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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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10) Religionsveränderungen.
die Stimme führet, so wie das Land selbst sich in
vermischtem Religionszustande befindet. Aber für
ein Land, das ganz evangelisch ist und bleibt, des-
sen Landesherr aber bloß für seine Person sich zur
catholischen Religion bekennt, an statt des bishe-
rigen evangelischen Gesandten, nun einen catholi-
schen zu halten, und, wenn dann vielleicht wieder
ein evangelischer Nachfolger kömmt, erst dann wie-
der einen evangelischen; das kann nach richtigen
Grundsätzen wohl nicht vertheidiget werden.

Eine besondere Frage konnte endlich noch inXIV.
Ansehung der Curiatstimmen im Reichsfürsten-
rathe in Betrachtung kommen. Da konnte sichs
allerdings fügen, daß z. B. unter den Schwäbi-
schen Grafen ein Graf von Oettingen und ein Be-
sitzer der Herrschaft Justingen Protestanten waren;
daß man aber dennoch das Schwäbische Grafen-
collegium im Ganzen genommen für catholisch gel-
ten ließ, weil der ungleich größere Theil der Schwä-
bischen Grafen doch catholisch war. Das hatte
eine völlig analogische Bestimmung des Westphä-
lischen Friedens zum Grunde, da der Bairische
Kreis in Vertheilung der Cammergerichts-Präsen-
tationen für pur catholisch gerechnet wurde, unge-
achtet einige evangelische Stände Mitglieder des
Kreises waren, und da auf gleiche Art der Friede
solche Reichsstädte, worin die von der Stadt ab-
hangende Religionsübung evangelisch ist, für pur
evangelisch erklärte, wenn gleich einige catholische
Einwohner und Stifter oder Klöster darin wären.

So stand also nichts im Wege, daß nicht auchXV.
das Westphälische Grafencollegium für pur evange-

lisch

10) Religionsveraͤnderungen.
die Stimme fuͤhret, ſo wie das Land ſelbſt ſich in
vermiſchtem Religionszuſtande befindet. Aber fuͤr
ein Land, das ganz evangeliſch iſt und bleibt, deſ-
ſen Landesherr aber bloß fuͤr ſeine Perſon ſich zur
catholiſchen Religion bekennt, an ſtatt des bishe-
rigen evangeliſchen Geſandten, nun einen catholi-
ſchen zu halten, und, wenn dann vielleicht wieder
ein evangeliſcher Nachfolger koͤmmt, erſt dann wie-
der einen evangeliſchen; das kann nach richtigen
Grundſaͤtzen wohl nicht vertheidiget werden.

Eine beſondere Frage konnte endlich noch inXIV.
Anſehung der Curiatſtimmen im Reichsfuͤrſten-
rathe in Betrachtung kommen. Da konnte ſichs
allerdings fuͤgen, daß z. B. unter den Schwaͤbi-
ſchen Grafen ein Graf von Oettingen und ein Be-
ſitzer der Herrſchaft Juſtingen Proteſtanten waren;
daß man aber dennoch das Schwaͤbiſche Grafen-
collegium im Ganzen genommen fuͤr catholiſch gel-
ten ließ, weil der ungleich groͤßere Theil der Schwaͤ-
biſchen Grafen doch catholiſch war. Das hatte
eine voͤllig analogiſche Beſtimmung des Weſtphaͤ-
liſchen Friedens zum Grunde, da der Bairiſche
Kreis in Vertheilung der Cammergerichts-Praͤſen-
tationen fuͤr pur catholiſch gerechnet wurde, unge-
achtet einige evangeliſche Staͤnde Mitglieder des
Kreiſes waren, und da auf gleiche Art der Friede
ſolche Reichsſtaͤdte, worin die von der Stadt ab-
hangende Religionsuͤbung evangeliſch iſt, fuͤr pur
evangeliſch erklaͤrte, wenn gleich einige catholiſche
Einwohner und Stifter oder Kloͤſter darin waͤren.

So ſtand alſo nichts im Wege, daß nicht auchXV.
das Weſtphaͤliſche Grafencollegium fuͤr pur evange-

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[351/0393] 10) Religionsveraͤnderungen. die Stimme fuͤhret, ſo wie das Land ſelbſt ſich in vermiſchtem Religionszuſtande befindet. Aber fuͤr ein Land, das ganz evangeliſch iſt und bleibt, deſ- ſen Landesherr aber bloß fuͤr ſeine Perſon ſich zur catholiſchen Religion bekennt, an ſtatt des bishe- rigen evangeliſchen Geſandten, nun einen catholi- ſchen zu halten, und, wenn dann vielleicht wieder ein evangeliſcher Nachfolger koͤmmt, erſt dann wie- der einen evangeliſchen; das kann nach richtigen Grundſaͤtzen wohl nicht vertheidiget werden. Eine beſondere Frage konnte endlich noch in Anſehung der Curiatſtimmen im Reichsfuͤrſten- rathe in Betrachtung kommen. Da konnte ſichs allerdings fuͤgen, daß z. B. unter den Schwaͤbi- ſchen Grafen ein Graf von Oettingen und ein Be- ſitzer der Herrſchaft Juſtingen Proteſtanten waren; daß man aber dennoch das Schwaͤbiſche Grafen- collegium im Ganzen genommen fuͤr catholiſch gel- ten ließ, weil der ungleich groͤßere Theil der Schwaͤ- biſchen Grafen doch catholiſch war. Das hatte eine voͤllig analogiſche Beſtimmung des Weſtphaͤ- liſchen Friedens zum Grunde, da der Bairiſche Kreis in Vertheilung der Cammergerichts-Praͤſen- tationen fuͤr pur catholiſch gerechnet wurde, unge- achtet einige evangeliſche Staͤnde Mitglieder des Kreiſes waren, und da auf gleiche Art der Friede ſolche Reichsſtaͤdte, worin die von der Stadt ab- hangende Religionsuͤbung evangeliſch iſt, fuͤr pur evangeliſch erklaͤrte, wenn gleich einige catholiſche Einwohner und Stifter oder Kloͤſter darin waͤren. XIV. So ſtand alſo nichts im Wege, daß nicht auch das Weſtphaͤliſche Grafencollegium fuͤr pur evange- liſch XV.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/393>, abgerufen am 25.11.2024.