derheit gegen die Römischen Curialisten übrig. Ein besonderer Vorfall gab Gelegenheit, daß ei- nige derselben aufs neue rege gemacht wurden.
Zwischen dem Bischofe und dem DomcapitelII. zu Speier waren vielerley Streitigkeiten, worü- ber im Jahre 1760. ein Vergleich im Werke war, dem sich aber der damalige Domdechant, Graf von Limburg-Styrum (seit 1770. selbst Bischof zu Speier) widersetzte. Seitdem kam es selbst zwischen dem Domcapitel und dem Domdechanten zu solchen Mißhelligkeiten, daß jenes den letztern von seiner Stelle suspendirte. Als dagegen der Domdechant vom erzbischöflichen Metropolitange- richte zu Mainz einen Herstellungsbefehl bewirkte, brachte das Domcapitel durch eine Appellation an die päbstliche Rota zu Rom es dahin, daß nicht nur eine päbstliche Inhibition nach Mainz ergieng, um jenen Herstellungsbefehl nicht zu vollziehen, sondern daß auch die Hauptsache selbst mit Vor- beygehung der Mainzer Instanz gänzlich nach Rom gezogen, und daselbst in der so genannten signa- tura iustitiae loco gratiae erörtert werden sollte.
Hierdurch hielt sich selbst der Mainzer HofIII. beschweret, daß gegen die von der Teutschen Na- tion acceptirten Schlüsse der Baseler Kirchenver- sammlung und die sich darauf beziehenden Concor- date zu Rom verfahren würde. Bey der Wahl Josephs des II. wurde darüber ein churfürstli- ches Collegialschreiben an den Kaiser erlaßen, worin die Churfürsten äußerten: "wie hohe Noth es sey, die noch immer mehr sich ausbreitenden Eingriffe gegen die Freyheit der Teutschen Kirche
abzu-
5) Cathol. Kirchenverfaſſung.
derheit gegen die Roͤmiſchen Curialiſten uͤbrig. Ein beſonderer Vorfall gab Gelegenheit, daß ei- nige derſelben aufs neue rege gemacht wurden.
Zwiſchen dem Biſchofe und dem DomcapitelII. zu Speier waren vielerley Streitigkeiten, woruͤ- ber im Jahre 1760. ein Vergleich im Werke war, dem ſich aber der damalige Domdechant, Graf von Limburg-Styrum (ſeit 1770. ſelbſt Biſchof zu Speier) widerſetzte. Seitdem kam es ſelbſt zwiſchen dem Domcapitel und dem Domdechanten zu ſolchen Mißhelligkeiten, daß jenes den letztern von ſeiner Stelle ſuspendirte. Als dagegen der Domdechant vom erzbiſchoͤflichen Metropolitange- richte zu Mainz einen Herſtellungsbefehl bewirkte, brachte das Domcapitel durch eine Appellation an die paͤbſtliche Rota zu Rom es dahin, daß nicht nur eine paͤbſtliche Inhibition nach Mainz ergieng, um jenen Herſtellungsbefehl nicht zu vollziehen, ſondern daß auch die Hauptſache ſelbſt mit Vor- beygehung der Mainzer Inſtanz gaͤnzlich nach Rom gezogen, und daſelbſt in der ſo genannten ſigna- tura iuſtitiae loco gratiae eroͤrtert werden ſollte.
Hierdurch hielt ſich ſelbſt der Mainzer HofIII. beſchweret, daß gegen die von der Teutſchen Na- tion acceptirten Schluͤſſe der Baſeler Kirchenver- ſammlung und die ſich darauf beziehenden Concor- date zu Rom verfahren wuͤrde. Bey der Wahl Joſephs des II. wurde daruͤber ein churfuͤrſtli- ches Collegialſchreiben an den Kaiſer erlaßen, worin die Churfuͤrſten aͤußerten: ”wie hohe Noth es ſey, die noch immer mehr ſich ausbreitenden Eingriffe gegen die Freyheit der Teutſchen Kirche
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5) Cathol. Kirchenverfaſſung.
derheit gegen die Roͤmiſchen Curialiſten uͤbrig.
Ein beſonderer Vorfall gab Gelegenheit, daß ei-
nige derſelben aufs neue rege gemacht wurden.
Zwiſchen dem Biſchofe und dem Domcapitel
zu Speier waren vielerley Streitigkeiten, woruͤ-
ber im Jahre 1760. ein Vergleich im Werke war,
dem ſich aber der damalige Domdechant, Graf
von Limburg-Styrum (ſeit 1770. ſelbſt Biſchof
zu Speier) widerſetzte. Seitdem kam es ſelbſt
zwiſchen dem Domcapitel und dem Domdechanten
zu ſolchen Mißhelligkeiten, daß jenes den letztern
von ſeiner Stelle ſuspendirte. Als dagegen der
Domdechant vom erzbiſchoͤflichen Metropolitange-
richte zu Mainz einen Herſtellungsbefehl bewirkte,
brachte das Domcapitel durch eine Appellation an
die paͤbſtliche Rota zu Rom es dahin, daß nicht
nur eine paͤbſtliche Inhibition nach Mainz ergieng,
um jenen Herſtellungsbefehl nicht zu vollziehen,
ſondern daß auch die Hauptſache ſelbſt mit Vor-
beygehung der Mainzer Inſtanz gaͤnzlich nach Rom
gezogen, und daſelbſt in der ſo genannten ſigna-
tura iuſtitiae loco gratiae eroͤrtert werden ſollte.
II.
Hierdurch hielt ſich ſelbſt der Mainzer Hof
beſchweret, daß gegen die von der Teutſchen Na-
tion acceptirten Schluͤſſe der Baſeler Kirchenver-
ſammlung und die ſich darauf beziehenden Concor-
date zu Rom verfahren wuͤrde. Bey der Wahl
Joſephs des II. wurde daruͤber ein churfuͤrſtli-
ches Collegialſchreiben an den Kaiſer erlaßen,
worin die Churfuͤrſten aͤußerten: ”wie hohe Noth
es ſey, die noch immer mehr ſich ausbreitenden
Eingriffe gegen die Freyheit der Teutſchen Kirche
abzu-
III.
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/209>, abgerufen am 23.07.2024.
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