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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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6) Bairischer Krieg etc. 1778. 1779.
mit großen Forderungen von wegen der Mobiliar-
und Allodialverlaßenschaft, welche des letzten Chur-
fürsten Schwester, die damals verwittwete Chur-
fürstinn von Sachsen, für sich behauptete, aber
ihrem Sohne, dem Churfürsten von Sachsen,
übertragen hatte; die man zu Dresden auf 47.
Millionen Gulden rechnete. Auch hoffte jetzt der
Herzog von Mecklenburg eine seinem Hause be-
reits 1502. ertheilte, und 1647. unerfüllt geblie-
bene Anwartschaft auf die Landgrafschaft Leuchten-
berg geltend zu machen. Diese drey Höfe er-
suchten den König in Preussen, sich zu ihrem
Vortheile zu verwenden; wozu sich derselbe um
so mehr bereit finden ließ, je weniger er das Be-
tragen des kaiserlichen Hofes in dieser Sache der
Reichsverfassung gemäß hielt. Er glaubte nicht,
daß solche Schritte, wie schon geschehen waren,
ohne vorgängig erst mit der Reichsversammlung
oder doch wenigstens mit den Churfürsten darüber
Rath zu pflegen, reichsgesetzmäßig hätten gesche-
hen können. Er hielt sich also selbst als Churfürst
und als mitschließender Theil des Westphälischen
Friedens berechtiget, die bisherige Reichsverfas-
sung bey dieser Gelegenheit aufrecht zu erhalten.

Nach einer lebhaften, aber am Ende frucht-VII.
losen Negotiation zwischen den Höfen zu Wien und
Berlin kam es im Jul. 1778. würklich zum Krie-
ge
, der zum Glück für Teutschland doch nur bey
diesem Feldzuge bestehen blieb, ohne daß es auch
nur zu einem entscheidenden Gefechte kam. Den
größten Nachdruck gab diesmal der Kussische Hof
im Dec. 1778. mit der merkwürdigen Erklärung:
"Da es auf den Ausschlag der Waffen gesetzt wer-

de,

6) Bairiſcher Krieg ꝛc. 1778. 1779.
mit großen Forderungen von wegen der Mobiliar-
und Allodialverlaßenſchaft, welche des letzten Chur-
fuͤrſten Schweſter, die damals verwittwete Chur-
fuͤrſtinn von Sachſen, fuͤr ſich behauptete, aber
ihrem Sohne, dem Churfuͤrſten von Sachſen,
uͤbertragen hatte; die man zu Dresden auf 47.
Millionen Gulden rechnete. Auch hoffte jetzt der
Herzog von Mecklenburg eine ſeinem Hauſe be-
reits 1502. ertheilte, und 1647. unerfuͤllt geblie-
bene Anwartſchaft auf die Landgrafſchaft Leuchten-
berg geltend zu machen. Dieſe drey Hoͤfe er-
ſuchten den Koͤnig in Preuſſen, ſich zu ihrem
Vortheile zu verwenden; wozu ſich derſelbe um
ſo mehr bereit finden ließ, je weniger er das Be-
tragen des kaiſerlichen Hofes in dieſer Sache der
Reichsverfaſſung gemaͤß hielt. Er glaubte nicht,
daß ſolche Schritte, wie ſchon geſchehen waren,
ohne vorgaͤngig erſt mit der Reichsverſammlung
oder doch wenigſtens mit den Churfuͤrſten daruͤber
Rath zu pflegen, reichsgeſetzmaͤßig haͤtten geſche-
hen koͤnnen. Er hielt ſich alſo ſelbſt als Churfuͤrſt
und als mitſchließender Theil des Weſtphaͤliſchen
Friedens berechtiget, die bisherige Reichsverfaſ-
ſung bey dieſer Gelegenheit aufrecht zu erhalten.

Nach einer lebhaften, aber am Ende frucht-VII.
loſen Negotiation zwiſchen den Hoͤfen zu Wien und
Berlin kam es im Jul. 1778. wuͤrklich zum Krie-
ge
, der zum Gluͤck fuͤr Teutſchland doch nur bey
dieſem Feldzuge beſtehen blieb, ohne daß es auch
nur zu einem entſcheidenden Gefechte kam. Den
groͤßten Nachdruck gab diesmal der Kuſſiſche Hof
im Dec. 1778. mit der merkwuͤrdigen Erklaͤrung:
”Da es auf den Ausſchlag der Waffen geſetzt wer-

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[189/0223] 6) Bairiſcher Krieg ꝛc. 1778. 1779. mit großen Forderungen von wegen der Mobiliar- und Allodialverlaßenſchaft, welche des letzten Chur- fuͤrſten Schweſter, die damals verwittwete Chur- fuͤrſtinn von Sachſen, fuͤr ſich behauptete, aber ihrem Sohne, dem Churfuͤrſten von Sachſen, uͤbertragen hatte; die man zu Dresden auf 47. Millionen Gulden rechnete. Auch hoffte jetzt der Herzog von Mecklenburg eine ſeinem Hauſe be- reits 1502. ertheilte, und 1647. unerfuͤllt geblie- bene Anwartſchaft auf die Landgrafſchaft Leuchten- berg geltend zu machen. Dieſe drey Hoͤfe er- ſuchten den Koͤnig in Preuſſen, ſich zu ihrem Vortheile zu verwenden; wozu ſich derſelbe um ſo mehr bereit finden ließ, je weniger er das Be- tragen des kaiſerlichen Hofes in dieſer Sache der Reichsverfaſſung gemaͤß hielt. Er glaubte nicht, daß ſolche Schritte, wie ſchon geſchehen waren, ohne vorgaͤngig erſt mit der Reichsverſammlung oder doch wenigſtens mit den Churfuͤrſten daruͤber Rath zu pflegen, reichsgeſetzmaͤßig haͤtten geſche- hen koͤnnen. Er hielt ſich alſo ſelbſt als Churfuͤrſt und als mitſchließender Theil des Weſtphaͤliſchen Friedens berechtiget, die bisherige Reichsverfaſ- ſung bey dieſer Gelegenheit aufrecht zu erhalten. Nach einer lebhaften, aber am Ende frucht- loſen Negotiation zwiſchen den Hoͤfen zu Wien und Berlin kam es im Jul. 1778. wuͤrklich zum Krie- ge, der zum Gluͤck fuͤr Teutſchland doch nur bey dieſem Feldzuge beſtehen blieb, ohne daß es auch nur zu einem entſcheidenden Gefechte kam. Den groͤßten Nachdruck gab diesmal der Kuſſiſche Hof im Dec. 1778. mit der merkwuͤrdigen Erklaͤrung: ”Da es auf den Ausſchlag der Waffen geſetzt wer- de, VII.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/223>, abgerufen am 09.05.2024.