Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

XI. Carl VII. u. Franz 1740-1748.
trug: Das Cammergericht habe ihm, ohne daß
er darüber gehöret sey, eine Sentenz zugeschickt,
wodurch er verurtheilt werde, dem von Diemar
Abbitte zu thun, und noch eine Strafe von zehn-
tausend Rthlr. zu erlegen. Es ergab sich aber
bald, daß der Herzog eine bloße Ladung für eine
Sentenz angesehen habe. Also hielt wenigstens
diesmal die Vermuthung, die sonst für Fürsten-
worte streitet, in dieser Recurssache nicht die Pro-
be. Eine reellere Widerlegung hätte gegen obige
Behauptung der Unnöthigkeit einer Berichtsforde-
rung nicht eintreten können! Ein Umstand, der
überhaupt für das System von Recursen, das
viele Teutsche Höfe um diese Zeit zu begünstigen
schienen, nicht sehr vortheilhaft war (q).


In
(q) Aus der Feder des Herrn von Heringen
erschienen deswegen gleich damals eigne "Consi-
"derationen
über den Sachsen-Meinungischen
"Recurs in der Gleichischen Sache" (1748. Fol.),
die gleich so anfiengen: "Wenn man diese Sache
in ihrer wahren Gestalt betrachtet, so haben alle,
die damit melirt sind, gefehlt. Der Frau von
Gleichen Conduite über einen Damenrang -- zu-
erst in solche vernunftslose Heftigkeit auszubre-
chen, und hernach -- beym Cammergerichte pas-
sus
einzuleiten, die gerade gegen die Sächsische
uralte Haus- und Landesverfassungen streiten, --
wird niemand loben können. Serenissimi Meinun-
gensis
Verfahren, diesen Fall, der nimmermehr
unter das Duellmandat gezogen werden kann, --
so hart zu ahnden, wird ebenfalls niemand gut
heissen, noch vielweniger aber die Art und Weise
approbiren, wie der eingeleitete Recurs geführet
wird, daß nehmlich die angebrachten grauamina
mit nichts bescheiniget, noch ein begreiflicher sta-
tus causae
dargelegt wird, daß Facta avancirt
wer-

XI. Carl VII. u. Franz 1740-1748.
trug: Das Cammergericht habe ihm, ohne daß
er daruͤber gehoͤret ſey, eine Sentenz zugeſchickt,
wodurch er verurtheilt werde, dem von Diemar
Abbitte zu thun, und noch eine Strafe von zehn-
tauſend Rthlr. zu erlegen. Es ergab ſich aber
bald, daß der Herzog eine bloße Ladung fuͤr eine
Sentenz angeſehen habe. Alſo hielt wenigſtens
diesmal die Vermuthung, die ſonſt fuͤr Fuͤrſten-
worte ſtreitet, in dieſer Recursſache nicht die Pro-
be. Eine reellere Widerlegung haͤtte gegen obige
Behauptung der Unnoͤthigkeit einer Berichtsforde-
rung nicht eintreten koͤnnen! Ein Umſtand, der
uͤberhaupt fuͤr das Syſtem von Recurſen, das
viele Teutſche Hoͤfe um dieſe Zeit zu beguͤnſtigen
ſchienen, nicht ſehr vortheilhaft war (q).


In
(q) Aus der Feder des Herrn von Heringen
erſchienen deswegen gleich damals eigne ”Conſi-
„derationen
uͤber den Sachſen-Meinungiſchen
„Recurs in der Gleichiſchen Sache” (1748. Fol.),
die gleich ſo anfiengen: ”Wenn man dieſe Sache
in ihrer wahren Geſtalt betrachtet, ſo haben alle,
die damit melirt ſind, gefehlt. Der Frau von
Gleichen Conduite uͤber einen Damenrang — zu-
erſt in ſolche vernunftsloſe Heftigkeit auszubre-
chen, und hernach — beym Cammergerichte paſ-
ſus
einzuleiten, die gerade gegen die Saͤchſiſche
uralte Haus- und Landesverfaſſungen ſtreiten, —
wird niemand loben koͤnnen. Sereniſſimi Meinun-
genſis
Verfahren, dieſen Fall, der nimmermehr
unter das Duellmandat gezogen werden kann, —
ſo hart zu ahnden, wird ebenfalls niemand gut
heiſſen, noch vielweniger aber die Art und Weiſe
approbiren, wie der eingeleitete Recurs gefuͤhret
wird, daß nehmlich die angebrachten grauamina
mit nichts beſcheiniget, noch ein begreiflicher ſta-
tus cauſae
dargelegt wird, daß Facta avancirt
wer-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0090" n="56"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XI.</hi> Carl <hi rendition="#aq">VII.</hi> u. Franz 1740-1748.</fw><lb/>
trug: Das Cammergericht habe ihm, ohne daß<lb/>
er daru&#x0364;ber geho&#x0364;ret &#x017F;ey, eine <hi rendition="#fr">Sentenz</hi> zuge&#x017F;chickt,<lb/>
wodurch er verurtheilt werde, dem von Diemar<lb/>
Abbitte zu thun, und noch eine Strafe von zehn-<lb/>
tau&#x017F;end Rthlr. zu erlegen. Es ergab &#x017F;ich aber<lb/>
bald, daß der Herzog eine bloße Ladung fu&#x0364;r eine<lb/>
Sentenz ange&#x017F;ehen habe. Al&#x017F;o hielt wenig&#x017F;tens<lb/>
diesmal die Vermuthung, die &#x017F;on&#x017F;t fu&#x0364;r Fu&#x0364;r&#x017F;ten-<lb/>
worte &#x017F;treitet, in die&#x017F;er Recurs&#x017F;ache nicht die Pro-<lb/>
be. Eine reellere Widerlegung ha&#x0364;tte gegen obige<lb/>
Behauptung der Unno&#x0364;thigkeit einer Berichtsforde-<lb/>
rung nicht eintreten ko&#x0364;nnen! Ein Um&#x017F;tand, der<lb/>
u&#x0364;berhaupt fu&#x0364;r das Sy&#x017F;tem von Recur&#x017F;en, das<lb/>
viele Teut&#x017F;che Ho&#x0364;fe um die&#x017F;e Zeit zu begu&#x0364;n&#x017F;tigen<lb/>
&#x017F;chienen, nicht &#x017F;ehr vortheilhaft war <note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="(q)">Aus der Feder des Herrn <hi rendition="#fr">von Heringen</hi><lb/>
er&#x017F;chienen deswegen gleich damals eigne &#x201D;<hi rendition="#fr">Con&#x017F;i-<lb/>
&#x201E;derationen</hi> u&#x0364;ber den Sach&#x017F;en-Meinungi&#x017F;chen<lb/>
&#x201E;Recurs in der Gleichi&#x017F;chen Sache&#x201D; (1748. Fol.),<lb/>
die gleich &#x017F;o anfiengen: &#x201D;Wenn man die&#x017F;e Sache<lb/>
in ihrer wahren Ge&#x017F;talt betrachtet, &#x017F;o haben alle,<lb/>
die damit melirt &#x017F;ind, gefehlt. Der Frau von<lb/>
Gleichen Conduite u&#x0364;ber einen Damenrang &#x2014; zu-<lb/>
er&#x017F;t in &#x017F;olche vernunftslo&#x017F;e Heftigkeit auszubre-<lb/>
chen, und hernach &#x2014; beym Cammergerichte <hi rendition="#aq">pa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;us</hi> einzuleiten, die gerade gegen die Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
uralte Haus- und Landesverfa&#x017F;&#x017F;ungen &#x017F;treiten, &#x2014;<lb/>
wird niemand loben ko&#x0364;nnen. <hi rendition="#aq">Sereni&#x017F;&#x017F;imi Meinun-<lb/>
gen&#x017F;is</hi> Verfahren, die&#x017F;en Fall, der nimmermehr<lb/>
unter das Duellmandat gezogen werden kann, &#x2014;<lb/>
&#x017F;o hart zu ahnden, wird ebenfalls niemand gut<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;en, noch vielweniger aber die Art und Wei&#x017F;e<lb/>
approbiren, wie der eingeleitete Recurs gefu&#x0364;hret<lb/>
wird, daß nehmlich die angebrachten <hi rendition="#aq">grauamina</hi><lb/>
mit nichts be&#x017F;cheiniget, noch ein begreiflicher <hi rendition="#aq">&#x017F;ta-<lb/>
tus cau&#x017F;ae</hi> dargelegt wird, daß Facta avancirt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wer-</fw></note>.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">In</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0090] XI. Carl VII. u. Franz 1740-1748. trug: Das Cammergericht habe ihm, ohne daß er daruͤber gehoͤret ſey, eine Sentenz zugeſchickt, wodurch er verurtheilt werde, dem von Diemar Abbitte zu thun, und noch eine Strafe von zehn- tauſend Rthlr. zu erlegen. Es ergab ſich aber bald, daß der Herzog eine bloße Ladung fuͤr eine Sentenz angeſehen habe. Alſo hielt wenigſtens diesmal die Vermuthung, die ſonſt fuͤr Fuͤrſten- worte ſtreitet, in dieſer Recursſache nicht die Pro- be. Eine reellere Widerlegung haͤtte gegen obige Behauptung der Unnoͤthigkeit einer Berichtsforde- rung nicht eintreten koͤnnen! Ein Umſtand, der uͤberhaupt fuͤr das Syſtem von Recurſen, das viele Teutſche Hoͤfe um dieſe Zeit zu beguͤnſtigen ſchienen, nicht ſehr vortheilhaft war (q). In (q) Aus der Feder des Herrn von Heringen erſchienen deswegen gleich damals eigne ”Conſi- „derationen uͤber den Sachſen-Meinungiſchen „Recurs in der Gleichiſchen Sache” (1748. Fol.), die gleich ſo anfiengen: ”Wenn man dieſe Sache in ihrer wahren Geſtalt betrachtet, ſo haben alle, die damit melirt ſind, gefehlt. Der Frau von Gleichen Conduite uͤber einen Damenrang — zu- erſt in ſolche vernunftsloſe Heftigkeit auszubre- chen, und hernach — beym Cammergerichte paſ- ſus einzuleiten, die gerade gegen die Saͤchſiſche uralte Haus- und Landesverfaſſungen ſtreiten, — wird niemand loben koͤnnen. Sereniſſimi Meinun- genſis Verfahren, dieſen Fall, der nimmermehr unter das Duellmandat gezogen werden kann, — ſo hart zu ahnden, wird ebenfalls niemand gut heiſſen, noch vielweniger aber die Art und Weiſe approbiren, wie der eingeleitete Recurs gefuͤhret wird, daß nehmlich die angebrachten grauamina mit nichts beſcheiniget, noch ein begreiflicher ſta- tus cauſae dargelegt wird, daß Facta avancirt wer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/90
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/90>, abgerufen am 27.11.2024.