seitdem noch Mittel und Wege gefunden haben, ihre Acten von Straßburg aus zurückzubekommen.)
Die unglücklichen Flüchtlinge fanden kaum ei-IV. nen Ort, wo sie sich wieder sammlen konnten. Endlich beschloß ein Reichsgutachten vom 28. Sept. 1689., daß das Cammergericht in die Reichsstadt Wetzlar verlegt werden sollte, wo her- nach am 31. Jan. 1691. die erste Session, aber, wie leicht zu erachten, von einer geringen Anzahl Beysitzer gehalten wurde.
Eine andere Art von Unglück traf jetzt dasV. Cammergericht, da der Geist der Zwietracht un- ter seinen Mitgliedern überhand nahm. Die bei- den damaligen Präsidenten, ein Freyherr von In- gelheim und ein Graf von Solms-Laubach, wur- den uneins über die Aufnahme eines von Chur- baiern präsentirten Beysitzers, welchem auf Be- trieb des Freyherrn von Ingelheim ein anderer, den der Kaiser präsentirt hatte, vorgezogen wurde. Hierüber kam es auch von Seiten einiger Assesso- ren zu anzüglichen Reden und Schriften; weswe- gen der Freyherr von Ingelheim mit Mehrheit der Stimmen am 16. Jan. 1703. die Suspension ei- nes gewissen Assessors von Pyrk zuwege brachte. Nun gerieth so gar das ganze Gericht in Still- stand, da die wider einander aufgebrachten Mit- glieder desselben nicht mehr mit einander zu Rathe gehen wollten.
So sah sich endlich das Reich genöthiget, (un-VI. abhängig von dem, was schon im jüngsten Reichs- abschiede beschlossen war, aber noch immer ausge-
setzt
4) Zuſtand des Cammergerichts.
ſeitdem noch Mittel und Wege gefunden haben, ihre Acten von Straßburg aus zuruͤckzubekommen.)
Die ungluͤcklichen Fluͤchtlinge fanden kaum ei-IV. nen Ort, wo ſie ſich wieder ſammlen konnten. Endlich beſchloß ein Reichsgutachten vom 28. Sept. 1689., daß das Cammergericht in die Reichsſtadt Wetzlar verlegt werden ſollte, wo her- nach am 31. Jan. 1691. die erſte Seſſion, aber, wie leicht zu erachten, von einer geringen Anzahl Beyſitzer gehalten wurde.
Eine andere Art von Ungluͤck traf jetzt dasV. Cammergericht, da der Geiſt der Zwietracht un- ter ſeinen Mitgliedern uͤberhand nahm. Die bei- den damaligen Praͤſidenten, ein Freyherr von In- gelheim und ein Graf von Solms-Laubach, wur- den uneins uͤber die Aufnahme eines von Chur- baiern praͤſentirten Beyſitzers, welchem auf Be- trieb des Freyherrn von Ingelheim ein anderer, den der Kaiſer praͤſentirt hatte, vorgezogen wurde. Hieruͤber kam es auch von Seiten einiger Aſſeſſo- ren zu anzuͤglichen Reden und Schriften; weswe- gen der Freyherr von Ingelheim mit Mehrheit der Stimmen am 16. Jan. 1703. die Suspenſion ei- nes gewiſſen Aſſeſſors von Pyrk zuwege brachte. Nun gerieth ſo gar das ganze Gericht in Still- ſtand, da die wider einander aufgebrachten Mit- glieder deſſelben nicht mehr mit einander zu Rathe gehen wollten.
So ſah ſich endlich das Reich genoͤthiget, (un-VI. abhaͤngig von dem, was ſchon im juͤngſten Reichs- abſchiede beſchloſſen war, aber noch immer ausge-
ſetzt
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4) Zuſtand des Cammergerichts.
ſeitdem noch Mittel und Wege gefunden haben,
ihre Acten von Straßburg aus zuruͤckzubekommen.)
Die ungluͤcklichen Fluͤchtlinge fanden kaum ei-
nen Ort, wo ſie ſich wieder ſammlen konnten.
Endlich beſchloß ein Reichsgutachten vom 28.
Sept. 1689., daß das Cammergericht in die
Reichsſtadt Wetzlar verlegt werden ſollte, wo her-
nach am 31. Jan. 1691. die erſte Seſſion, aber,
wie leicht zu erachten, von einer geringen Anzahl
Beyſitzer gehalten wurde.
IV.
Eine andere Art von Ungluͤck traf jetzt das
Cammergericht, da der Geiſt der Zwietracht un-
ter ſeinen Mitgliedern uͤberhand nahm. Die bei-
den damaligen Praͤſidenten, ein Freyherr von In-
gelheim und ein Graf von Solms-Laubach, wur-
den uneins uͤber die Aufnahme eines von Chur-
baiern praͤſentirten Beyſitzers, welchem auf Be-
trieb des Freyherrn von Ingelheim ein anderer,
den der Kaiſer praͤſentirt hatte, vorgezogen wurde.
Hieruͤber kam es auch von Seiten einiger Aſſeſſo-
ren zu anzuͤglichen Reden und Schriften; weswe-
gen der Freyherr von Ingelheim mit Mehrheit der
Stimmen am 16. Jan. 1703. die Suspenſion ei-
nes gewiſſen Aſſeſſors von Pyrk zuwege brachte.
Nun gerieth ſo gar das ganze Gericht in Still-
ſtand, da die wider einander aufgebrachten Mit-
glieder deſſelben nicht mehr mit einander zu Rathe
gehen wollten.
V.
So ſah ſich endlich das Reich genoͤthiget, (un-
abhaͤngig von dem, was ſchon im juͤngſten Reichs-
abſchiede beſchloſſen war, aber noch immer ausge-
ſetzt
VI.
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/453>, abgerufen am 25.11.2024.
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