Ehedem pflegten sowohl bey Römischen Rö-V. nigswahlen als bey Kaiserwahlen die erwehlten Herren meist persönlich im Conclave anwesend zu seyn, und nicht nur die auf sie gefallene Wahl gleich anzunehmen, sondern auch die ihnen vorge- legte Wahlcapitulation zu beschwören. Bey den drey letzteren Kaiserwahlen war es aber schon so gehalten worden, daß ein im Conclave anwesen- der Botschafter von dem neu erwehlten Kaiser auf den Fall, wenn die Wahl auf ihn fallen würde, mit einer Vollmacht versehen war, den gewöhn- lichen Eid auf die Wahlcapitulation in des Erwehl- ten Seele abzulegen. Doch mußte der Kaiser, sobald er seinen Einzug hielt, hernach diese Eides- leistung noch einmal persönlich wiederholen; und von diesem Tage an nahm erst die Reichsverwe- sung der Vicarien ihr Ende (k).
Nach diesen Vorgängen hatte es auch bey derVI. Römischen Königswahl diesmal keinen Anstand, daß es mit deren Annehmung und Beschwörung der Capitulation auf gleiche Art gehalten werden konnte. Allein bey den bisherigen Römischen Kö- nigswahlen hatte der gewehlte Prinz den zugleich anwesenden regierenden Kaiser, der gemeiniglich des Römischen Königs Vater war, ehe er die Wahl anzunehmen sich erklärte, um die väterliche Einwilligung dazu gebeten. Um auch dieserwe- gen nicht beide Herren mit der persönlichen Er- scheinung zu beschweren, ward jetzt das erstemal die Einrichtung so getroffen, daß der Fürst Lich- tenstein, der dem Churfürsten von Mainz seine
Ehedem pflegten ſowohl bey Roͤmiſchen Roͤ-V. nigswahlen als bey Kaiſerwahlen die erwehlten Herren meiſt perſoͤnlich im Conclave anweſend zu ſeyn, und nicht nur die auf ſie gefallene Wahl gleich anzunehmen, ſondern auch die ihnen vorge- legte Wahlcapitulation zu beſchwoͤren. Bey den drey letzteren Kaiſerwahlen war es aber ſchon ſo gehalten worden, daß ein im Conclave anweſen- der Botſchafter von dem neu erwehlten Kaiſer auf den Fall, wenn die Wahl auf ihn fallen wuͤrde, mit einer Vollmacht verſehen war, den gewoͤhn- lichen Eid auf die Wahlcapitulation in des Erwehl- ten Seele abzulegen. Doch mußte der Kaiſer, ſobald er ſeinen Einzug hielt, hernach dieſe Eides- leiſtung noch einmal perſoͤnlich wiederholen; und von dieſem Tage an nahm erſt die Reichsverwe- ſung der Vicarien ihr Ende (k).
Nach dieſen Vorgaͤngen hatte es auch bey derVI. Roͤmiſchen Koͤnigswahl diesmal keinen Anſtand, daß es mit deren Annehmung und Beſchwoͤrung der Capitulation auf gleiche Art gehalten werden konnte. Allein bey den bisherigen Roͤmiſchen Koͤ- nigswahlen hatte der gewehlte Prinz den zugleich anweſenden regierenden Kaiſer, der gemeiniglich des Roͤmiſchen Koͤnigs Vater war, ehe er die Wahl anzunehmen ſich erklaͤrte, um die vaͤterliche Einwilligung dazu gebeten. Um auch dieſerwe- gen nicht beide Herren mit der perſoͤnlichen Er- ſcheinung zu beſchweren, ward jetzt das erſtemal die Einrichtung ſo getroffen, daß der Fuͤrſt Lich- tenſtein, der dem Churfuͤrſten von Mainz ſeine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0151"n="117"/><fwplace="top"type="header">1) Roͤmiſche Koͤnigswahl 1764.</fw><lb/><p>Ehedem pflegten ſowohl bey Roͤmiſchen Roͤ-<noteplace="right"><hirendition="#aq">V.</hi></note><lb/>
nigswahlen als bey Kaiſerwahlen die erwehlten<lb/>
Herren meiſt <hirendition="#fr">perſoͤnlich im Conclave</hi> anweſend<lb/>
zu ſeyn, und nicht nur die auf ſie gefallene Wahl<lb/>
gleich anzunehmen, ſondern auch die ihnen vorge-<lb/>
legte Wahlcapitulation zu beſchwoͤren. Bey den<lb/>
drey letzteren Kaiſerwahlen war es aber ſchon ſo<lb/>
gehalten worden, daß ein im Conclave anweſen-<lb/>
der Botſchafter von dem neu erwehlten Kaiſer auf<lb/>
den Fall, wenn die Wahl auf ihn fallen wuͤrde,<lb/>
mit einer Vollmacht verſehen war, den gewoͤhn-<lb/>
lichen Eid auf die Wahlcapitulation in des Erwehl-<lb/>
ten Seele abzulegen. Doch mußte der Kaiſer,<lb/>ſobald er ſeinen Einzug hielt, hernach dieſe Eides-<lb/>
leiſtung noch einmal perſoͤnlich wiederholen; und<lb/>
von dieſem Tage an nahm erſt die Reichsverwe-<lb/>ſung der Vicarien ihr Ende <noteplace="foot"n="(k)">Wahlcap. (1711. 1742. 1745.) Art. 30. §. 5. 6.</note>.</p><lb/><p>Nach dieſen Vorgaͤngen hatte es auch bey der<noteplace="right"><hirendition="#aq">VI.</hi></note><lb/>
Roͤmiſchen Koͤnigswahl diesmal keinen Anſtand,<lb/>
daß es mit deren Annehmung und Beſchwoͤrung<lb/>
der Capitulation auf gleiche Art gehalten werden<lb/>
konnte. Allein bey den bisherigen Roͤmiſchen Koͤ-<lb/>
nigswahlen hatte der gewehlte Prinz den zugleich<lb/>
anweſenden regierenden Kaiſer, der gemeiniglich<lb/>
des Roͤmiſchen Koͤnigs Vater war, ehe er die<lb/>
Wahl anzunehmen ſich erklaͤrte, um die <hirendition="#fr">vaͤterliche<lb/>
Einwilligung</hi> dazu gebeten. Um auch dieſerwe-<lb/>
gen nicht beide Herren mit der perſoͤnlichen Er-<lb/>ſcheinung zu beſchweren, ward jetzt das erſtemal<lb/>
die Einrichtung ſo getroffen, daß der Fuͤrſt Lich-<lb/>
tenſtein, der dem Churfuͤrſten von Mainz ſeine<lb/><fwplace="bottom"type="catch">des-</fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig">H 3</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[117/0151]
1) Roͤmiſche Koͤnigswahl 1764.
Ehedem pflegten ſowohl bey Roͤmiſchen Roͤ-
nigswahlen als bey Kaiſerwahlen die erwehlten
Herren meiſt perſoͤnlich im Conclave anweſend
zu ſeyn, und nicht nur die auf ſie gefallene Wahl
gleich anzunehmen, ſondern auch die ihnen vorge-
legte Wahlcapitulation zu beſchwoͤren. Bey den
drey letzteren Kaiſerwahlen war es aber ſchon ſo
gehalten worden, daß ein im Conclave anweſen-
der Botſchafter von dem neu erwehlten Kaiſer auf
den Fall, wenn die Wahl auf ihn fallen wuͤrde,
mit einer Vollmacht verſehen war, den gewoͤhn-
lichen Eid auf die Wahlcapitulation in des Erwehl-
ten Seele abzulegen. Doch mußte der Kaiſer,
ſobald er ſeinen Einzug hielt, hernach dieſe Eides-
leiſtung noch einmal perſoͤnlich wiederholen; und
von dieſem Tage an nahm erſt die Reichsverwe-
ſung der Vicarien ihr Ende (k).
V.
Nach dieſen Vorgaͤngen hatte es auch bey der
Roͤmiſchen Koͤnigswahl diesmal keinen Anſtand,
daß es mit deren Annehmung und Beſchwoͤrung
der Capitulation auf gleiche Art gehalten werden
konnte. Allein bey den bisherigen Roͤmiſchen Koͤ-
nigswahlen hatte der gewehlte Prinz den zugleich
anweſenden regierenden Kaiſer, der gemeiniglich
des Roͤmiſchen Koͤnigs Vater war, ehe er die
Wahl anzunehmen ſich erklaͤrte, um die vaͤterliche
Einwilligung dazu gebeten. Um auch dieſerwe-
gen nicht beide Herren mit der perſoͤnlichen Er-
ſcheinung zu beſchweren, ward jetzt das erſtemal
die Einrichtung ſo getroffen, daß der Fuͤrſt Lich-
tenſtein, der dem Churfuͤrſten von Mainz ſeine
des-
VI.
(k) Wahlcap. (1711. 1742. 1745.) Art. 30. §. 5. 6.
H 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/151>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.