Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

VIII. Folgen d. Westph. Fr. 1648-1657.
rungen dazwischen kommen, hat wieder ihre Unbe-
quemlichkeiten, da theils ein jeder dann vorzüglich
nur auf seine Lebenszeit für sich und seine Familie
die Vortheile seines erhabenen Standes, so gut er
kann, zu benutzen suchen wird, theils auch noch
ungleich weniger, als in erblichen Ländern, von
einer Regierung zur anderen eine gewisse Gleichför-
migkeit in Grundsätzen beybehalten wird. Da
kann sichs also nicht selten fügen, daß von einer
Regierung zur andern nicht nur Günstlinge und
Minister, sondern auch ganze Regierungssysteme,
Entwürfe und Anstalten sich ändern, und in ganz
entgegengesetzten Gestalten erscheinen. -- Viele
glauben schon darin einen hinlänglichen Grund
wahrzunehmen, warum selten gemeinnützige An-
stalten von allen Gattungen, es sey zur Aufnahme
der Handlung und des Gewerbes, oder zur Beför-
derung der Künste und Wissenschaften, oder was
sonst zu eines Landes Aufnahme dienen kann, in
geistlichen Ländern so, wie in weltlichen, zu gedei-
hen pflegen.


X.

Es ist aber noch etwas, das die geistlichen
Länder drückt, und unabläßig drücken wird, so
lange sie in dem Verhältnisse bleiben werden, wor-
in sie die Römische Hierarchie bisher fest gehalten
hat. Der Fürstbischof, den Carl der Große noch
gleich den übrigen Erzbischöfen und Bischöfen sei-
nes Reichs jenseits und diesseits der Alpen nur
als den ersten im Range namhaft machte, der
aber seitdem das Glück hatte, als das sichtbare
Oberhaupt der ganzen christlichen Kirche verehrt
zu werden, ist zwar verhältnißmäßig gleich unse-
ren Teutschen Fürstenbischöfen und Erzbischöfen auch

mit

VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
rungen dazwiſchen kommen, hat wieder ihre Unbe-
quemlichkeiten, da theils ein jeder dann vorzuͤglich
nur auf ſeine Lebenszeit fuͤr ſich und ſeine Familie
die Vortheile ſeines erhabenen Standes, ſo gut er
kann, zu benutzen ſuchen wird, theils auch noch
ungleich weniger, als in erblichen Laͤndern, von
einer Regierung zur anderen eine gewiſſe Gleichfoͤr-
migkeit in Grundſaͤtzen beybehalten wird. Da
kann ſichs alſo nicht ſelten fuͤgen, daß von einer
Regierung zur andern nicht nur Guͤnſtlinge und
Miniſter, ſondern auch ganze Regierungsſyſteme,
Entwuͤrfe und Anſtalten ſich aͤndern, und in ganz
entgegengeſetzten Geſtalten erſcheinen. — Viele
glauben ſchon darin einen hinlaͤnglichen Grund
wahrzunehmen, warum ſelten gemeinnuͤtzige An-
ſtalten von allen Gattungen, es ſey zur Aufnahme
der Handlung und des Gewerbes, oder zur Befoͤr-
derung der Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, oder was
ſonſt zu eines Landes Aufnahme dienen kann, in
geiſtlichen Laͤndern ſo, wie in weltlichen, zu gedei-
hen pflegen.


X.

Es iſt aber noch etwas, das die geiſtlichen
Laͤnder druͤckt, und unablaͤßig druͤcken wird, ſo
lange ſie in dem Verhaͤltniſſe bleiben werden, wor-
in ſie die Roͤmiſche Hierarchie bisher feſt gehalten
hat. Der Fuͤrſtbiſchof, den Carl der Große noch
gleich den uͤbrigen Erzbiſchoͤfen und Biſchoͤfen ſei-
nes Reichs jenſeits und dieſſeits der Alpen nur
als den erſten im Range namhaft machte, der
aber ſeitdem das Gluͤck hatte, als das ſichtbare
Oberhaupt der ganzen chriſtlichen Kirche verehrt
zu werden, iſt zwar verhaͤltnißmaͤßig gleich unſe-
ren Teutſchen Fuͤrſtenbiſchoͤfen und Erzbiſchoͤfen auch

mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0220" n="178"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Folgen d. We&#x017F;tph. Fr. 1648-1657.</hi></fw><lb/>
rungen dazwi&#x017F;chen kommen, hat wieder ihre Unbe-<lb/>
quemlichkeiten, da theils ein jeder dann vorzu&#x0364;glich<lb/>
nur auf &#x017F;eine Lebenszeit fu&#x0364;r &#x017F;ich und &#x017F;eine Familie<lb/>
die Vortheile &#x017F;eines erhabenen Standes, &#x017F;o gut er<lb/>
kann, zu benutzen &#x017F;uchen wird, theils auch noch<lb/>
ungleich weniger, als in erblichen La&#x0364;ndern, von<lb/>
einer Regierung zur anderen eine gewi&#x017F;&#x017F;e Gleichfo&#x0364;r-<lb/>
migkeit in Grund&#x017F;a&#x0364;tzen beybehalten wird. Da<lb/>
kann &#x017F;ichs al&#x017F;o nicht &#x017F;elten fu&#x0364;gen, daß von einer<lb/>
Regierung zur andern nicht nur Gu&#x0364;n&#x017F;tlinge und<lb/>
Mini&#x017F;ter, &#x017F;ondern auch ganze Regierungs&#x017F;y&#x017F;teme,<lb/>
Entwu&#x0364;rfe und An&#x017F;talten &#x017F;ich <choice><sic>a&#x0364;nderu</sic><corr>a&#x0364;ndern</corr></choice>, und in ganz<lb/>
entgegenge&#x017F;etzten Ge&#x017F;talten er&#x017F;cheinen. &#x2014; Viele<lb/>
glauben &#x017F;chon darin einen hinla&#x0364;nglichen Grund<lb/>
wahrzunehmen, warum &#x017F;elten gemeinnu&#x0364;tzige An-<lb/>
&#x017F;talten von allen Gattungen, es &#x017F;ey zur Aufnahme<lb/>
der Handlung und des Gewerbes, oder zur Befo&#x0364;r-<lb/>
derung der Ku&#x0364;n&#x017F;te und Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, oder was<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t zu eines Landes Aufnahme dienen kann, in<lb/>
gei&#x017F;tlichen La&#x0364;ndern &#x017F;o, wie in weltlichen, zu gedei-<lb/>
hen pflegen.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">X.</hi> </note>
          <p>Es i&#x017F;t aber noch etwas, das die gei&#x017F;tlichen<lb/>
La&#x0364;nder dru&#x0364;ckt, und unabla&#x0364;ßig dru&#x0364;cken wird, &#x017F;o<lb/>
lange &#x017F;ie in dem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e bleiben werden, wor-<lb/>
in &#x017F;ie die Ro&#x0364;mi&#x017F;che Hierarchie bisher fe&#x017F;t gehalten<lb/>
hat. Der Fu&#x0364;r&#x017F;tbi&#x017F;chof, den Carl der Große noch<lb/>
gleich den u&#x0364;brigen Erzbi&#x017F;cho&#x0364;fen und Bi&#x017F;cho&#x0364;fen &#x017F;ei-<lb/>
nes Reichs jen&#x017F;eits und die&#x017F;&#x017F;eits der Alpen nur<lb/>
als den er&#x017F;ten im Range namhaft machte, der<lb/>
aber &#x017F;eitdem das Glu&#x0364;ck hatte, als das &#x017F;ichtbare<lb/>
Oberhaupt der ganzen chri&#x017F;tlichen Kirche verehrt<lb/>
zu werden, i&#x017F;t zwar verha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßig gleich un&#x017F;e-<lb/>
ren Teut&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;tenbi&#x017F;cho&#x0364;fen und Erzbi&#x017F;cho&#x0364;fen auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0220] VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657. rungen dazwiſchen kommen, hat wieder ihre Unbe- quemlichkeiten, da theils ein jeder dann vorzuͤglich nur auf ſeine Lebenszeit fuͤr ſich und ſeine Familie die Vortheile ſeines erhabenen Standes, ſo gut er kann, zu benutzen ſuchen wird, theils auch noch ungleich weniger, als in erblichen Laͤndern, von einer Regierung zur anderen eine gewiſſe Gleichfoͤr- migkeit in Grundſaͤtzen beybehalten wird. Da kann ſichs alſo nicht ſelten fuͤgen, daß von einer Regierung zur andern nicht nur Guͤnſtlinge und Miniſter, ſondern auch ganze Regierungsſyſteme, Entwuͤrfe und Anſtalten ſich aͤndern, und in ganz entgegengeſetzten Geſtalten erſcheinen. — Viele glauben ſchon darin einen hinlaͤnglichen Grund wahrzunehmen, warum ſelten gemeinnuͤtzige An- ſtalten von allen Gattungen, es ſey zur Aufnahme der Handlung und des Gewerbes, oder zur Befoͤr- derung der Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, oder was ſonſt zu eines Landes Aufnahme dienen kann, in geiſtlichen Laͤndern ſo, wie in weltlichen, zu gedei- hen pflegen. Es iſt aber noch etwas, das die geiſtlichen Laͤnder druͤckt, und unablaͤßig druͤcken wird, ſo lange ſie in dem Verhaͤltniſſe bleiben werden, wor- in ſie die Roͤmiſche Hierarchie bisher feſt gehalten hat. Der Fuͤrſtbiſchof, den Carl der Große noch gleich den uͤbrigen Erzbiſchoͤfen und Biſchoͤfen ſei- nes Reichs jenſeits und dieſſeits der Alpen nur als den erſten im Range namhaft machte, der aber ſeitdem das Gluͤck hatte, als das ſichtbare Oberhaupt der ganzen chriſtlichen Kirche verehrt zu werden, iſt zwar verhaͤltnißmaͤßig gleich unſe- ren Teutſchen Fuͤrſtenbiſchoͤfen und Erzbiſchoͤfen auch mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/220
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/220>, abgerufen am 02.05.2024.