Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Bericht Vom Zustande des Teutschen Reichs. [s. l.], 1667.

Bild:
<< vorherige Seite

des Teutschen Reichs.
außarbeiten. Deren beedes sich bey dem
gemeinen Volcke nicht wol schicket. denn
solches erstarret fast darüber/ daß der
gautze Gottesdienst nur zum Predigen
und wenigem Singen gebracht sey; und
wenn es umb die Geistliche Sachen sorg-
fältig zu seyn/ für eiue Tugend gehalten
wird/ bekommt einjeglicher verkehrter Kopf
Lust viel zu verneuern/ wo bey sich auch
eine unüberwindliche halstarrigkeit fin-
det die einmahl angenommene Meynung
zu verthätigen. Ja etliche sind gar auff
eine Thorheit gerahten/ und haben für
eine Sünde gehalten etwas lange und
zierliche Haar zu zeugen. Diesem nechst
haben die verständigen längst gemercket/
daß/ die Natur dieser Religion zur de-
mocrati
schen Freyheit geneigt sey: Denn
nach dem einmahl das gemeine Volck in
geistlichen Sachen/ wie auch von den Sit-
ten zu urtheilen/ zur Stimme zu gelassen
schiene es unbillig zu seyn/ daß ein Fürst
in den politischen Häuptsachen etwas

be-
O vij

des Teutſchen Reichs.
außarbeiten. Deren beedes ſich bey dem
gemeinen Volcke nicht wol ſchicket. denn
ſolches erſtarret faſt daruͤber/ daß der
gautze Gottesdienſt nur zum Predigen
und wenigem Singen gebracht ſey; und
wenn es umb die Geiſtliche Sachen ſorg-
faͤltig zu ſeyn/ fuͤr eiue Tugend gehalten
wird/ bekom̃t einjeglicher verkehrter Kopf
Luſt viel zu verneuern/ wo bey ſich auch
eine unuͤberwindliche halſtarrigkeit fin-
det die einmahl angenommene Meynung
zu verthaͤtigen. Ja etliche ſind gar auff
eine Thorheit gerahten/ und haben fuͤr
eine Suͤnde gehalten etwas lange und
zierliche Haar zu zeugen. Dieſem nechſt
haben die verſtaͤndigen laͤngſt gemercket/
daß/ die Natur dieſer Religion zur de-
mocrati
ſchen Freyheit geneigt ſey: Deñ
nach dem einmahl das gemeine Volck in
geiſtlichen Sachen/ wie auch von den Sit-
ten zu urtheilen/ zur Stimme zu gelaſſen
ſchiene es unbillig zu ſeyn/ daß ein Fuͤrſt
in den politiſchen Haͤuptſachen etwas

be-
O vij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0323" n="301"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Teut&#x017F;chen Reichs.</hi></fw><lb/>
außarbeiten. Deren beedes &#x017F;ich bey dem<lb/>
gemeinen Volcke nicht wol &#x017F;chicket. denn<lb/>
&#x017F;olches er&#x017F;tarret fa&#x017F;t daru&#x0364;ber/ daß der<lb/>
gautze Gottesdien&#x017F;t nur zum Predigen<lb/>
und wenigem Singen gebracht &#x017F;ey; und<lb/>
wenn es umb die Gei&#x017F;tliche Sachen &#x017F;org-<lb/>
fa&#x0364;ltig zu &#x017F;eyn/ fu&#x0364;r eiue Tugend gehalten<lb/>
wird/ bekom&#x0303;t einjeglicher verkehrter Kopf<lb/>
Lu&#x017F;t viel zu verneuern/ wo bey &#x017F;ich auch<lb/>
eine unu&#x0364;berwindliche hal&#x017F;tarrigkeit fin-<lb/>
det die einmahl angenommene Meynung<lb/>
zu vertha&#x0364;tigen. Ja etliche &#x017F;ind gar auff<lb/>
eine Thorheit gerahten/ und haben fu&#x0364;r<lb/>
eine Su&#x0364;nde gehalten etwas lange und<lb/>
zierliche Haar zu zeugen. Die&#x017F;em nech&#x017F;t<lb/>
haben die ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen la&#x0364;ng&#x017F;t gemercket/<lb/>
daß/ die Natur die&#x017F;er <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Religion</hi></hi> zur <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">de-<lb/>
mocrati</hi></hi>&#x017F;chen Freyheit geneigt &#x017F;ey: Den&#x0303;<lb/>
nach dem einmahl das gemeine Volck in<lb/>
gei&#x017F;tlichen Sachen/ wie auch von den Sit-<lb/>
ten zu urtheilen/ zur Stimme zu gela&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;chiene es unbillig zu &#x017F;eyn/ daß ein Fu&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
in den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">politi</hi></hi>&#x017F;chen Ha&#x0364;upt&#x017F;achen etwas<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O vij</fw><fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0323] des Teutſchen Reichs. außarbeiten. Deren beedes ſich bey dem gemeinen Volcke nicht wol ſchicket. denn ſolches erſtarret faſt daruͤber/ daß der gautze Gottesdienſt nur zum Predigen und wenigem Singen gebracht ſey; und wenn es umb die Geiſtliche Sachen ſorg- faͤltig zu ſeyn/ fuͤr eiue Tugend gehalten wird/ bekom̃t einjeglicher verkehrter Kopf Luſt viel zu verneuern/ wo bey ſich auch eine unuͤberwindliche halſtarrigkeit fin- det die einmahl angenommene Meynung zu verthaͤtigen. Ja etliche ſind gar auff eine Thorheit gerahten/ und haben fuͤr eine Suͤnde gehalten etwas lange und zierliche Haar zu zeugen. Dieſem nechſt haben die verſtaͤndigen laͤngſt gemercket/ daß/ die Natur dieſer Religion zur de- mocratiſchen Freyheit geneigt ſey: Deñ nach dem einmahl das gemeine Volck in geiſtlichen Sachen/ wie auch von den Sit- ten zu urtheilen/ zur Stimme zu gelaſſen ſchiene es unbillig zu ſeyn/ daß ein Fuͤrſt in den politiſchen Haͤuptſachen etwas be- O vij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_bericht_1667
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_bericht_1667/323
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Bericht Vom Zustande des Teutschen Reichs. [s. l.], 1667, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_bericht_1667/323>, abgerufen am 13.05.2024.