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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XII. Franz der I. 1748-1764.
hat, ja der eine gar Hunger leiden, und zu glei-
cher Zeit, da sein Camerad sich satt essen kann,
zusehen muß, welches eine unglaubliche Jalousie
unter den Gemeinen verursachet. Die Armee ist
deswegen auch niemals auf eine gleiche Zeit mit
Brod versehen, weil ein Contingent heute, das
andere morgen, das dritte übermorgen das seinige
empfängt. Der commandirende General kann al-
so niemals darauf rechnen, daß seine Armee auf
so und so viel Tage Brod habe. Er kann aber
auch nie eine Bewegung, die er vor hat, geheim
halten, sondern muß sie immer einer Menge Leute
anvertrauen, weil einer, der vielleicht nur 10.
oder 12. Mann von einem Stande zu versorgen
hat, eben so gut, als ein anderer, der 1000. zu
verpflegen hat, wissen muß, wo er seine Veran-
staltung zu machen hat. Und doch geschieht es
nicht selten, daß der Mannschaft alle Augenblicke
das Brod mangelt, indem die Impressarien da-
von laufen, sich verkriechen, und das zehntemal
nicht zu finden sind, da dann, wenn nicht das
Hauptproviantdirectorium den Contingenten allen-
falls aushälfe, die meisten selbst wegen Mangel
des Brods zu Grunde gehen müßten. Wenn vol-
lends einzelne Commando's oder Detachements ab-
zuschicken sind, da sichs oft fügen kann, daß von
einem Reichsstande nur ein Mann dazu kömmt;
da wäre oft nöthig, daß mit 50. Mann auch 50.
Impressarien mitgiengen, um nur jeden Mann
mit Brod zu versorgen. Gemeiniglich fehlt es
auch an Brodtornistern, worin die Mannschaft
bey eiligen Märschen das Brod auf einige Tage
mit sich nehmen könnte."


Fer-

XII. Franz der I. 1748-1764.
hat, ja der eine gar Hunger leiden, und zu glei-
cher Zeit, da ſein Camerad ſich ſatt eſſen kann,
zuſehen muß, welches eine unglaubliche Jalouſie
unter den Gemeinen verurſachet. Die Armee iſt
deswegen auch niemals auf eine gleiche Zeit mit
Brod verſehen, weil ein Contingent heute, das
andere morgen, das dritte uͤbermorgen das ſeinige
empfaͤngt. Der commandirende General kann al-
ſo niemals darauf rechnen, daß ſeine Armee auf
ſo und ſo viel Tage Brod habe. Er kann aber
auch nie eine Bewegung, die er vor hat, geheim
halten, ſondern muß ſie immer einer Menge Leute
anvertrauen, weil einer, der vielleicht nur 10.
oder 12. Mann von einem Stande zu verſorgen
hat, eben ſo gut, als ein anderer, der 1000. zu
verpflegen hat, wiſſen muß, wo er ſeine Veran-
ſtaltung zu machen hat. Und doch geſchieht es
nicht ſelten, daß der Mannſchaft alle Augenblicke
das Brod mangelt, indem die Impreſſarien da-
von laufen, ſich verkriechen, und das zehntemal
nicht zu finden ſind, da dann, wenn nicht das
Hauptproviantdirectorium den Contingenten allen-
falls aushaͤlfe, die meiſten ſelbſt wegen Mangel
des Brods zu Grunde gehen muͤßten. Wenn vol-
lends einzelne Commando’s oder Detachements ab-
zuſchicken ſind, da ſichs oft fuͤgen kann, daß von
einem Reichsſtande nur ein Mann dazu koͤmmt;
da waͤre oft noͤthig, daß mit 50. Mann auch 50.
Impreſſarien mitgiengen, um nur jeden Mann
mit Brod zu verſorgen. Gemeiniglich fehlt es
auch an Brodtorniſtern, worin die Mannſchaft
bey eiligen Maͤrſchen das Brod auf einige Tage
mit ſich nehmen koͤnnte.”


Fer-
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[100/0134] XII. Franz der I. 1748-1764. hat, ja der eine gar Hunger leiden, und zu glei- cher Zeit, da ſein Camerad ſich ſatt eſſen kann, zuſehen muß, welches eine unglaubliche Jalouſie unter den Gemeinen verurſachet. Die Armee iſt deswegen auch niemals auf eine gleiche Zeit mit Brod verſehen, weil ein Contingent heute, das andere morgen, das dritte uͤbermorgen das ſeinige empfaͤngt. Der commandirende General kann al- ſo niemals darauf rechnen, daß ſeine Armee auf ſo und ſo viel Tage Brod habe. Er kann aber auch nie eine Bewegung, die er vor hat, geheim halten, ſondern muß ſie immer einer Menge Leute anvertrauen, weil einer, der vielleicht nur 10. oder 12. Mann von einem Stande zu verſorgen hat, eben ſo gut, als ein anderer, der 1000. zu verpflegen hat, wiſſen muß, wo er ſeine Veran- ſtaltung zu machen hat. Und doch geſchieht es nicht ſelten, daß der Mannſchaft alle Augenblicke das Brod mangelt, indem die Impreſſarien da- von laufen, ſich verkriechen, und das zehntemal nicht zu finden ſind, da dann, wenn nicht das Hauptproviantdirectorium den Contingenten allen- falls aushaͤlfe, die meiſten ſelbſt wegen Mangel des Brods zu Grunde gehen muͤßten. Wenn vol- lends einzelne Commando’s oder Detachements ab- zuſchicken ſind, da ſichs oft fuͤgen kann, daß von einem Reichsſtande nur ein Mann dazu koͤmmt; da waͤre oft noͤthig, daß mit 50. Mann auch 50. Impreſſarien mitgiengen, um nur jeden Mann mit Brod zu verſorgen. Gemeiniglich fehlt es auch an Brodtorniſtern, worin die Mannſchaft bey eiligen Maͤrſchen das Brod auf einige Tage mit ſich nehmen koͤnnte.” Fer-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/134>, abgerufen am 27.04.2024.