Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

XIV. Heutige Verfassung.
oder ähnlich Gesinnte reichen konnten, um anders
denkende Eltern, Ehegatten, Verwandte, Freun-
de, Gönner, Oberen, kurz alles gegen einen sol-
chen aufzubringen.


XI.

Diese Umstände waren, wie durch unsere Ge-
schichte mit tausend Thatsachen beleget werden
kann, bisher in Teutschland unverkennbar; inson-
derheit so lange der Jesuiterorden noch in seinem
völligen Gange war. Seit dessen Aufhebung ha-
ben sich allerdings im catholischen Teutschlande
weit mehr tolerantere Gesinnungen verbreitet.
Doch stehet dahin, ob die Quelle schon ganz für
versieget zu halten sey, so lange es noch ehemali-
gen Zöglingen der Jesuiten schwer fällt, die ihnen
beygebrachten Vorurtheile zu überwinden, -- so
lange noch Exjesuiten nicht alle Thätigkeit verloh-
ren haben, solche Grundsätze ferner zu unterhalten
und auszubreiten, -- so lange noch andere Mönchs-
orden Mittel und Wege finden werden, eben das
zu thun, -- ja so lange überhaupt noch weltliche
Mächte in geistlichen Sachen einer auswärtigen
höhern Gewalt unterworfen sind, -- und so lange
von Rom aus noch der wirksame Einfluß bleibt,
zu verhüten, daß nicht der Unterschied zwischen
christlich catholischer Religion und Römisch päbstli-
cher Abhängigkeit allgemeiner erkannt werde.


XII.

Unter solchen Umständen und bey den so sehr
verwickelten Verhältnissen, worin die verschiedenen
Religionsverwandten in Teutschland gegen einan-
der stehen, darf man sichs wohl nicht befremden
laßen, wenn es so häufige Vorfälle gegeben hat
und zum Theil noch gibt, wo unter einem catholi-

schen

XIV. Heutige Verfaſſung.
oder aͤhnlich Geſinnte reichen konnten, um anders
denkende Eltern, Ehegatten, Verwandte, Freun-
de, Goͤnner, Oberen, kurz alles gegen einen ſol-
chen aufzubringen.


XI.

Dieſe Umſtaͤnde waren, wie durch unſere Ge-
ſchichte mit tauſend Thatſachen beleget werden
kann, bisher in Teutſchland unverkennbar; inſon-
derheit ſo lange der Jeſuiterorden noch in ſeinem
voͤlligen Gange war. Seit deſſen Aufhebung ha-
ben ſich allerdings im catholiſchen Teutſchlande
weit mehr tolerantere Geſinnungen verbreitet.
Doch ſtehet dahin, ob die Quelle ſchon ganz fuͤr
verſieget zu halten ſey, ſo lange es noch ehemali-
gen Zoͤglingen der Jeſuiten ſchwer faͤllt, die ihnen
beygebrachten Vorurtheile zu uͤberwinden, — ſo
lange noch Exjeſuiten nicht alle Thaͤtigkeit verloh-
ren haben, ſolche Grundſaͤtze ferner zu unterhalten
und auszubreiten, — ſo lange noch andere Moͤnchs-
orden Mittel und Wege finden werden, eben das
zu thun, — ja ſo lange uͤberhaupt noch weltliche
Maͤchte in geiſtlichen Sachen einer auswaͤrtigen
hoͤhern Gewalt unterworfen ſind, — und ſo lange
von Rom aus noch der wirkſame Einfluß bleibt,
zu verhuͤten, daß nicht der Unterſchied zwiſchen
chriſtlich catholiſcher Religion und Roͤmiſch paͤbſtli-
cher Abhaͤngigkeit allgemeiner erkannt werde.


XII.

Unter ſolchen Umſtaͤnden und bey den ſo ſehr
verwickelten Verhaͤltniſſen, worin die verſchiedenen
Religionsverwandten in Teutſchland gegen einan-
der ſtehen, darf man ſichs wohl nicht befremden
laßen, wenn es ſo haͤufige Vorfaͤlle gegeben hat
und zum Theil noch gibt, wo unter einem catholi-

ſchen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0288" n="254"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XIV.</hi> Heutige Verfa&#x017F;&#x017F;ung.</fw><lb/>
oder a&#x0364;hnlich Ge&#x017F;innte reichen konnten, um anders<lb/>
denkende Eltern, Ehegatten, Verwandte, Freun-<lb/>
de, Go&#x0364;nner, Oberen, kurz alles gegen einen &#x017F;ol-<lb/>
chen aufzubringen.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">XI.</hi> </note>
          <p>Die&#x017F;e Um&#x017F;ta&#x0364;nde waren, wie durch un&#x017F;ere Ge-<lb/>
&#x017F;chichte mit tau&#x017F;end That&#x017F;achen beleget werden<lb/>
kann, bisher in Teut&#x017F;chland unverkennbar; in&#x017F;on-<lb/>
derheit &#x017F;o lange der Je&#x017F;uiterorden noch in &#x017F;einem<lb/>
vo&#x0364;lligen Gange war. Seit de&#x017F;&#x017F;en Aufhebung ha-<lb/>
ben &#x017F;ich allerdings im catholi&#x017F;chen Teut&#x017F;chlande<lb/>
weit mehr tolerantere Ge&#x017F;innungen verbreitet.<lb/>
Doch &#x017F;tehet dahin, ob die Quelle &#x017F;chon ganz fu&#x0364;r<lb/>
ver&#x017F;ieget zu halten &#x017F;ey, &#x017F;o lange es noch ehemali-<lb/>
gen Zo&#x0364;glingen der Je&#x017F;uiten &#x017F;chwer fa&#x0364;llt, die ihnen<lb/>
beygebrachten Vorurtheile zu u&#x0364;berwinden, &#x2014; &#x017F;o<lb/>
lange noch Exje&#x017F;uiten nicht alle Tha&#x0364;tigkeit verloh-<lb/>
ren haben, &#x017F;olche Grund&#x017F;a&#x0364;tze ferner zu unterhalten<lb/>
und auszubreiten, &#x2014; &#x017F;o lange noch andere Mo&#x0364;nchs-<lb/>
orden Mittel und Wege finden werden, eben das<lb/>
zu thun, &#x2014; ja &#x017F;o lange u&#x0364;berhaupt noch weltliche<lb/>
Ma&#x0364;chte in gei&#x017F;tlichen Sachen einer auswa&#x0364;rtigen<lb/>
ho&#x0364;hern Gewalt unterworfen &#x017F;ind, &#x2014; und &#x017F;o lange<lb/>
von Rom aus noch der wirk&#x017F;ame Einfluß bleibt,<lb/>
zu verhu&#x0364;ten, daß nicht der Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen<lb/>
chri&#x017F;tlich catholi&#x017F;cher Religion und Ro&#x0364;mi&#x017F;ch pa&#x0364;b&#x017F;tli-<lb/>
cher Abha&#x0364;ngigkeit allgemeiner erkannt werde.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">XII.</hi> </note>
          <p>Unter &#x017F;olchen Um&#x017F;ta&#x0364;nden und bey den &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
verwickelten Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en, worin die ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Religionsverwandten in Teut&#x017F;chland gegen einan-<lb/>
der &#x017F;tehen, darf man &#x017F;ichs wohl nicht befremden<lb/>
laßen, wenn es &#x017F;o ha&#x0364;ufige Vorfa&#x0364;lle gegeben hat<lb/>
und zum Theil noch gibt, wo unter einem catholi-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0288] XIV. Heutige Verfaſſung. oder aͤhnlich Geſinnte reichen konnten, um anders denkende Eltern, Ehegatten, Verwandte, Freun- de, Goͤnner, Oberen, kurz alles gegen einen ſol- chen aufzubringen. Dieſe Umſtaͤnde waren, wie durch unſere Ge- ſchichte mit tauſend Thatſachen beleget werden kann, bisher in Teutſchland unverkennbar; inſon- derheit ſo lange der Jeſuiterorden noch in ſeinem voͤlligen Gange war. Seit deſſen Aufhebung ha- ben ſich allerdings im catholiſchen Teutſchlande weit mehr tolerantere Geſinnungen verbreitet. Doch ſtehet dahin, ob die Quelle ſchon ganz fuͤr verſieget zu halten ſey, ſo lange es noch ehemali- gen Zoͤglingen der Jeſuiten ſchwer faͤllt, die ihnen beygebrachten Vorurtheile zu uͤberwinden, — ſo lange noch Exjeſuiten nicht alle Thaͤtigkeit verloh- ren haben, ſolche Grundſaͤtze ferner zu unterhalten und auszubreiten, — ſo lange noch andere Moͤnchs- orden Mittel und Wege finden werden, eben das zu thun, — ja ſo lange uͤberhaupt noch weltliche Maͤchte in geiſtlichen Sachen einer auswaͤrtigen hoͤhern Gewalt unterworfen ſind, — und ſo lange von Rom aus noch der wirkſame Einfluß bleibt, zu verhuͤten, daß nicht der Unterſchied zwiſchen chriſtlich catholiſcher Religion und Roͤmiſch paͤbſtli- cher Abhaͤngigkeit allgemeiner erkannt werde. Unter ſolchen Umſtaͤnden und bey den ſo ſehr verwickelten Verhaͤltniſſen, worin die verſchiedenen Religionsverwandten in Teutſchland gegen einan- der ſtehen, darf man ſichs wohl nicht befremden laßen, wenn es ſo haͤufige Vorfaͤlle gegeben hat und zum Theil noch gibt, wo unter einem catholi- ſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/288
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/288>, abgerufen am 09.05.2024.