Auf dem Friedenscongresse zu Ryßwick wurdeIV. die Churbraunschweigische Gesandtschaft von Sei- ten der auswärtigen Mächte schon als churfürstlich anerkannt; wiewohl mit vielem Widerspruche der anders gesinnten Reichsstände. Im Frieden selbst geschah der Sache keine Meldung. Als hernach dem Churfürsten Ernst August (+ 1698. Jan. 28.) sein ältester Sohn Georg Ludewig folgte, und durch seinen Gesandten von Huldenberg zu Wien wieder die Belehnung mit der Churwürde erhielt, auch endlich die Churfürsten von Trier, Cölln und Pfalz von ihrem Widerspruche abließen; ward hin- gegen der Widerspruch der Fürsten desto stärker. Sie erneuerten nicht nur zu Goslar am 5. Febr. 1700. ihre Verein gegen die neunte Chur, sondern sie schlossen zu Nürnberg am 19. Jul. 1700. so gar einen förmlichen Bund, um ein gemeinschaft- liches Heer von 24. oder benöthigten Falls 48. tau- send Mann dagegen ins Feld zu stellen.
Auf der andern Seite gab es der Sache einV. nicht geringes neues Gewicht, als eine Parlaments- acte zu London am 12. Jun. 1701. die Englische Thronfolge für des Churfürsten Ernst Augusts Wittwe Sophia, (deren Mutter eine Tochter Kö- nig Jacobs des I., des unglücklichen Churfürsten von der Pfalz Friederichs des V. Gemahlinn ge- wesen war,) und deren evangelische Nachkommen- schaft vom Hause Hannover festsetzte, und am 25. Oct. 1705. durch eine abermalige Parlamentsacte von neuem bestätiget wurde. Auch verglich sich bald dar- auf der Herzog Anton Ulrich von Braunschweig- Wolfenbüttel mit dem neuen Churhause. Und als ferner am 29. Apr. 1706. der Churfürst von Baiern
in
9) Neunte Chur 1692-1708.
Auf dem Friedenscongreſſe zu Ryßwick wurdeIV. die Churbraunſchweigiſche Geſandtſchaft von Sei- ten der auswaͤrtigen Maͤchte ſchon als churfuͤrſtlich anerkannt; wiewohl mit vielem Widerſpruche der anders geſinnten Reichsſtaͤnde. Im Frieden ſelbſt geſchah der Sache keine Meldung. Als hernach dem Churfuͤrſten Ernſt Auguſt († 1698. Jan. 28.) ſein aͤlteſter Sohn Georg Ludewig folgte, und durch ſeinen Geſandten von Huldenberg zu Wien wieder die Belehnung mit der Churwuͤrde erhielt, auch endlich die Churfuͤrſten von Trier, Coͤlln und Pfalz von ihrem Widerſpruche abließen; ward hin- gegen der Widerſpruch der Fuͤrſten deſto ſtaͤrker. Sie erneuerten nicht nur zu Goslar am 5. Febr. 1700. ihre Verein gegen die neunte Chur, ſondern ſie ſchloſſen zu Nuͤrnberg am 19. Jul. 1700. ſo gar einen foͤrmlichen Bund, um ein gemeinſchaft- liches Heer von 24. oder benoͤthigten Falls 48. tau- ſend Mann dagegen ins Feld zu ſtellen.
Auf der andern Seite gab es der Sache einV. nicht geringes neues Gewicht, als eine Parlaments- acte zu London am 12. Jun. 1701. die Engliſche Thronfolge fuͤr des Churfuͤrſten Ernſt Auguſts Wittwe Sophia, (deren Mutter eine Tochter Koͤ- nig Jacobs des I., des ungluͤcklichen Churfuͤrſten von der Pfalz Friederichs des V. Gemahlinn ge- weſen war,) und deren evangeliſche Nachkommen- ſchaft vom Hauſe Hannover feſtſetzte, und am 25. Oct. 1705. durch eine abermalige Parlamentsacte von neuem beſtaͤtiget wurde. Auch verglich ſich bald dar- auf der Herzog Anton Ulrich von Braunſchweig- Wolfenbuͤttel mit dem neuen Churhauſe. Und als ferner am 29. Apr. 1706. der Churfuͤrſt von Baiern
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9) Neunte Chur 1692-1708.
Auf dem Friedenscongreſſe zu Ryßwick wurde
die Churbraunſchweigiſche Geſandtſchaft von Sei-
ten der auswaͤrtigen Maͤchte ſchon als churfuͤrſtlich
anerkannt; wiewohl mit vielem Widerſpruche der
anders geſinnten Reichsſtaͤnde. Im Frieden ſelbſt
geſchah der Sache keine Meldung. Als hernach
dem Churfuͤrſten Ernſt Auguſt († 1698. Jan. 28.)
ſein aͤlteſter Sohn Georg Ludewig folgte, und
durch ſeinen Geſandten von Huldenberg zu Wien
wieder die Belehnung mit der Churwuͤrde erhielt,
auch endlich die Churfuͤrſten von Trier, Coͤlln und
Pfalz von ihrem Widerſpruche abließen; ward hin-
gegen der Widerſpruch der Fuͤrſten deſto ſtaͤrker.
Sie erneuerten nicht nur zu Goslar am 5. Febr.
1700. ihre Verein gegen die neunte Chur, ſondern
ſie ſchloſſen zu Nuͤrnberg am 19. Jul. 1700. ſo
gar einen foͤrmlichen Bund, um ein gemeinſchaft-
liches Heer von 24. oder benoͤthigten Falls 48. tau-
ſend Mann dagegen ins Feld zu ſtellen.
IV.
Auf der andern Seite gab es der Sache ein
nicht geringes neues Gewicht, als eine Parlaments-
acte zu London am 12. Jun. 1701. die Engliſche
Thronfolge fuͤr des Churfuͤrſten Ernſt Auguſts
Wittwe Sophia, (deren Mutter eine Tochter Koͤ-
nig Jacobs des I., des ungluͤcklichen Churfuͤrſten
von der Pfalz Friederichs des V. Gemahlinn ge-
weſen war,) und deren evangeliſche Nachkommen-
ſchaft vom Hauſe Hannover feſtſetzte, und am 25. Oct.
1705. durch eine abermalige Parlamentsacte von
neuem beſtaͤtiget wurde. Auch verglich ſich bald dar-
auf der Herzog Anton Ulrich von Braunſchweig-
Wolfenbuͤttel mit dem neuen Churhauſe. Und als
ferner am 29. Apr. 1706. der Churfuͤrſt von Baiern
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/373>, abgerufen am 18.05.2024.
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