zu werf-<lb/> fen/ als die noch nicht viel von Buͤndnuͤſ-<lb/> ſen und zuſammengeſetzter Macht wu-<lb/> ſten/ und den erſten Sieg zum Behuf ei-<lb/> nes folgenden zugebrauchen. Die groſ-<lb/> ſen Kriegsheere/ damit <hi rendition="#aq">Ninus</hi> und <hi rendition="#aq">Semi-<lb/> ramis,</hi> die Uhrhebere ſelbiger Monarchie<lb/> mit ſo weit abgelegenen Voͤlckern Kriege<lb/> gefuͤhret/ koͤnnen in der gemeinen <hi rendition="#aq">Chro-<lb/> nologie</hi> einen großen Zweifel geben/ da-<lb/> mit wir uns den Kopff nicht wollen zer-<lb/><note place="left">Mittel<lb/> ſolches zu-<lb/> erhalten.</note>brechen. Es werden ſonderlich zwey<lb/> Mittel angemercket/ deren ſelbige Koͤnige<lb/> ſolch groß Reich in Zaum zuhalten/ ſich<lb/> bedienet. Erſtlich/ daß ſie ihre Perſon<lb/> gar anſehnlich gemachet/ in dem ſie ſich in<lb/> ihren Palaͤſten eingeſchloßen gehalten/<lb/> und von niemand als ihren nechſten Die-<lb/> nern ſehen laßen/ auch denen Untertha-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0036]
Das I. Capitel
aͤltiſte gehalten; Deßen Urſache mir dieſe
zu ſeyn am glaublichſten vorkommet/
weil die Menſchen zu erſt in ſelbiger Ge-
gend gewohnet/ und ſie angefuͤllet. Da
hingegen an andern Orten/ ſo unlaͤngſt
mit Einwohnern beſetzet/ die Leute etwas
duͤnner wohneten. Darnebenſt auch
jene beſſere cultur und Vermoͤgen gehabt/
als dieſe/ welche mit Erbauung des wuͤ-
ſten Landes beſchaͤftig waren. Jſt alſo
jenem leicht geweſen einen Schwachen
nach dem andern uͤbern Hauffen zu werf-
fen/ als die noch nicht viel von Buͤndnuͤſ-
ſen und zuſammengeſetzter Macht wu-
ſten/ und den erſten Sieg zum Behuf ei-
nes folgenden zugebrauchen. Die groſ-
ſen Kriegsheere/ damit Ninus und Semi-
ramis, die Uhrhebere ſelbiger Monarchie
mit ſo weit abgelegenen Voͤlckern Kriege
gefuͤhret/ koͤnnen in der gemeinen Chro-
nologie einen großen Zweifel geben/ da-
mit wir uns den Kopff nicht wollen zer-
brechen. Es werden ſonderlich zwey
Mittel angemercket/ deren ſelbige Koͤnige
ſolch groß Reich in Zaum zuhalten/ ſich
bedienet. Erſtlich/ daß ſie ihre Perſon
gar anſehnlich gemachet/ in dem ſie ſich in
ihren Palaͤſten eingeſchloßen gehalten/
und von niemand als ihren nechſten Die-
nern ſehen laßen/ auch denen Untertha-
nen
Mittel
ſolches zu-
erhalten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/36 |
Zitationshilfe: | Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/36>, abgerufen am 16.07.2024. |