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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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2) C. G. Visitation 1767-1776.
collegium zu erwarten gewesen wäre, ein catholi-
scher Subdelegirter von wegen der Westphälischen
Grafen erschien, und nicht, wie es bey den gräf-
lichen Collegien gewöhnlich ist, eine gräfliche Di-
rectorialvollmacht für das gesammte Collegium, son-
dern nur eine von Herrn Franz Georg Carl Gra-
fen von Metternich
unterschriebene Vollmacht
aufzuweisen hatte.

Diese Vollmacht konnte schon deswegen, weilXXVIII
mittelst derselben ein einzelner Graf eine nur für
ein gesammtes gräfliches Collegium gewidmete Cu-
riatstimme besetzen sollte, mit der bisherigen Reichs-
verfassung und dem darin gegründeten Besitzstan-
de der allein zu Virilstimmen berechtigten Reichs-
fürsten nicht bestehen. Eine solche einseitige Neue-
rung konnte auch mit der Clausel, einem jeden sein
Recht vorzubehalten, nicht gedeckt werden; wenn
anders einer solchen Clausel nicht die Kraft beyge-
legt werden sollte, jeden Besitzstand dadurch eins-
weilen unterbrechen zu können. Sämmtliche evan-
gelische Subdelegirten hielten daher diese Voll-
macht nicht für zuläßig. Nur Herr Lazarus Ca-
spar von Wölkern, damaliger Subdelegirter der
Stadt Ulm (seit 1779. Reichshofrath) gab durch
seinen Beytritt zu den Stimmen der catholischen
Subdelegirten den Ausschlag zur Mehrheit der
Stimmen für die Zuläßigkeit der Vollmacht; wo-
gegen jedoch jene Subdelegirten diese ganze Classe
hindurch ihren Widerspruch mit Berufung auf
Kaiser und Reich fortsetzten, um zwar den Fort-
gang der Visitation nicht zu unterbrechen, aber
doch auch wider den bisherigen Besitzstand keiner
einseitigen Neuerung nachzugeben.


Zur
P. Entw. d. Staatsverf. Th. III. K

2) C. G. Viſitation 1767-1776.
collegium zu erwarten geweſen waͤre, ein catholi-
ſcher Subdelegirter von wegen der Weſtphaͤliſchen
Grafen erſchien, und nicht, wie es bey den graͤf-
lichen Collegien gewoͤhnlich iſt, eine graͤfliche Di-
rectorialvollmacht fuͤr das geſammte Collegium, ſon-
dern nur eine von Herrn Franz Georg Carl Gra-
fen von Metternich
unterſchriebene Vollmacht
aufzuweiſen hatte.

Dieſe Vollmacht konnte ſchon deswegen, weilXXVIII
mittelſt derſelben ein einzelner Graf eine nur fuͤr
ein geſammtes graͤfliches Collegium gewidmete Cu-
riatſtimme beſetzen ſollte, mit der bisherigen Reichs-
verfaſſung und dem darin gegruͤndeten Beſitzſtan-
de der allein zu Virilſtimmen berechtigten Reichs-
fuͤrſten nicht beſtehen. Eine ſolche einſeitige Neue-
rung konnte auch mit der Clauſel, einem jeden ſein
Recht vorzubehalten, nicht gedeckt werden; wenn
anders einer ſolchen Clauſel nicht die Kraft beyge-
legt werden ſollte, jeden Beſitzſtand dadurch eins-
weilen unterbrechen zu koͤnnen. Saͤmmtliche evan-
geliſche Subdelegirten hielten daher dieſe Voll-
macht nicht fuͤr zulaͤßig. Nur Herr Lazarus Ca-
ſpar von Woͤlkern, damaliger Subdelegirter der
Stadt Ulm (ſeit 1779. Reichshofrath) gab durch
ſeinen Beytritt zu den Stimmen der catholiſchen
Subdelegirten den Ausſchlag zur Mehrheit der
Stimmen fuͤr die Zulaͤßigkeit der Vollmacht; wo-
gegen jedoch jene Subdelegirten dieſe ganze Claſſe
hindurch ihren Widerſpruch mit Berufung auf
Kaiſer und Reich fortſetzten, um zwar den Fort-
gang der Viſitation nicht zu unterbrechen, aber
doch auch wider den bisherigen Beſitzſtand keiner
einſeitigen Neuerung nachzugeben.


Zur
P. Entw. d. Staatsverf. Th. III. K
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[145/0179] 2) C. G. Viſitation 1767-1776. collegium zu erwarten geweſen waͤre, ein catholi- ſcher Subdelegirter von wegen der Weſtphaͤliſchen Grafen erſchien, und nicht, wie es bey den graͤf- lichen Collegien gewoͤhnlich iſt, eine graͤfliche Di- rectorialvollmacht fuͤr das geſammte Collegium, ſon- dern nur eine von Herrn Franz Georg Carl Gra- fen von Metternich unterſchriebene Vollmacht aufzuweiſen hatte. Dieſe Vollmacht konnte ſchon deswegen, weil mittelſt derſelben ein einzelner Graf eine nur fuͤr ein geſammtes graͤfliches Collegium gewidmete Cu- riatſtimme beſetzen ſollte, mit der bisherigen Reichs- verfaſſung und dem darin gegruͤndeten Beſitzſtan- de der allein zu Virilſtimmen berechtigten Reichs- fuͤrſten nicht beſtehen. Eine ſolche einſeitige Neue- rung konnte auch mit der Clauſel, einem jeden ſein Recht vorzubehalten, nicht gedeckt werden; wenn anders einer ſolchen Clauſel nicht die Kraft beyge- legt werden ſollte, jeden Beſitzſtand dadurch eins- weilen unterbrechen zu koͤnnen. Saͤmmtliche evan- geliſche Subdelegirten hielten daher dieſe Voll- macht nicht fuͤr zulaͤßig. Nur Herr Lazarus Ca- ſpar von Woͤlkern, damaliger Subdelegirter der Stadt Ulm (ſeit 1779. Reichshofrath) gab durch ſeinen Beytritt zu den Stimmen der catholiſchen Subdelegirten den Ausſchlag zur Mehrheit der Stimmen fuͤr die Zulaͤßigkeit der Vollmacht; wo- gegen jedoch jene Subdelegirten dieſe ganze Claſſe hindurch ihren Widerſpruch mit Berufung auf Kaiſer und Reich fortſetzten, um zwar den Fort- gang der Viſitation nicht zu unterbrechen, aber doch auch wider den bisherigen Beſitzſtand keiner einſeitigen Neuerung nachzugeben. XXVIII Zur P. Entw. d. Staatsverf. Th. III. K

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/179>, abgerufen am 02.05.2024.