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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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6) Recurse u. Cerem. 1745-1748.

In einem Recurse, den Churpfalz wegen ei-X.
ner Commission zur Güte, die vom Reichshofrath
auf eine Klage der Reichsritterschaft wegen der
Herrschaft Zwingenberg erkannt war, ergriffen
hatte, faßte zwar das churfürstliche Collegium am

5. Jun.
werden, die aperte falsch sind, und zurückgenom-
men werden müßen, damit auch selbst die Reichs-
versammlung nicht verschonet wird, und ihr prae-
matura conclusa
beygelegt werden, die nicht exi-
stiren, -- und daß endlich in der Schreibart gar
keine Maße gehalten, sondern zu solchen Unziem-
lichkeiten geschritten wird, die kein Exempel vor
sich haben, und denen keine Nachfolge zu gestat-
ten ist. Wendet man sich von Sr. Durchlaucht
zu Sachsen-Meinungen zum Cammergerichte; so
ist daselbst procedirt, als ob keine Ordnung und
Recht im Reiche wäre. Der Reichsabschied von
1600. verbietet ausdrücklich, gegen der Stände
Diener und Räthe keine Klagen in Sachen anzu-
nehmen, die sie vi o[ff]icii auf Befehl des Herrn
thun müßen, worüber dieser sie zu vertreten hat.
Dem ungeachtet aber wird die Regierung zu Mei-
nungen über Befolgung der Befehle ihres Herrn
verklaget und citirt. Der Reichsabschied 1570.
und der von 1600. verbieten ausdrücklich Nulli-
tätsklagen in denjenigen Fällen anzunehmen, wo
nicht erlaubt ist zu appelliren. -- Dem ungeach-
tet nimmt die Cammer -- eine Nullitätsklage
an. -- Man wird lachen, wenn man siehet, daß
in einer Sache, die am Reichstage für einen oder
den anderen Theil entschieden werden soll, alle
Interessenten Unrecht haben sollen, -- auch folg-
lich fragen, was dann zu thun sey? Es ist aber
leicht darauf zu antworten. -- Das cammerge-
richtliche Verfahren sollte man simpliciter cassiren,
und zwar unter dem Vorbehalte, daß, wenn der-
gleichen wieder vorkomme, es gebührend geahn-
det, und dem Cammergerichte die Kosten ex pro-
priis
zu ersetzen auferleget werden sollte." etc.
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6) Recurſe u. Cerem. 1745-1748.

In einem Recurſe, den Churpfalz wegen ei-X.
ner Commiſſion zur Guͤte, die vom Reichshofrath
auf eine Klage der Reichsritterſchaft wegen der
Herrſchaft Zwingenberg erkannt war, ergriffen
hatte, faßte zwar das churfuͤrſtliche Collegium am

5. Jun.
werden, die aperte falſch ſind, und zuruͤckgenom-
men werden muͤßen, damit auch ſelbſt die Reichs-
verſammlung nicht verſchonet wird, und ihr prae-
matura concluſa
beygelegt werden, die nicht exi-
ſtiren, — und daß endlich in der Schreibart gar
keine Maße gehalten, ſondern zu ſolchen Unziem-
lichkeiten geſchritten wird, die kein Exempel vor
ſich haben, und denen keine Nachfolge zu geſtat-
ten iſt. Wendet man ſich von Sr. Durchlaucht
zu Sachſen-Meinungen zum Cammergerichte; ſo
iſt daſelbſt procedirt, als ob keine Ordnung und
Recht im Reiche waͤre. Der Reichsabſchied von
1600. verbietet ausdruͤcklich, gegen der Staͤnde
Diener und Raͤthe keine Klagen in Sachen anzu-
nehmen, die ſie vi o[ff]icii auf Befehl des Herrn
thun muͤßen, woruͤber dieſer ſie zu vertreten hat.
Dem ungeachtet aber wird die Regierung zu Mei-
nungen uͤber Befolgung der Befehle ihres Herrn
verklaget und citirt. Der Reichsabſchied 1570.
und der von 1600. verbieten ausdruͤcklich Nulli-
taͤtsklagen in denjenigen Faͤllen anzunehmen, wo
nicht erlaubt iſt zu appelliren. — Dem ungeach-
tet nimmt die Cammer — eine Nullitaͤtsklage
an. — Man wird lachen, wenn man ſiehet, daß
in einer Sache, die am Reichstage fuͤr einen oder
den anderen Theil entſchieden werden ſoll, alle
Intereſſenten Unrecht haben ſollen, — auch folg-
lich fragen, was dann zu thun ſey? Es iſt aber
leicht darauf zu antworten. — Das cammerge-
richtliche Verfahren ſollte man ſimpliciter caſſiren,
und zwar unter dem Vorbehalte, daß, wenn der-
gleichen wieder vorkomme, es gebuͤhrend geahn-
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priis
zu erſetzen auferleget werden ſollte.” ꝛc.
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[57/0091] 6) Recurſe u. Cerem. 1745-1748. In einem Recurſe, den Churpfalz wegen ei- ner Commiſſion zur Guͤte, die vom Reichshofrath auf eine Klage der Reichsritterſchaft wegen der Herrſchaft Zwingenberg erkannt war, ergriffen hatte, faßte zwar das churfuͤrſtliche Collegium am 5. Jun. (q) X. (q) werden, die aperte falſch ſind, und zuruͤckgenom- men werden muͤßen, damit auch ſelbſt die Reichs- verſammlung nicht verſchonet wird, und ihr prae- matura concluſa beygelegt werden, die nicht exi- ſtiren, — und daß endlich in der Schreibart gar keine Maße gehalten, ſondern zu ſolchen Unziem- lichkeiten geſchritten wird, die kein Exempel vor ſich haben, und denen keine Nachfolge zu geſtat- ten iſt. Wendet man ſich von Sr. Durchlaucht zu Sachſen-Meinungen zum Cammergerichte; ſo iſt daſelbſt procedirt, als ob keine Ordnung und Recht im Reiche waͤre. Der Reichsabſchied von 1600. verbietet ausdruͤcklich, gegen der Staͤnde Diener und Raͤthe keine Klagen in Sachen anzu- nehmen, die ſie vi officii auf Befehl des Herrn thun muͤßen, woruͤber dieſer ſie zu vertreten hat. Dem ungeachtet aber wird die Regierung zu Mei- nungen uͤber Befolgung der Befehle ihres Herrn verklaget und citirt. Der Reichsabſchied 1570. und der von 1600. verbieten ausdruͤcklich Nulli- taͤtsklagen in denjenigen Faͤllen anzunehmen, wo nicht erlaubt iſt zu appelliren. — Dem ungeach- tet nimmt die Cammer — eine Nullitaͤtsklage an. — Man wird lachen, wenn man ſiehet, daß in einer Sache, die am Reichstage fuͤr einen oder den anderen Theil entſchieden werden ſoll, alle Intereſſenten Unrecht haben ſollen, — auch folg- lich fragen, was dann zu thun ſey? Es iſt aber leicht darauf zu antworten. — Das cammerge- richtliche Verfahren ſollte man ſimpliciter caſſiren, und zwar unter dem Vorbehalte, daß, wenn der- gleichen wieder vorkomme, es gebuͤhrend geahn- det, und dem Cammergerichte die Koſten ex pro- priis zu erſetzen auferleget werden ſollte.” ꝛc. D 5

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/91>, abgerufen am 05.05.2024.