Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.IX. Leop. u. Joseph I. 1657-1711. man in allen diesen Fällen die Person des Königsund die des Teutschen Reichsstandes von einander unterschied, nachdem Geschäffte in dieser oder je- ner Eigenschaft vor waren. Auf dem Reichstage oder bey anderen reichsständischen Versammlungen behielten daher auch Reichsstände, die zugleich Kö- nige waren, ihre Plätze ungeändert. Im Na- men des Kaisers konnten nach wie vor gerichtliche Ausfertigungen auch an des Königs Majestät als Churfürsten oder Herzogs in ... Liebden erlaßen werden. Inzwischen wo politische Rücksichten oft doch unvermeidlich waren, oder das Persönliche selbst sich nicht trennen ließ, da zeigten sich doch bald erhebliche Folgen der persönlichen Einheit eines un- abhängigen Königes und zugleich Teutschen Reichs- standes. V. So war z. B. bey den Thronbelehnungen Teut- war
IX. Leop. u. Joſeph I. 1657-1711. man in allen dieſen Faͤllen die Perſon des Koͤnigsund die des Teutſchen Reichsſtandes von einander unterſchied, nachdem Geſchaͤffte in dieſer oder je- ner Eigenſchaft vor waren. Auf dem Reichstage oder bey anderen reichsſtaͤndiſchen Verſammlungen behielten daher auch Reichsſtaͤnde, die zugleich Koͤ- nige waren, ihre Plaͤtze ungeaͤndert. Im Na- men des Kaiſers konnten nach wie vor gerichtliche Ausfertigungen auch an des Koͤnigs Majeſtaͤt als Churfuͤrſten oder Herzogs in … Liebden erlaßen werden. Inzwiſchen wo politiſche Ruͤckſichten oft doch unvermeidlich waren, oder das Perſoͤnliche ſelbſt ſich nicht trennen ließ, da zeigten ſich doch bald erhebliche Folgen der perſoͤnlichen Einheit eines un- abhaͤngigen Koͤniges und zugleich Teutſchen Reichs- ſtandes. V. So war z. B. bey den Thronbelehnungen Teut- war
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0402" n="360"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IX.</hi> Leop. u. Joſeph <hi rendition="#aq">I.</hi> 1657-1711.</hi></fw><lb/> man in allen dieſen Faͤllen die Perſon des Koͤnigs<lb/> und die des Teutſchen Reichsſtandes von einander<lb/> unterſchied, nachdem Geſchaͤffte in dieſer oder je-<lb/> ner Eigenſchaft vor waren. Auf dem Reichstage<lb/> oder bey anderen reichsſtaͤndiſchen Verſammlungen<lb/> behielten daher auch Reichsſtaͤnde, die zugleich Koͤ-<lb/> nige waren, ihre Plaͤtze ungeaͤndert. Im Na-<lb/> men des Kaiſers konnten nach wie vor gerichtliche<lb/> Ausfertigungen auch an des Koͤnigs Majeſtaͤt als<lb/> Churfuͤrſten oder Herzogs in … Liebden erlaßen<lb/> werden. Inzwiſchen wo politiſche Ruͤckſichten oft<lb/> doch unvermeidlich waren, oder das Perſoͤnliche<lb/> ſelbſt ſich nicht trennen ließ, da zeigten ſich doch bald<lb/> erhebliche Folgen der perſoͤnlichen Einheit eines un-<lb/> abhaͤngigen Koͤniges und zugleich Teutſchen Reichs-<lb/> ſtandes.</p><lb/> <note place="left"> <hi rendition="#aq">V.</hi> </note> <p>So war z. B. bey den Thronbelehnungen Teut-<lb/> ſcher Fuͤrſten und Churfuͤrſten bisher gewoͤhnlich,<lb/> daß der Geſandte, der die Belehnung vom Kaiſer<lb/> empfieng, ſowohl ſchriftlich als in der Rede, die er<lb/> auf den Knieen vor dem kaiſerlichen Throne hielt,<lb/> eine Entſchuldigung einfließen ließ, daß ſein Herr<lb/> nicht ſelbſt ſich dem Kaiſer zu Fuͤßen geworfen haͤt-<lb/> te. Gekroͤnte Haͤupter fiengen jetzt an das fuͤr un-<lb/> ſchicklich zu halten, daß ihre Abweſenheit auf ſolche<lb/> Art entſchuldiget werden ſollte, da ſichs von ſelb-<lb/> ſten verſtaͤnde, daß ihnen unter keinerley Umſtaͤn-<lb/> den eine Kniebeugung vor irgend einem andern<lb/> Throne zugemuthet werden koͤnnte. Zuletzt ent-<lb/> ſtand gar die Frage, ob ſie auch nur ihren Ge-<lb/> ſandten dergleichen zugeben koͤnnten, ohne ihrer<lb/> Wuͤrde Abbruch zu thun. Sollte das aber den<lb/> koͤniglichen Geſandten nachgeſehen werden, was<lb/> <fw place="bottom" type="catch">war</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [360/0402]
IX. Leop. u. Joſeph I. 1657-1711.
man in allen dieſen Faͤllen die Perſon des Koͤnigs
und die des Teutſchen Reichsſtandes von einander
unterſchied, nachdem Geſchaͤffte in dieſer oder je-
ner Eigenſchaft vor waren. Auf dem Reichstage
oder bey anderen reichsſtaͤndiſchen Verſammlungen
behielten daher auch Reichsſtaͤnde, die zugleich Koͤ-
nige waren, ihre Plaͤtze ungeaͤndert. Im Na-
men des Kaiſers konnten nach wie vor gerichtliche
Ausfertigungen auch an des Koͤnigs Majeſtaͤt als
Churfuͤrſten oder Herzogs in … Liebden erlaßen
werden. Inzwiſchen wo politiſche Ruͤckſichten oft
doch unvermeidlich waren, oder das Perſoͤnliche
ſelbſt ſich nicht trennen ließ, da zeigten ſich doch bald
erhebliche Folgen der perſoͤnlichen Einheit eines un-
abhaͤngigen Koͤniges und zugleich Teutſchen Reichs-
ſtandes.
So war z. B. bey den Thronbelehnungen Teut-
ſcher Fuͤrſten und Churfuͤrſten bisher gewoͤhnlich,
daß der Geſandte, der die Belehnung vom Kaiſer
empfieng, ſowohl ſchriftlich als in der Rede, die er
auf den Knieen vor dem kaiſerlichen Throne hielt,
eine Entſchuldigung einfließen ließ, daß ſein Herr
nicht ſelbſt ſich dem Kaiſer zu Fuͤßen geworfen haͤt-
te. Gekroͤnte Haͤupter fiengen jetzt an das fuͤr un-
ſchicklich zu halten, daß ihre Abweſenheit auf ſolche
Art entſchuldiget werden ſollte, da ſichs von ſelb-
ſten verſtaͤnde, daß ihnen unter keinerley Umſtaͤn-
den eine Kniebeugung vor irgend einem andern
Throne zugemuthet werden koͤnnte. Zuletzt ent-
ſtand gar die Frage, ob ſie auch nur ihren Ge-
ſandten dergleichen zugeben koͤnnten, ohne ihrer
Wuͤrde Abbruch zu thun. Sollte das aber den
koͤniglichen Geſandten nachgeſehen werden, was
war
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |