absolute monarchische Gewalt haben müße, wie wir sie bey den Königen in Dänemark, Frankreich und anderen wahrnehmen; sondern er bleibt ein Monarch, wenn er gleich eben so wenig ohne Be- willigung des Reichstages, als ein König in Groß- britannien ohne Zuziehung des Parlaments, die dahin gehörigen Geschäffte vornehmen kann, und wenn er gleich nicht, wie andere Könige, seinen Thron erblich, sondern eben, wie der König in Polen, aus freyer Wahl besitzt.
Betrachten wir aber diesen zusammengesetztenVII. Staatskörper mit einem davon unzertrennlichen Blicke auf seine besondere Theile; so zeigt sich offenbar eine weit größere Aehnlichkeit mit den ver- einigten Niederländischen, Helvetischen und Nord- americanischen Staaten, als mit anderen bloß ein- fachmonarchischen Reichen. Von jenen bleibt frey- lich allezeit das unterscheidende Merkzeichen übrig, daß wir nicht bloß unter einem Congresse, oder unter gewissen Generalstaaten, sondern noch immer unter einem monarchischen, aber mit keiner unbe- schränkten Gewalt versehenen, sondern meist an reichsständische Einwilligung gebundenen gemeinsa- men höchsten Oberhaupte vereiniget sind. Das hin- dert aber, so oft eine Rücksicht auf die einzelnen Theile in Betrachtung kömmt, jenen dritten Ver- gleichungspunct nicht, worin gedachte vereinigte Staaten mit der Verfassung des Teutschen Reichs, sofern es in lauter besondere Staaten vertheilet ist, verglichen werden können.
Jedes Churfürstenthum, jedes Fürstenthum,VIII. jede Grafschaft, jede Reichsstadt, jedes noch so
klei-
P. Entw. d. Staatsverf. Th.II. L
1) Verfaſſ. des T. Reichs uͤberh.
abſolute monarchiſche Gewalt haben muͤße, wie wir ſie bey den Koͤnigen in Daͤnemark, Frankreich und anderen wahrnehmen; ſondern er bleibt ein Monarch, wenn er gleich eben ſo wenig ohne Be- willigung des Reichstages, als ein Koͤnig in Groß- britannien ohne Zuziehung des Parlaments, die dahin gehoͤrigen Geſchaͤffte vornehmen kann, und wenn er gleich nicht, wie andere Koͤnige, ſeinen Thron erblich, ſondern eben, wie der Koͤnig in Polen, aus freyer Wahl beſitzt.
Betrachten wir aber dieſen zuſammengeſetztenVII. Staatskoͤrper mit einem davon unzertrennlichen Blicke auf ſeine beſondere Theile; ſo zeigt ſich offenbar eine weit groͤßere Aehnlichkeit mit den ver- einigten Niederlaͤndiſchen, Helvetiſchen und Nord- americaniſchen Staaten, als mit anderen bloß ein- fachmonarchiſchen Reichen. Von jenen bleibt frey- lich allezeit das unterſcheidende Merkzeichen uͤbrig, daß wir nicht bloß unter einem Congreſſe, oder unter gewiſſen Generalſtaaten, ſondern noch immer unter einem monarchiſchen, aber mit keiner unbe- ſchraͤnkten Gewalt verſehenen, ſondern meiſt an reichsſtaͤndiſche Einwilligung gebundenen gemeinſa- men hoͤchſten Oberhaupte vereiniget ſind. Das hin- dert aber, ſo oft eine Ruͤckſicht auf die einzelnen Theile in Betrachtung koͤmmt, jenen dritten Ver- gleichungspunct nicht, worin gedachte vereinigte Staaten mit der Verfaſſung des Teutſchen Reichs, ſofern es in lauter beſondere Staaten vertheilet iſt, verglichen werden koͤnnen.
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[161/0203]
1) Verfaſſ. des T. Reichs uͤberh.
abſolute monarchiſche Gewalt haben muͤße, wie
wir ſie bey den Koͤnigen in Daͤnemark, Frankreich
und anderen wahrnehmen; ſondern er bleibt ein
Monarch, wenn er gleich eben ſo wenig ohne Be-
willigung des Reichstages, als ein Koͤnig in Groß-
britannien ohne Zuziehung des Parlaments, die
dahin gehoͤrigen Geſchaͤffte vornehmen kann, und
wenn er gleich nicht, wie andere Koͤnige, ſeinen
Thron erblich, ſondern eben, wie der Koͤnig in
Polen, aus freyer Wahl beſitzt.
Betrachten wir aber dieſen zuſammengeſetzten
Staatskoͤrper mit einem davon unzertrennlichen
Blicke auf ſeine beſondere Theile; ſo zeigt ſich
offenbar eine weit groͤßere Aehnlichkeit mit den ver-
einigten Niederlaͤndiſchen, Helvetiſchen und Nord-
americaniſchen Staaten, als mit anderen bloß ein-
fachmonarchiſchen Reichen. Von jenen bleibt frey-
lich allezeit das unterſcheidende Merkzeichen uͤbrig,
daß wir nicht bloß unter einem Congreſſe, oder
unter gewiſſen Generalſtaaten, ſondern noch immer
unter einem monarchiſchen, aber mit keiner unbe-
ſchraͤnkten Gewalt verſehenen, ſondern meiſt an
reichsſtaͤndiſche Einwilligung gebundenen gemeinſa-
men hoͤchſten Oberhaupte vereiniget ſind. Das hin-
dert aber, ſo oft eine Ruͤckſicht auf die einzelnen
Theile in Betrachtung koͤmmt, jenen dritten Ver-
gleichungspunct nicht, worin gedachte vereinigte
Staaten mit der Verfaſſung des Teutſchen Reichs,
ſofern es in lauter beſondere Staaten vertheilet iſt,
verglichen werden koͤnnen.
VII.
Jedes Churfuͤrſtenthum, jedes Fuͤrſtenthum,
jede Grafſchaft, jede Reichsſtadt, jedes noch ſo
klei-
VIII.
P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. L
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/203>, abgerufen am 16.02.2025.
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