Verordnung nur auf diesen besondern Fall einzu- schränken.
Noch deutlicher ergibt sich aber aus dem gan-V. zen Zusammenhange des fünften Artikels, inson- derheit aus der Verbindung, worin §. 30. und 31. unmittelbar auf einander folgen, daß man die zweyerley ganz verschiedenen Fälle vor Augen ge- habt hat, auf deren Auseinandersetzung selbst nach der Natur der Sache hier alles ankömmt; nehm- lich einmal den Fall, wenn Landesherr und Un- terthanen einerley Religion sind; davon han- delt §. 30., und läßt es da billig bey dem Rechte, das ein jeder Regent, der mit seinem Lande einer- ley Religion ist, in Ansehung fremder Religions- verwandten ausüben kann, wie z. B. das Chur- haus Hannover zu Hannover, Zelle, Göttingen auf solche Art einen catholischen Gottesdienst ge- statten können, und Joseph der II. jetzt in seinen Erblanden die Duldung der evangelischen Reli- gionsübung einführen können; welches alles ge- dachter §. 30. unter dem Namen des Reforma- tionsrechts (ius reformandi) in sich fasset. Ein ganz anderer Fall aber ist es, wenn evange- lische Unterthanen einen catholischen Lan- desherrn haben, und dieser nun zum Vortheile seiner Religion Aenderungen im Lande vornehmen will. Da setzt der §. 31. im fünften Artikel zur einzigen Richtschnur das Entscheidungsziel des Jahres 1624. Wie es damals war, so muß es in dem Falle bleiben. War da in einer Stadt, oder in einem Dorfe oder Flecken nur evangelischer Gottesdienst, so darf der catholische Landesherr da
auch
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8) Simultaneum.
Verordnung nur auf dieſen beſondern Fall einzu- ſchraͤnken.
Noch deutlicher ergibt ſich aber aus dem gan-V. zen Zuſammenhange des fuͤnften Artikels, inſon- derheit aus der Verbindung, worin §. 30. und 31. unmittelbar auf einander folgen, daß man die zweyerley ganz verſchiedenen Faͤlle vor Augen ge- habt hat, auf deren Auseinanderſetzung ſelbſt nach der Natur der Sache hier alles ankoͤmmt; nehm- lich einmal den Fall, wenn Landesherr und Un- terthanen einerley Religion ſind; davon han- delt §. 30., und laͤßt es da billig bey dem Rechte, das ein jeder Regent, der mit ſeinem Lande einer- ley Religion iſt, in Anſehung fremder Religions- verwandten ausuͤben kann, wie z. B. das Chur- haus Hannover zu Hannover, Zelle, Goͤttingen auf ſolche Art einen catholiſchen Gottesdienſt ge- ſtatten koͤnnen, und Joſeph der II. jetzt in ſeinen Erblanden die Duldung der evangeliſchen Reli- gionsuͤbung einfuͤhren koͤnnen; welches alles ge- dachter §. 30. unter dem Namen des Reforma- tionsrechts (ius reformandi) in ſich faſſet. Ein ganz anderer Fall aber iſt es, wenn evange- liſche Unterthanen einen catholiſchen Lan- desherrn haben, und dieſer nun zum Vortheile ſeiner Religion Aenderungen im Lande vornehmen will. Da ſetzt der §. 31. im fuͤnften Artikel zur einzigen Richtſchnur das Entſcheidungsziel des Jahres 1624. Wie es damals war, ſo muß es in dem Falle bleiben. War da in einer Stadt, oder in einem Dorfe oder Flecken nur evangeliſcher Gottesdienſt, ſo darf der catholiſche Landesherr da
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8) Simultaneum.
Verordnung nur auf dieſen beſondern Fall einzu-
ſchraͤnken.
Noch deutlicher ergibt ſich aber aus dem gan-
zen Zuſammenhange des fuͤnften Artikels, inſon-
derheit aus der Verbindung, worin §. 30. und 31.
unmittelbar auf einander folgen, daß man die
zweyerley ganz verſchiedenen Faͤlle vor Augen ge-
habt hat, auf deren Auseinanderſetzung ſelbſt nach
der Natur der Sache hier alles ankoͤmmt; nehm-
lich einmal den Fall, wenn Landesherr und Un-
terthanen einerley Religion ſind; davon han-
delt §. 30., und laͤßt es da billig bey dem Rechte,
das ein jeder Regent, der mit ſeinem Lande einer-
ley Religion iſt, in Anſehung fremder Religions-
verwandten ausuͤben kann, wie z. B. das Chur-
haus Hannover zu Hannover, Zelle, Goͤttingen
auf ſolche Art einen catholiſchen Gottesdienſt ge-
ſtatten koͤnnen, und Joſeph der II. jetzt in ſeinen
Erblanden die Duldung der evangeliſchen Reli-
gionsuͤbung einfuͤhren koͤnnen; welches alles ge-
dachter §. 30. unter dem Namen des Reforma-
tionsrechts (ius reformandi) in ſich faſſet. Ein
ganz anderer Fall aber iſt es, wenn evange-
liſche Unterthanen einen catholiſchen Lan-
desherrn haben, und dieſer nun zum Vortheile
ſeiner Religion Aenderungen im Lande vornehmen
will. Da ſetzt der §. 31. im fuͤnften Artikel zur
einzigen Richtſchnur das Entſcheidungsziel des
Jahres 1624. Wie es damals war, ſo muß es
in dem Falle bleiben. War da in einer Stadt,
oder in einem Dorfe oder Flecken nur evangeliſcher
Gottesdienſt, ſo darf der catholiſche Landesherr da
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/271>, abgerufen am 22.11.2024.
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