Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.7) Neueste Begeb. Fürstenbund 1785. catholischen Kirchenverfassung wesentlich unzer-trennlichen Römischen Primatrechte, von aller an- dern geistlichen Gewalt, die nicht selbst unter Oe- sterreichischer Hoheit stände, unabhängig zu ma- chen; -- Ein Entwurf, der, nach allgemeinen Grundsätzen der Staatsklugheit betrachtet, gewiß den höchsten Veyfall verdiente. Keinem im Staa- te befindlichen Orden eine Abhängigkeit von einem auswärtigen der höchsten Gewalt des Staates nicht unterworfenen Ordensgenerale zu gestatten, -- keinem Prälaten nachzusehen, daß er sich einer auswärtigen höhern Gewalt zum Nachtheile der Unterthanenpflicht eidlich verbindlich mache, -- keine geistliche Gesetzgebung oder andere geistliche Hoheitsrechte ohne Vorwissen und Genehmigung der höchsten Gewalt des Staats ausüben zu las- sen, -- das alles sind dem allgemeinen Staats- und Kirchenrechte und einer gesunden Staatsklug- heit sehr angemessene Grundsätze. Aber wenn in Anwendung solcher Grundsätze ein catholischer weltlicher Reichsstand mit den bisherigen Gerecht- samen eines catholischen geistlichen Reichsstandes in Collision kömmt; ob alsdann der Reichsver- fassung unbeschadet jener eigenmächtig Aenderun- gen zu des letztern Nachtheil vornehmen könne, das ist freylich eine andere Frage. So war ungefähr der Fall, als im JahreIV. das
7) Neueſte Begeb. Fuͤrſtenbund 1785. catholiſchen Kirchenverfaſſung weſentlich unzer-trennlichen Roͤmiſchen Primatrechte, von aller an- dern geiſtlichen Gewalt, die nicht ſelbſt unter Oe- ſterreichiſcher Hoheit ſtaͤnde, unabhaͤngig zu ma- chen; — Ein Entwurf, der, nach allgemeinen Grundſaͤtzen der Staatsklugheit betrachtet, gewiß den hoͤchſten Veyfall verdiente. Keinem im Staa- te befindlichen Orden eine Abhaͤngigkeit von einem auswaͤrtigen der hoͤchſten Gewalt des Staates nicht unterworfenen Ordensgenerale zu geſtatten, — keinem Praͤlaten nachzuſehen, daß er ſich einer auswaͤrtigen hoͤhern Gewalt zum Nachtheile der Unterthanenpflicht eidlich verbindlich mache, — keine geiſtliche Geſetzgebung oder andere geiſtliche Hoheitsrechte ohne Vorwiſſen und Genehmigung der hoͤchſten Gewalt des Staats ausuͤben zu laſ- ſen, — das alles ſind dem allgemeinen Staats- und Kirchenrechte und einer geſunden Staatsklug- heit ſehr angemeſſene Grundſaͤtze. Aber wenn in Anwendung ſolcher Grundſaͤtze ein catholiſcher weltlicher Reichsſtand mit den bisherigen Gerecht- ſamen eines catholiſchen geiſtlichen Reichsſtandes in Colliſion koͤmmt; ob alsdann der Reichsver- faſſung unbeſchadet jener eigenmaͤchtig Aenderun- gen zu des letztern Nachtheil vornehmen koͤnne, das iſt freylich eine andere Frage. So war ungefaͤhr der Fall, als im JahreIV. das
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7) Neueſte Begeb. Fuͤrſtenbund 1785.
catholiſchen Kirchenverfaſſung weſentlich unzer-
trennlichen Roͤmiſchen Primatrechte, von aller an-
dern geiſtlichen Gewalt, die nicht ſelbſt unter Oe-
ſterreichiſcher Hoheit ſtaͤnde, unabhaͤngig zu ma-
chen; — Ein Entwurf, der, nach allgemeinen
Grundſaͤtzen der Staatsklugheit betrachtet, gewiß
den hoͤchſten Veyfall verdiente. Keinem im Staa-
te befindlichen Orden eine Abhaͤngigkeit von einem
auswaͤrtigen der hoͤchſten Gewalt des Staates
nicht unterworfenen Ordensgenerale zu geſtatten, —
keinem Praͤlaten nachzuſehen, daß er ſich einer
auswaͤrtigen hoͤhern Gewalt zum Nachtheile der
Unterthanenpflicht eidlich verbindlich mache, —
keine geiſtliche Geſetzgebung oder andere geiſtliche
Hoheitsrechte ohne Vorwiſſen und Genehmigung
der hoͤchſten Gewalt des Staats ausuͤben zu laſ-
ſen, — das alles ſind dem allgemeinen Staats-
und Kirchenrechte und einer geſunden Staatsklug-
heit ſehr angemeſſene Grundſaͤtze. Aber wenn in
Anwendung ſolcher Grundſaͤtze ein catholiſcher
weltlicher Reichsſtand mit den bisherigen Gerecht-
ſamen eines catholiſchen geiſtlichen Reichsſtandes
in Colliſion koͤmmt; ob alsdann der Reichsver-
faſſung unbeſchadet jener eigenmaͤchtig Aenderun-
gen zu des letztern Nachtheil vornehmen koͤnne,
das iſt freylich eine andere Frage.
So war ungefaͤhr der Fall, als im Jahre
1783. nach Abſterben des damaligen Biſchofs zu
Paſſau dieſem Hochſtifte nicht nur deſſen bishe-
rige biſchoͤfliche Dioeceſanrechte im Oeſterreichi-
ſchen aufgekuͤndiget, ſondern auch die im Oeſter-
reichiſchen gelegenen Guͤter des Biſchofs und Dom-
capitels eigenmaͤchtig eingezogen wurden, bis ſich
das
IV.
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