Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

8) Reichsgerichte überhaupt.
derholte, und insonderheit in der von 1548. und
1555. sie wohlbedächtlich ausließ. Wenn die
Verfasser des Westphälischen Friedens in dieser
Stelle die Absicht gehabt hätten, nunmehr den-
noch jene entscheidende Stimme des Cammerrich-
ters von neuem in Gang zu bringen, würden sie
sich ganz anders erkläret haben.

Eine Schwierigkeit liegt zwar noch darin, daßV.
die Cammergerichtsordnung vom Jahre 1555. ein
weitläuftiges Werk ist, das aus drey Theilen be-
stehet, wovon der erste 86., der andere 36., der
dritte 55. Titel, und jeder Titel wieder mehrere
Paragraphen hat. Hier hätte billig genau ange-
zeigt werden sollen, welcher Paragraph, aus wel-
chem Titel, in welchem Buche, eigentlich gemey-
net sey. Vermuthlich hat derjenige, der hier die
Feder geführet hat, einige dunkele Erinnerung ge-
habt, einmal etwas hieher gehöriges in der Cam-
mergerichtsordnung gelesen zu haben; hat sich
aber nicht die Mühe gegeben, erst nachzuschlagen.
Sonst würde er vielleicht veranlaßt haben, die
Sache etwas bestimmter zu fassen, da in der
Cammergerichtsordnung weiter nichts stehet, als
daß man in vollem Rathe sich eines Urtheils ver-
gleichen solle. Möchte es doch nur der einzige
Fall seyn, daß unsere Reichsgesetze nur so ins all-
gemeine angeführet würden, oder möchte doch die-
ses Beyspiel in allen ähnlichen Fällen zur War-
nung dienen!

In der Reichshofrathsordnung ist zwar demVI.
Präsidenten eine entscheidende Stimme beygelegt
worden. Aber Reichshofrathspräsidenten sind ge-

mei-

8) Reichsgerichte uͤberhaupt.
derholte, und inſonderheit in der von 1548. und
1555. ſie wohlbedaͤchtlich ausließ. Wenn die
Verfaſſer des Weſtphaͤliſchen Friedens in dieſer
Stelle die Abſicht gehabt haͤtten, nunmehr den-
noch jene entſcheidende Stimme des Cammerrich-
ters von neuem in Gang zu bringen, wuͤrden ſie
ſich ganz anders erklaͤret haben.

Eine Schwierigkeit liegt zwar noch darin, daßV.
die Cammergerichtsordnung vom Jahre 1555. ein
weitlaͤuftiges Werk iſt, das aus drey Theilen be-
ſtehet, wovon der erſte 86., der andere 36., der
dritte 55. Titel, und jeder Titel wieder mehrere
Paragraphen hat. Hier haͤtte billig genau ange-
zeigt werden ſollen, welcher Paragraph, aus wel-
chem Titel, in welchem Buche, eigentlich gemey-
net ſey. Vermuthlich hat derjenige, der hier die
Feder gefuͤhret hat, einige dunkele Erinnerung ge-
habt, einmal etwas hieher gehoͤriges in der Cam-
mergerichtsordnung geleſen zu haben; hat ſich
aber nicht die Muͤhe gegeben, erſt nachzuſchlagen.
Sonſt wuͤrde er vielleicht veranlaßt haben, die
Sache etwas beſtimmter zu faſſen, da in der
Cammergerichtsordnung weiter nichts ſtehet, als
daß man in vollem Rathe ſich eines Urtheils ver-
gleichen ſolle. Moͤchte es doch nur der einzige
Fall ſeyn, daß unſere Reichsgeſetze nur ſo ins all-
gemeine angefuͤhret wuͤrden, oder moͤchte doch die-
ſes Beyſpiel in allen aͤhnlichen Faͤllen zur War-
nung dienen!

In der Reichshofrathsordnung iſt zwar demVI.
Praͤſidenten eine entſcheidende Stimme beygelegt
worden. Aber Reichshofrathspraͤſidenten ſind ge-

mei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0149" n="107"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">8) Reichsgerichte u&#x0364;berhaupt.</hi></fw><lb/>
derholte, und in&#x017F;onderheit in der von 1548. und<lb/>
1555. &#x017F;ie wohlbeda&#x0364;chtlich ausließ. Wenn die<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;er des We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Friedens in die&#x017F;er<lb/>
Stelle die Ab&#x017F;icht gehabt ha&#x0364;tten, nunmehr den-<lb/>
noch jene ent&#x017F;cheidende Stimme des Cammerrich-<lb/>
ters von neuem in Gang zu bringen, wu&#x0364;rden &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich ganz anders erkla&#x0364;ret haben.</p><lb/>
          <p>Eine Schwierigkeit liegt zwar noch darin, daß<note place="right"><hi rendition="#aq">V.</hi></note><lb/>
die Cammergerichtsordnung vom Jahre 1555. ein<lb/>
weitla&#x0364;uftiges Werk i&#x017F;t, das aus drey Theilen be-<lb/>
&#x017F;tehet, wovon der er&#x017F;te 86., der andere 36., der<lb/>
dritte 55. Titel, und jeder Titel wieder mehrere<lb/>
Paragraphen hat. Hier ha&#x0364;tte billig genau ange-<lb/>
zeigt werden &#x017F;ollen, welcher Paragraph, aus wel-<lb/>
chem Titel, in welchem Buche, eigentlich gemey-<lb/>
net &#x017F;ey. Vermuthlich hat derjenige, der hier die<lb/>
Feder gefu&#x0364;hret hat, einige dunkele Erinnerung ge-<lb/>
habt, einmal etwas hieher geho&#x0364;riges in der Cam-<lb/>
mergerichtsordnung gele&#x017F;en zu haben; hat &#x017F;ich<lb/>
aber nicht die Mu&#x0364;he gegeben, er&#x017F;t nachzu&#x017F;chlagen.<lb/>
Son&#x017F;t wu&#x0364;rde er vielleicht veranlaßt haben, die<lb/>
Sache etwas be&#x017F;timmter zu fa&#x017F;&#x017F;en, da in der<lb/>
Cammergerichtsordnung weiter nichts &#x017F;tehet, als<lb/>
daß man in vollem Rathe &#x017F;ich eines Urtheils ver-<lb/>
gleichen &#x017F;olle. Mo&#x0364;chte es doch nur der einzige<lb/>
Fall &#x017F;eyn, daß un&#x017F;ere Reichsge&#x017F;etze nur &#x017F;o ins all-<lb/>
gemeine angefu&#x0364;hret wu&#x0364;rden, oder mo&#x0364;chte doch die-<lb/>
&#x017F;es Bey&#x017F;piel in allen a&#x0364;hnlichen Fa&#x0364;llen zur War-<lb/>
nung dienen!</p><lb/>
          <p>In der Reichshofrathsordnung i&#x017F;t zwar dem<note place="right"><hi rendition="#aq">VI.</hi></note><lb/>
Pra&#x0364;&#x017F;identen eine ent&#x017F;cheidende Stimme beygelegt<lb/>
worden. Aber Reichshofrathspra&#x0364;&#x017F;identen &#x017F;ind ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0149] 8) Reichsgerichte uͤberhaupt. derholte, und inſonderheit in der von 1548. und 1555. ſie wohlbedaͤchtlich ausließ. Wenn die Verfaſſer des Weſtphaͤliſchen Friedens in dieſer Stelle die Abſicht gehabt haͤtten, nunmehr den- noch jene entſcheidende Stimme des Cammerrich- ters von neuem in Gang zu bringen, wuͤrden ſie ſich ganz anders erklaͤret haben. Eine Schwierigkeit liegt zwar noch darin, daß die Cammergerichtsordnung vom Jahre 1555. ein weitlaͤuftiges Werk iſt, das aus drey Theilen be- ſtehet, wovon der erſte 86., der andere 36., der dritte 55. Titel, und jeder Titel wieder mehrere Paragraphen hat. Hier haͤtte billig genau ange- zeigt werden ſollen, welcher Paragraph, aus wel- chem Titel, in welchem Buche, eigentlich gemey- net ſey. Vermuthlich hat derjenige, der hier die Feder gefuͤhret hat, einige dunkele Erinnerung ge- habt, einmal etwas hieher gehoͤriges in der Cam- mergerichtsordnung geleſen zu haben; hat ſich aber nicht die Muͤhe gegeben, erſt nachzuſchlagen. Sonſt wuͤrde er vielleicht veranlaßt haben, die Sache etwas beſtimmter zu faſſen, da in der Cammergerichtsordnung weiter nichts ſtehet, als daß man in vollem Rathe ſich eines Urtheils ver- gleichen ſolle. Moͤchte es doch nur der einzige Fall ſeyn, daß unſere Reichsgeſetze nur ſo ins all- gemeine angefuͤhret wuͤrden, oder moͤchte doch die- ſes Beyſpiel in allen aͤhnlichen Faͤllen zur War- nung dienen! V. In der Reichshofrathsordnung iſt zwar dem Praͤſidenten eine entſcheidende Stimme beygelegt worden. Aber Reichshofrathspraͤſidenten ſind ge- mei- VI.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/149
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/149>, abgerufen am 06.05.2024.