Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

VII. Neuere Zeit. Westph. Fr. 1648.
beynahe bis zur Würklichkeit gebracht hat. Allein
wer würde dabey gewinnen! -- und wer anders
verliehren, als zuverläßig beide Theile! -- Und
was folgt daraus? -- was anders, als daß beide
Theile Ursache haben, den Westphälischen Frieden,
der einmal so viel Blut gekostet hat, und für ganz
Teutschland so theuer zu stehen gekommen ist,
von allen Seiten heilig und unverbrüchlich zu hal-
ten, -- auch schon von weitem zu meiden, was
nur zum Fall der eintretenden Gewährleistung füh-
ren könnte, -- also brüderlich als Mitglieder eines
Staats mit einander zu leben -- oder doch nie
außer Acht zu laßen, daß ein Schwerdt das an-
dere in der Scheide erhalten möge!)


XIV.

Unmittelbar, nachdem der Friede sowohl zu
Münster als Osnabrück am 14. (24.) Oct. 1648.
gezeichnet war, zeigten sich schon trübe Aussich-
ten, ob er auch jemals zur Vollziehung gelangen
würde. Das verabredete kaiserliche Edict ward
zwar unterm 7. Nov. 1648. ins Reich erlaßen.
Allein an statt der acht Wochen, binnen welchen
die Ratification erfolgen sollte, vergiengen über
drey Monathe, ohne daß es dazu kam; es geschah
kein Schritt zu Befolgung dessen, was im Edict
befohlen war; man hörte von nichts als Wider-
sprüchen und Schwierigkeiten, die sich von allen
Enden und Orten hervorthaten. Die Kriegsvöl-
ker blieben noch, wo sie waren; der ihnen vor-
behaltene Unterhalt verursachte noch tägliche Er-
pressungen großer Geldsummen. Auch die Con-
gresse zu Münster und Osnabrück konnten noch
nicht geendigt werden. Was würde erst geschehen
seyn, wenn nicht in Abfassung des Friedens schon

zum

VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
beynahe bis zur Wuͤrklichkeit gebracht hat. Allein
wer wuͤrde dabey gewinnen! — und wer anders
verliehren, als zuverlaͤßig beide Theile! — Und
was folgt daraus? — was anders, als daß beide
Theile Urſache haben, den Weſtphaͤliſchen Frieden,
der einmal ſo viel Blut gekoſtet hat, und fuͤr ganz
Teutſchland ſo theuer zu ſtehen gekommen iſt,
von allen Seiten heilig und unverbruͤchlich zu hal-
ten, — auch ſchon von weitem zu meiden, was
nur zum Fall der eintretenden Gewaͤhrleiſtung fuͤh-
ren koͤnnte, — alſo bruͤderlich als Mitglieder eines
Staats mit einander zu leben — oder doch nie
außer Acht zu laßen, daß ein Schwerdt das an-
dere in der Scheide erhalten moͤge!)


XIV.

Unmittelbar, nachdem der Friede ſowohl zu
Muͤnſter als Osnabruͤck am 14. (24.) Oct. 1648.
gezeichnet war, zeigten ſich ſchon truͤbe Ausſich-
ten, ob er auch jemals zur Vollziehung gelangen
wuͤrde. Das verabredete kaiſerliche Edict ward
zwar unterm 7. Nov. 1648. ins Reich erlaßen.
Allein an ſtatt der acht Wochen, binnen welchen
die Ratification erfolgen ſollte, vergiengen uͤber
drey Monathe, ohne daß es dazu kam; es geſchah
kein Schritt zu Befolgung deſſen, was im Edict
befohlen war; man hoͤrte von nichts als Wider-
ſpruͤchen und Schwierigkeiten, die ſich von allen
Enden und Orten hervorthaten. Die Kriegsvoͤl-
ker blieben noch, wo ſie waren; der ihnen vor-
behaltene Unterhalt verurſachte noch taͤgliche Er-
preſſungen großer Geldſummen. Auch die Con-
greſſe zu Muͤnſter und Osnabruͤck konnten noch
nicht geendigt werden. Was wuͤrde erſt geſchehen
ſeyn, wenn nicht in Abfaſſung des Friedens ſchon

zum
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0190" n="148"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VII.</hi> Neuere Zeit. We&#x017F;tph. Fr. 1648.</hi></fw><lb/>
beynahe bis zur Wu&#x0364;rklichkeit gebracht hat. Allein<lb/>
wer wu&#x0364;rde dabey gewinnen! &#x2014; und wer anders<lb/>
verliehren, als zuverla&#x0364;ßig beide Theile! &#x2014; Und<lb/>
was folgt daraus? &#x2014; was anders, als daß beide<lb/>
Theile Ur&#x017F;ache haben, den We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Frieden,<lb/>
der einmal &#x017F;o viel Blut geko&#x017F;tet hat, und fu&#x0364;r ganz<lb/>
Teut&#x017F;chland &#x017F;o theuer zu &#x017F;tehen gekommen i&#x017F;t,<lb/>
von allen Seiten heilig und unverbru&#x0364;chlich zu hal-<lb/>
ten, &#x2014; auch &#x017F;chon von weitem zu meiden, was<lb/>
nur zum Fall der eintretenden Gewa&#x0364;hrlei&#x017F;tung fu&#x0364;h-<lb/>
ren ko&#x0364;nnte, &#x2014; al&#x017F;o bru&#x0364;derlich als Mitglieder eines<lb/>
Staats mit einander zu leben &#x2014; oder doch nie<lb/>
außer Acht zu laßen, daß ein Schwerdt das an-<lb/>
dere in der Scheide erhalten mo&#x0364;ge!)</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">XIV.</hi> </note>
          <p>Unmittelbar, nachdem der Friede &#x017F;owohl zu<lb/>
Mu&#x0364;n&#x017F;ter als Osnabru&#x0364;ck am 14. (24.) Oct. 1648.<lb/>
gezeichnet war, zeigten &#x017F;ich &#x017F;chon tru&#x0364;be Aus&#x017F;ich-<lb/>
ten, ob er auch jemals zur Vollziehung gelangen<lb/>
wu&#x0364;rde. Das verabredete <hi rendition="#fr">kai&#x017F;erliche Edict</hi> ward<lb/>
zwar unterm 7. Nov. 1648. ins Reich erlaßen.<lb/>
Allein an &#x017F;tatt der acht Wochen, binnen welchen<lb/>
die Ratification erfolgen &#x017F;ollte, vergiengen u&#x0364;ber<lb/>
drey Monathe, ohne daß es dazu kam; es ge&#x017F;chah<lb/>
kein Schritt zu Befolgung de&#x017F;&#x017F;en, was im Edict<lb/>
befohlen war; man ho&#x0364;rte von nichts als Wider-<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;chen und Schwierigkeiten, die &#x017F;ich von allen<lb/>
Enden und Orten hervorthaten. Die Kriegsvo&#x0364;l-<lb/>
ker blieben noch, wo &#x017F;ie waren; der ihnen vor-<lb/>
behaltene Unterhalt verur&#x017F;achte noch ta&#x0364;gliche Er-<lb/>
pre&#x017F;&#x017F;ungen großer Geld&#x017F;ummen. Auch die Con-<lb/>
gre&#x017F;&#x017F;e zu Mu&#x0364;n&#x017F;ter und Osnabru&#x0364;ck konnten noch<lb/>
nicht geendigt werden. Was wu&#x0364;rde er&#x017F;t ge&#x017F;chehen<lb/>
&#x017F;eyn, wenn nicht in Abfa&#x017F;&#x017F;ung des Friedens &#x017F;chon<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zum</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0190] VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648. beynahe bis zur Wuͤrklichkeit gebracht hat. Allein wer wuͤrde dabey gewinnen! — und wer anders verliehren, als zuverlaͤßig beide Theile! — Und was folgt daraus? — was anders, als daß beide Theile Urſache haben, den Weſtphaͤliſchen Frieden, der einmal ſo viel Blut gekoſtet hat, und fuͤr ganz Teutſchland ſo theuer zu ſtehen gekommen iſt, von allen Seiten heilig und unverbruͤchlich zu hal- ten, — auch ſchon von weitem zu meiden, was nur zum Fall der eintretenden Gewaͤhrleiſtung fuͤh- ren koͤnnte, — alſo bruͤderlich als Mitglieder eines Staats mit einander zu leben — oder doch nie außer Acht zu laßen, daß ein Schwerdt das an- dere in der Scheide erhalten moͤge!) Unmittelbar, nachdem der Friede ſowohl zu Muͤnſter als Osnabruͤck am 14. (24.) Oct. 1648. gezeichnet war, zeigten ſich ſchon truͤbe Ausſich- ten, ob er auch jemals zur Vollziehung gelangen wuͤrde. Das verabredete kaiſerliche Edict ward zwar unterm 7. Nov. 1648. ins Reich erlaßen. Allein an ſtatt der acht Wochen, binnen welchen die Ratification erfolgen ſollte, vergiengen uͤber drey Monathe, ohne daß es dazu kam; es geſchah kein Schritt zu Befolgung deſſen, was im Edict befohlen war; man hoͤrte von nichts als Wider- ſpruͤchen und Schwierigkeiten, die ſich von allen Enden und Orten hervorthaten. Die Kriegsvoͤl- ker blieben noch, wo ſie waren; der ihnen vor- behaltene Unterhalt verurſachte noch taͤgliche Er- preſſungen großer Geldſummen. Auch die Con- greſſe zu Muͤnſter und Osnabruͤck konnten noch nicht geendigt werden. Was wuͤrde erſt geſchehen ſeyn, wenn nicht in Abfaſſung des Friedens ſchon zum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/190
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/190>, abgerufen am 07.05.2024.