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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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X. Carl der VI. 1711-1740.

VII.

Allen Besorgnissen glaubte der Kaiser nicht bes-
ser vorbeugen zu können, als wenn er seine prag-
matische Sanction vorerst von einer jeden Land-
schaft seiner verschiedenen Erbstaaten verbindlich
anerkennen ließ, und dann sowohl vom gesamm-
ten Teutschen Reiche als den wichtigsten Europäi-
schen Mächten eine förmliche Garantie derselben
bewirkte. Da ihm für diese seine Herzensangele-
genheit beynahe kein Opfer zu groß schien; so be-
wirkte er die Garantie von der Krone Spanien, für
deren rechtmäßigen Besitzer er nunmehr Philipp
den V. in einem unmittelbar mit demselben geschlos-
senen Friedens- und Freundschafts-Tractate an-
erkannte (1725. Apr. 30.); ferner vom Könige
Georg dem II. von Großbritannien gegen nachge-
gebene Aufhebung der Ostendischen Compagnie,
wovon sonst Carl der VI. auch schon große Aus-
sichten zur Aufnahme der Handlung in den Oester-
reichischen Niederlanden gehabt hatte (1731. März
16.); und vom gesammten Teutschen Reiche durch
ein Reichsgutachten vom 11. Jan. 1732.; wie
auch in eben diesem Jahre noch vom Könige Chri-
stian dem VI. von Dänemark in einem Defensiv-
bunde, den derselbe mit dem kaiserlichen und Rus-
sischen Hofe schloß.


VIII.

Der größte Anstand schien noch übrig zu seyn,
da die beiden Höfe zu München und Dresden ge-
gen das Reichsgutachten Widerspruch erhoben,
und zu besorgen war, daß der Französische Hof sie
unterstützen möchte. Doch der Tod des Königs
Augusts des II. von Polen (+ 1733. Febr. 1.) gab
vorerst Anlaß, daß sein Sohn und Nachfolger in

der
X. Carl der VI. 1711-1740.

VII.

Allen Beſorgniſſen glaubte der Kaiſer nicht beſ-
ſer vorbeugen zu koͤnnen, als wenn er ſeine prag-
matiſche Sanction vorerſt von einer jeden Land-
ſchaft ſeiner verſchiedenen Erbſtaaten verbindlich
anerkennen ließ, und dann ſowohl vom geſamm-
ten Teutſchen Reiche als den wichtigſten Europaͤi-
ſchen Maͤchten eine foͤrmliche Garantie derſelben
bewirkte. Da ihm fuͤr dieſe ſeine Herzensangele-
genheit beynahe kein Opfer zu groß ſchien; ſo be-
wirkte er die Garantie von der Krone Spanien, fuͤr
deren rechtmaͤßigen Beſitzer er nunmehr Philipp
den V. in einem unmittelbar mit demſelben geſchloſ-
ſenen Friedens- und Freundſchafts-Tractate an-
erkannte (1725. Apr. 30.); ferner vom Koͤnige
Georg dem II. von Großbritannien gegen nachge-
gebene Aufhebung der Oſtendiſchen Compagnie,
wovon ſonſt Carl der VI. auch ſchon große Aus-
ſichten zur Aufnahme der Handlung in den Oeſter-
reichiſchen Niederlanden gehabt hatte (1731. Maͤrz
16.); und vom geſammten Teutſchen Reiche durch
ein Reichsgutachten vom 11. Jan. 1732.; wie
auch in eben dieſem Jahre noch vom Koͤnige Chri-
ſtian dem VI. von Daͤnemark in einem Defenſiv-
bunde, den derſelbe mit dem kaiſerlichen und Ruſ-
ſiſchen Hofe ſchloß.


VIII.

Der groͤßte Anſtand ſchien noch uͤbrig zu ſeyn,
da die beiden Hoͤfe zu Muͤnchen und Dresden ge-
gen das Reichsgutachten Widerſpruch erhoben,
und zu beſorgen war, daß der Franzoͤſiſche Hof ſie
unterſtuͤtzen moͤchte. Doch der Tod des Koͤnigs
Auguſts des II. von Polen († 1733. Febr. 1.) gab
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[444/0486] X. Carl der VI. 1711-1740. Allen Beſorgniſſen glaubte der Kaiſer nicht beſ- ſer vorbeugen zu koͤnnen, als wenn er ſeine prag- matiſche Sanction vorerſt von einer jeden Land- ſchaft ſeiner verſchiedenen Erbſtaaten verbindlich anerkennen ließ, und dann ſowohl vom geſamm- ten Teutſchen Reiche als den wichtigſten Europaͤi- ſchen Maͤchten eine foͤrmliche Garantie derſelben bewirkte. Da ihm fuͤr dieſe ſeine Herzensangele- genheit beynahe kein Opfer zu groß ſchien; ſo be- wirkte er die Garantie von der Krone Spanien, fuͤr deren rechtmaͤßigen Beſitzer er nunmehr Philipp den V. in einem unmittelbar mit demſelben geſchloſ- ſenen Friedens- und Freundſchafts-Tractate an- erkannte (1725. Apr. 30.); ferner vom Koͤnige Georg dem II. von Großbritannien gegen nachge- gebene Aufhebung der Oſtendiſchen Compagnie, wovon ſonſt Carl der VI. auch ſchon große Aus- ſichten zur Aufnahme der Handlung in den Oeſter- reichiſchen Niederlanden gehabt hatte (1731. Maͤrz 16.); und vom geſammten Teutſchen Reiche durch ein Reichsgutachten vom 11. Jan. 1732.; wie auch in eben dieſem Jahre noch vom Koͤnige Chri- ſtian dem VI. von Daͤnemark in einem Defenſiv- bunde, den derſelbe mit dem kaiſerlichen und Ruſ- ſiſchen Hofe ſchloß. Der groͤßte Anſtand ſchien noch uͤbrig zu ſeyn, da die beiden Hoͤfe zu Muͤnchen und Dresden ge- gen das Reichsgutachten Widerſpruch erhoben, und zu beſorgen war, daß der Franzoͤſiſche Hof ſie unterſtuͤtzen moͤchte. Doch der Tod des Koͤnigs Auguſts des II. von Polen († 1733. Febr. 1.) gab vorerſt Anlaß, daß ſein Sohn und Nachfolger in der

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/486>, abgerufen am 24.05.2024.