Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das II. Capitel die auch in den neulichsten Kriegen entwe-der durch Geld/ oder gute Wort/ oder Furcht eingeschläffet/ den Frantzosen mit Burgund nach Belieben haben umsprin- gen lassen/ welcher Graffschafft sie sich Holland.doch in vorigen Zeiten angenommen. An Holland hat Spanien biß auf den Mün- sterischen Frieden einen schädlichen Feind erfahren. Aber nach der Zeit scheinet es/ daß es nicht sonderlich für jenen sich zu be- fahren habe; weil ich nicht sehe/ wie Hol- land die Lust könte ankommen Spanien an zugreiffen/ und ihm etwas zu nehmen: an- gesehen Holland gnug zu thun hat sich in gegenwärtigem Stand zu erhalten. Und wenn es ja wolte auf West Jndien etwas vornehmen/ würde es nicht allein von den Spaniern selbst dorten gnugsamen Wi- derstand finden/ sondern es würden auch Engeland und Franckreich nimmer leyden[,] daß Holland die zwey Brunden des Reich- thums/ Ost- und West-Jndien zu gleich besitzen solte. Ja es ist Holland wegen sei- ner eigenen Wolfahrt obligiret/ so viel an ihm ist zu verwehren/ daß Franckreich nit die Spanische Niederlande vollends ver- schlinge/ und sein unmittelbarer Nachbar zu Lande werde; auch sonst nit allzu gros- Teutsch- land.ses Vortheil über Spanien bekomme. Die Macht von Teutschland kan Spanien fast für die seinige halten/ in so fern Oesterreich darü-
Das II. Capitel die auch in den neulichſten Kriegen entwe-der durch Geld/ oder gute Wort/ oder Furcht eingeſchlaͤffet/ den Frantzoſen mit Burgund nach Belieben haben umſprin- gen laſſen/ welcher Graffſchafft ſie ſich Holland.doch in vorigen Zeiten angenommen. An Holland hat Spanien biß auf den Muͤn- ſteriſchen Frieden einen ſchaͤdlichen Feind erfahren. Aber nach der Zeit ſcheinet es/ daß es nicht ſondeꝛlich fuͤr jenen ſich zu be- fahren habe; weil ich nicht ſehe/ wie Hol- land die Luſt koͤnte ankom̃en Spanien an zugreiffen/ und ihm etwas zu nehmẽ: an- geſehen Holland gnug zu thun hat ſich in gegenwaͤrtigem Stand zu erhalten. Und wenn es ja wolte auf Weſt Jndien etwas vornehmen/ wuͤꝛde es nicht allein von den Spaniern ſelbſt dorten gnugſamen Wi- derſtand finden/ ſondern es wuͤrden auch Engeland und Franckreich nim̃er leyden[,] daß Holland die zwey Bruñen des Reich- thums/ Oſt- und Weſt-Jndien zu gleich beſitzen ſolte. Ja es iſt Holland wegen ſei- ner eigenen Wolfahrt obligiret/ ſo viel an ihm iſt zu verwehren/ daß Franckreich nit die Spaniſche Niederlande vollends ver- ſchlinge/ und ſein unmittelbarer Nachbar zu Lande werde; auch ſonſt nit allzu groſ- Teutſch- land.ſes Vortheil uͤber Spanien bekom̃e. Die Macht von Teutſchland kan Spaniẽ faſt fuͤr die ſeinige halten/ in ſo feꝛn Oeſterꝛeich daruͤ-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0178" n="148"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">II.</hi> Capitel</hi></fw><lb/> die auch in den neulichſten Kriegen entwe-<lb/> der durch Geld/ oder gute Wort/ oder<lb/> Furcht eingeſchlaͤffet/ den Frantzoſen mit<lb/> Burgund nach Belieben haben umſprin-<lb/> gen laſſen/ welcher Graffſchafft ſie ſich<lb/><note place="left">Holland.</note>doch in vorigen Zeiten angenommen. An<lb/> Holland hat Spanien biß auf den Muͤn-<lb/> ſteriſchen Frieden einen ſchaͤdlichen Feind<lb/> erfahren. Aber nach der Zeit ſcheinet es/<lb/> daß es nicht ſondeꝛlich fuͤr jenen ſich zu be-<lb/> fahren habe; weil ich nicht ſehe/ wie Hol-<lb/> land die Luſt koͤnte ankom̃en Spanien an<lb/> zugreiffen/ und ihm etwas zu nehmẽ: an-<lb/> geſehen Holland gnug zu thun hat ſich in<lb/> gegenwaͤrtigem Stand zu erhalten. Und<lb/> wenn es ja wolte auf Weſt Jndien etwas<lb/> vornehmen/ wuͤꝛde es nicht allein von den<lb/> Spaniern ſelbſt dorten gnugſamen Wi-<lb/> derſtand finden/ ſondern es wuͤrden auch<lb/> Engeland und Franckreich nim̃er leyden<supplied>,</supplied><lb/> daß Holland die zwey Bruñen des Reich-<lb/> thums/ Oſt- und Weſt-Jndien zu gleich<lb/> beſitzen ſolte. Ja es iſt Holland wegen ſei-<lb/> ner eigenen Wolfahrt <hi rendition="#aq">obligir</hi>et/ ſo viel an<lb/> ihm iſt zu verwehren/ daß Franckreich nit<lb/> die Spaniſche Niederlande vollends ver-<lb/> ſchlinge/ und ſein unmittelbarer Nachbar<lb/> zu Lande werde; auch ſonſt nit allzu groſ-<lb/><note place="left">Teutſch-<lb/> land.</note>ſes Vortheil uͤber Spanien bekom̃e. Die<lb/> Macht von Teutſchland kan Spaniẽ faſt<lb/> fuͤr die ſeinige halten/ in ſo feꝛn Oeſterꝛeich<lb/> <fw place="bottom" type="catch">daruͤ-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0178]
Das II. Capitel
die auch in den neulichſten Kriegen entwe-
der durch Geld/ oder gute Wort/ oder
Furcht eingeſchlaͤffet/ den Frantzoſen mit
Burgund nach Belieben haben umſprin-
gen laſſen/ welcher Graffſchafft ſie ſich
doch in vorigen Zeiten angenommen. An
Holland hat Spanien biß auf den Muͤn-
ſteriſchen Frieden einen ſchaͤdlichen Feind
erfahren. Aber nach der Zeit ſcheinet es/
daß es nicht ſondeꝛlich fuͤr jenen ſich zu be-
fahren habe; weil ich nicht ſehe/ wie Hol-
land die Luſt koͤnte ankom̃en Spanien an
zugreiffen/ und ihm etwas zu nehmẽ: an-
geſehen Holland gnug zu thun hat ſich in
gegenwaͤrtigem Stand zu erhalten. Und
wenn es ja wolte auf Weſt Jndien etwas
vornehmen/ wuͤꝛde es nicht allein von den
Spaniern ſelbſt dorten gnugſamen Wi-
derſtand finden/ ſondern es wuͤrden auch
Engeland und Franckreich nim̃er leyden,
daß Holland die zwey Bruñen des Reich-
thums/ Oſt- und Weſt-Jndien zu gleich
beſitzen ſolte. Ja es iſt Holland wegen ſei-
ner eigenen Wolfahrt obligiret/ ſo viel an
ihm iſt zu verwehren/ daß Franckreich nit
die Spaniſche Niederlande vollends ver-
ſchlinge/ und ſein unmittelbarer Nachbar
zu Lande werde; auch ſonſt nit allzu groſ-
ſes Vortheil uͤber Spanien bekom̃e. Die
Macht von Teutſchland kan Spaniẽ faſt
fuͤr die ſeinige halten/ in ſo feꝛn Oeſterꝛeich
daruͤ-
Holland.
Teutſch-
land.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/178 |
Zitationshilfe: | Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/178>, abgerufen am 16.07.2024. |