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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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9) Sachen an Reichst. verwiesen.
und nach deren Entscheidung sich richtete (e);
weit entfernt, daß er alleine hätte unternehmen
sollen, nach seinem Gutfinden zu bestimmen, ob
und welche Materien jedesmal zur Berathschlagung
gebracht werden sollten?

In der That sah man das Directorium mehrXV.
für eine mit Mühe verknüpfte Dienstleistung an,
als für einen Vorzug von der Art, wie er sich
nur in ungleichen Verhältnissen über Untergeord-
nete oder Subalternen gedenken läßt. Wo chur-
fürstliche Versammlungen nur durch Gesandten
beschickt wurden, und Churmainz gemeiniglich mehr
als einen Gesandten schickte; da war der erste
Gesandte ordentlicher Weise nur zum eigentlichen
Repräsentiren und Stimmen angewiesen; der
zweyte oder letzte im Range, der gewöhnlich zu
Mainz die Canzlerstelle bekleidete, meist ein Ge-
lehrter von Profession, wenn die ersten Gesandt-

schafts-
(e) So kam z. B. in den Wahlhandlungen
des Kaiser Matthias folgendes vor: Den 19. May
1612. -- "hat man sich verglichen, auf Morgen,
"geliebt es Gott, früh um 7. Uhr wieder im Ra-
"the zu seyn. -- Den 20. May. -- Als man
"gestrigem genommenen Verlaß nach früh um 7. Uhr
"wieder im Rathe zusammengekommen, hat Mainz
"zu vorstehender Deliberation nachfolgenden Ein-
"gang gemacht: Dieweil man gestern die -- Ca-
"pitulation zu verlesen angefangen, -- stellten Se.
"churfürstliche Gnaden zu Dero Mitchurfürsten
"freundlicher Beliebung, ob man in solcher Ver-
"lesung continuiren -- wolle? Das ist also von
"den sämmtlichen Herren Churfürsten approbirt,
"und darauf fortgelesen worden" etc. Mosers
Anmerk. zur Wahlcap. K. Franz, Anh. 2. S. 420.
J 2

9) Sachen an Reichst. verwieſen.
und nach deren Entſcheidung ſich richtete (e);
weit entfernt, daß er alleine haͤtte unternehmen
ſollen, nach ſeinem Gutfinden zu beſtimmen, ob
und welche Materien jedesmal zur Berathſchlagung
gebracht werden ſollten?

In der That ſah man das Directorium mehrXV.
fuͤr eine mit Muͤhe verknuͤpfte Dienſtleiſtung an,
als fuͤr einen Vorzug von der Art, wie er ſich
nur in ungleichen Verhaͤltniſſen uͤber Untergeord-
nete oder Subalternen gedenken laͤßt. Wo chur-
fuͤrſtliche Verſammlungen nur durch Geſandten
beſchickt wurden, und Churmainz gemeiniglich mehr
als einen Geſandten ſchickte; da war der erſte
Geſandte ordentlicher Weiſe nur zum eigentlichen
Repraͤſentiren und Stimmen angewieſen; der
zweyte oder letzte im Range, der gewoͤhnlich zu
Mainz die Canzlerſtelle bekleidete, meiſt ein Ge-
lehrter von Profeſſion, wenn die erſten Geſandt-

ſchafts-
(e) So kam z. B. in den Wahlhandlungen
des Kaiſer Matthias folgendes vor: Den 19. May
1612. — ”hat man ſich verglichen, auf Morgen,
„geliebt es Gott, fruͤh um 7. Uhr wieder im Ra-
„the zu ſeyn. — Den 20. May. — Als man
„geſtrigem genommenen Verlaß nach fruͤh um 7. Uhr
„wieder im Rathe zuſammengekommen, hat Mainz
„zu vorſtehender Deliberation nachfolgenden Ein-
„gang gemacht: Dieweil man geſtern die — Ca-
„pitulation zu verleſen angefangen, — ſtellten Se.
„churfuͤrſtliche Gnaden zu Dero Mitchurfuͤrſten
„freundlicher Beliebung, ob man in ſolcher Ver-
„leſung continuiren — wolle? Das iſt alſo von
„den ſaͤmmtlichen Herren Churfuͤrſten approbirt,
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Anmerk. zur Wahlcap. K. Franz, Anh. 2. S. 420.
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[131/0173] 9) Sachen an Reichst. verwieſen. und nach deren Entſcheidung ſich richtete (e); weit entfernt, daß er alleine haͤtte unternehmen ſollen, nach ſeinem Gutfinden zu beſtimmen, ob und welche Materien jedesmal zur Berathſchlagung gebracht werden ſollten? In der That ſah man das Directorium mehr fuͤr eine mit Muͤhe verknuͤpfte Dienſtleiſtung an, als fuͤr einen Vorzug von der Art, wie er ſich nur in ungleichen Verhaͤltniſſen uͤber Untergeord- nete oder Subalternen gedenken laͤßt. Wo chur- fuͤrſtliche Verſammlungen nur durch Geſandten beſchickt wurden, und Churmainz gemeiniglich mehr als einen Geſandten ſchickte; da war der erſte Geſandte ordentlicher Weiſe nur zum eigentlichen Repraͤſentiren und Stimmen angewieſen; der zweyte oder letzte im Range, der gewoͤhnlich zu Mainz die Canzlerſtelle bekleidete, meiſt ein Ge- lehrter von Profeſſion, wenn die erſten Geſandt- ſchafts- XV. (e) So kam z. B. in den Wahlhandlungen des Kaiſer Matthias folgendes vor: Den 19. May 1612. — ”hat man ſich verglichen, auf Morgen, „geliebt es Gott, fruͤh um 7. Uhr wieder im Ra- „the zu ſeyn. — Den 20. May. — Als man „geſtrigem genommenen Verlaß nach fruͤh um 7. Uhr „wieder im Rathe zuſammengekommen, hat Mainz „zu vorſtehender Deliberation nachfolgenden Ein- „gang gemacht: Dieweil man geſtern die — Ca- „pitulation zu verleſen angefangen, — ſtellten Se. „churfuͤrſtliche Gnaden zu Dero Mitchurfuͤrſten „freundlicher Beliebung, ob man in ſolcher Ver- „leſung continuiren — wolle? Das iſt alſo von „den ſaͤmmtlichen Herren Churfuͤrſten approbirt, „und darauf fortgeleſen worden” ꝛc. Moſers Anmerk. zur Wahlcap. K. Franz, Anh. 2. S. 420. J 2

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/173>, abgerufen am 07.05.2024.