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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VIII. Folgen d. Westph. Fr. 1648-1657.
deren Gelegenheit selbst nicht ist, solche Stellen zu
bekleiden, da bringt doch die Verbindung, worin
gemeiniglich nur der stiftsmäßige Adel in solchen
Ländern durch Familienverhältnisse mit Domherren
oder selbst mit dem regierenden Fürsten stehet, na-
türlicher Weise das mit sich, daß außer dem Dom-
capitel der gesammte Adel auf alle Vortheile im
Lande den vorzüglichsten Anspruch machen kann.
Wenn Ausländern, die Teutschland näher kennen
lernen, die Vorzüge, die der Teutsche Adel an
den meisten Höfen genießt, auffallend vorkommen;
so sind sie doch nirgend so ausgezeichnet, als in
den meisten geistlichen Ländern.


VI.

Nur alsdann, wenn etwa einmal ein Prinz
von einem großen Hause zum Besitz eines geistli-
chen Landes kömmt, kann sich vielleicht einige
Mäßigung hierin wahrnehmen laßen. Ist aber,
wie doch gemeiniglich der Fall ist, der Fürst selbst
von adelicher Herkunft; so läßt sich auch von selb-
sten wohl nicht anders erwarten, als daß dieje-
nigen Familien, die das Glück haben, des Fürsten
Brüder, Schwäger, Vettern u. s. w. unter den
ihrigen zu zehlen, nicht unterlaßen werden, die
Gunst des Fürsten auf alle mögliche Weise zu
benutzen, auch anderen das nahe Verhältniß, wor-
in sie zum Fürstenthrone stehen, allenfalls wohl
fühlbar zu machen.


VII.

Sieht man also unsere geistliche Stiftungen
von der Seite an, wie sie zur Versorgung sol-
cher Herren von Adel, die nicht zu Stammhal-
tern ihres Hauses bestimmt sind, und zur Auf-
nahme ihrer Geschlechter dienen sollen; so wird

diese

VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
deren Gelegenheit ſelbſt nicht iſt, ſolche Stellen zu
bekleiden, da bringt doch die Verbindung, worin
gemeiniglich nur der ſtiftsmaͤßige Adel in ſolchen
Laͤndern durch Familienverhaͤltniſſe mit Domherren
oder ſelbſt mit dem regierenden Fuͤrſten ſtehet, na-
tuͤrlicher Weiſe das mit ſich, daß außer dem Dom-
capitel der geſammte Adel auf alle Vortheile im
Lande den vorzuͤglichſten Anſpruch machen kann.
Wenn Auslaͤndern, die Teutſchland naͤher kennen
lernen, die Vorzuͤge, die der Teutſche Adel an
den meiſten Hoͤfen genießt, auffallend vorkommen;
ſo ſind ſie doch nirgend ſo ausgezeichnet, als in
den meiſten geiſtlichen Laͤndern.


VI.

Nur alsdann, wenn etwa einmal ein Prinz
von einem großen Hauſe zum Beſitz eines geiſtli-
chen Landes koͤmmt, kann ſich vielleicht einige
Maͤßigung hierin wahrnehmen laßen. Iſt aber,
wie doch gemeiniglich der Fall iſt, der Fuͤrſt ſelbſt
von adelicher Herkunft; ſo laͤßt ſich auch von ſelb-
ſten wohl nicht anders erwarten, als daß dieje-
nigen Familien, die das Gluͤck haben, des Fuͤrſten
Bruͤder, Schwaͤger, Vettern u. ſ. w. unter den
ihrigen zu zehlen, nicht unterlaßen werden, die
Gunſt des Fuͤrſten auf alle moͤgliche Weiſe zu
benutzen, auch anderen das nahe Verhaͤltniß, wor-
in ſie zum Fuͤrſtenthrone ſtehen, allenfalls wohl
fuͤhlbar zu machen.


VII.

Sieht man alſo unſere geiſtliche Stiftungen
von der Seite an, wie ſie zur Verſorgung ſol-
cher Herren von Adel, die nicht zu Stammhal-
tern ihres Hauſes beſtimmt ſind, und zur Auf-
nahme ihrer Geſchlechter dienen ſollen; ſo wird

dieſe
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[176/0218] VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657. deren Gelegenheit ſelbſt nicht iſt, ſolche Stellen zu bekleiden, da bringt doch die Verbindung, worin gemeiniglich nur der ſtiftsmaͤßige Adel in ſolchen Laͤndern durch Familienverhaͤltniſſe mit Domherren oder ſelbſt mit dem regierenden Fuͤrſten ſtehet, na- tuͤrlicher Weiſe das mit ſich, daß außer dem Dom- capitel der geſammte Adel auf alle Vortheile im Lande den vorzuͤglichſten Anſpruch machen kann. Wenn Auslaͤndern, die Teutſchland naͤher kennen lernen, die Vorzuͤge, die der Teutſche Adel an den meiſten Hoͤfen genießt, auffallend vorkommen; ſo ſind ſie doch nirgend ſo ausgezeichnet, als in den meiſten geiſtlichen Laͤndern. Nur alsdann, wenn etwa einmal ein Prinz von einem großen Hauſe zum Beſitz eines geiſtli- chen Landes koͤmmt, kann ſich vielleicht einige Maͤßigung hierin wahrnehmen laßen. Iſt aber, wie doch gemeiniglich der Fall iſt, der Fuͤrſt ſelbſt von adelicher Herkunft; ſo laͤßt ſich auch von ſelb- ſten wohl nicht anders erwarten, als daß dieje- nigen Familien, die das Gluͤck haben, des Fuͤrſten Bruͤder, Schwaͤger, Vettern u. ſ. w. unter den ihrigen zu zehlen, nicht unterlaßen werden, die Gunſt des Fuͤrſten auf alle moͤgliche Weiſe zu benutzen, auch anderen das nahe Verhaͤltniß, wor- in ſie zum Fuͤrſtenthrone ſtehen, allenfalls wohl fuͤhlbar zu machen. Sieht man alſo unſere geiſtliche Stiftungen von der Seite an, wie ſie zur Verſorgung ſol- cher Herren von Adel, die nicht zu Stammhal- tern ihres Hauſes beſtimmt ſind, und zur Auf- nahme ihrer Geſchlechter dienen ſollen; ſo wird dieſe

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/218>, abgerufen am 02.05.2024.