Teutschland durch eine Clausel veranlaßt wurde, welche die Französischen Gesandten auf eine ganz sonderbare Art im Frieden eingerückt haben wollten.
Nehmlich unter den Orten, welche FrankreichV. unter dem Vorwande der Reunion seit dem Nim- weger Frieden in Besitz genommen hatte, waren viele, wo die Franzosen catholischen Gottesdienst eingeführt und evangelische Kirchengüter den Ca- tholischen zugewandt hatten. Im zwanzigjährigen Stillstande (1684. Art. 8.) wurde deswegen auf die darüber von den Protestanten geführte Be- schwerde ausgemacht, daß im Religionszustande alles auf den Fuß des Westphälischen Friedens ge- laßen werden sollte. Allein unter anderen Fran- zösischen Contraventionen dieses Stillstandes war auch diese, daß die Franzosen fortfuhren, das Si- multaneum an den von ihnen eingenommenen Or- ten einzuführen. Wovon daher eine der Ursachen, warum das Reich der Krone Frankreich (1689.) den Krieg ankündigte, mit hergenommen wurde.
Selbst in der Wahlcapitulation Josephs desVI. I., die inzwischen 1690. zu Stande kam, wurde es dem Kaiser zur Pflicht gemacht, "ernstlich dar- an zu seyn, daß das vom Feinde im Reiche occu- pirte, oder im kirchlichen und politischen Zustande (in ecclesiasticis et politicis) geänderte zu der be- drückten Stände und Unterthanen Consolation in den alten den Reichsfundamentalgesetzen und Frie- densschlüssen gemäßen Stand restituirt werde." (Unter Friedensschlüssen konnten hier keine andere als die von Münster und Osnabrück und Nimwe- gen verstanden werden. Also war die Meynung,
daß
5) Rkrieg u. Ryßw. Fr. 1685-1697.
Teutſchland durch eine Clauſel veranlaßt wurde, welche die Franzoͤſiſchen Geſandten auf eine ganz ſonderbare Art im Frieden eingeruͤckt haben wollten.
Nehmlich unter den Orten, welche FrankreichV. unter dem Vorwande der Reunion ſeit dem Nim- weger Frieden in Beſitz genommen hatte, waren viele, wo die Franzoſen catholiſchen Gottesdienſt eingefuͤhrt und evangeliſche Kirchenguͤter den Ca- tholiſchen zugewandt hatten. Im zwanzigjaͤhrigen Stillſtande (1684. Art. 8.) wurde deswegen auf die daruͤber von den Proteſtanten gefuͤhrte Be- ſchwerde ausgemacht, daß im Religionszuſtande alles auf den Fuß des Weſtphaͤliſchen Friedens ge- laßen werden ſollte. Allein unter anderen Fran- zoͤſiſchen Contraventionen dieſes Stillſtandes war auch dieſe, daß die Franzoſen fortfuhren, das Si- multaneum an den von ihnen eingenommenen Or- ten einzufuͤhren. Wovon daher eine der Urſachen, warum das Reich der Krone Frankreich (1689.) den Krieg ankuͤndigte, mit hergenommen wurde.
Selbſt in der Wahlcapitulation Joſephs desVI. I., die inzwiſchen 1690. zu Stande kam, wurde es dem Kaiſer zur Pflicht gemacht, ”ernſtlich dar- an zu ſeyn, daß das vom Feinde im Reiche occu- pirte, oder im kirchlichen und politiſchen Zuſtande (in eccleſiaſticis et politicis) geaͤnderte zu der be- druͤckten Staͤnde und Unterthanen Conſolation in den alten den Reichsfundamentalgeſetzen und Frie- densſchluͤſſen gemaͤßen Stand reſtituirt werde.” (Unter Friedensſchluͤſſen konnten hier keine andere als die von Muͤnſter und Osnabruͤck und Nimwe- gen verſtanden werden. Alſo war die Meynung,
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5) Rkrieg u. Ryßw. Fr. 1685-1697.
Teutſchland durch eine Clauſel veranlaßt wurde,
welche die Franzoͤſiſchen Geſandten auf eine ganz
ſonderbare Art im Frieden eingeruͤckt haben wollten.
Nehmlich unter den Orten, welche Frankreich
unter dem Vorwande der Reunion ſeit dem Nim-
weger Frieden in Beſitz genommen hatte, waren
viele, wo die Franzoſen catholiſchen Gottesdienſt
eingefuͤhrt und evangeliſche Kirchenguͤter den Ca-
tholiſchen zugewandt hatten. Im zwanzigjaͤhrigen
Stillſtande (1684. Art. 8.) wurde deswegen auf
die daruͤber von den Proteſtanten gefuͤhrte Be-
ſchwerde ausgemacht, daß im Religionszuſtande
alles auf den Fuß des Weſtphaͤliſchen Friedens ge-
laßen werden ſollte. Allein unter anderen Fran-
zoͤſiſchen Contraventionen dieſes Stillſtandes war
auch dieſe, daß die Franzoſen fortfuhren, das Si-
multaneum an den von ihnen eingenommenen Or-
ten einzufuͤhren. Wovon daher eine der Urſachen,
warum das Reich der Krone Frankreich (1689.)
den Krieg ankuͤndigte, mit hergenommen wurde.
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Selbſt in der Wahlcapitulation Joſephs des
I., die inzwiſchen 1690. zu Stande kam, wurde
es dem Kaiſer zur Pflicht gemacht, ”ernſtlich dar-
an zu ſeyn, daß das vom Feinde im Reiche occu-
pirte, oder im kirchlichen und politiſchen Zuſtande
(in eccleſiaſticis et politicis) geaͤnderte zu der be-
druͤckten Staͤnde und Unterthanen Conſolation in
den alten den Reichsfundamentalgeſetzen und Frie-
densſchluͤſſen gemaͤßen Stand reſtituirt werde.”
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/343>, abgerufen am 24.11.2024.
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