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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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8) Reichsgerichte überhaupt.
über den Verstand der Reichsgesetze ein Zweifel ein-
trete, der einer authentischen Erklärung bedürfe;
und zweytens, wenn in Rechtssachen solcher Par-
theyen, in Ansehung deren die Religionsgleichheit
zu beobachten wäre, eine Verschiedenheit der Mey-
nungen unter beiderley Religionen gleicher Anzahl
Stimmen sich hervorthäte, so daß alle catholische
Stimmen einer, alle evangelische einer andern
Meynung wären. Sachen anderer Partheyen,
oder wenn die Stimmen zwar in der Anzahl gleich,
aber von beiden Religionsseiten untermischt wären,
sollten nach der Cammergerichtsordnung abgethan
werden.

Ueber diese Stelle des Westphälischen FriedensIII.
sind in der Folge verschiedene Anstände erwachsen.
Zuverläßig ist es, daß, so oft in neueren Gesetzen
die Cammergerichtsordnung angeführt wird, keine
andere als die vom Jahre 1555. gemeynt ist. Alle
vorige sind selbst in derselben aufgehoben, sofern ihr
Inhalt nicht darin wiederholet worden. Wenn
also eine Stelle aus einer der älteren Cammerge-
richtsordnungen durch ein neueres Reichsgesetz
wieder hergestellt werden sollte; so würde dasselbe
unfehlbar zugleich ganz eigentlich bestimmen, was
für eine ältere Cammergerichtsordnung, ob die von
1495. oder die von 1500. 1521. u. s. w. gemeynt
sey, daß man sie herstellen wolle. Man kann
daher unmöglich annehmen, daß in dieser Stelle
des Westphälischen Friedens, wo die Cammerge-
richtsordnung überhaupt ohne Beyfügung einer
Jahrzahl oder andern nähern Bestimmung ange-
führt wird, darunter gerade die erste Cammerge-

richts-
G 5

8) Reichsgerichte uͤberhaupt.
uͤber den Verſtand der Reichsgeſetze ein Zweifel ein-
trete, der einer authentiſchen Erklaͤrung beduͤrfe;
und zweytens, wenn in Rechtsſachen ſolcher Par-
theyen, in Anſehung deren die Religionsgleichheit
zu beobachten waͤre, eine Verſchiedenheit der Mey-
nungen unter beiderley Religionen gleicher Anzahl
Stimmen ſich hervorthaͤte, ſo daß alle catholiſche
Stimmen einer, alle evangeliſche einer andern
Meynung waͤren. Sachen anderer Partheyen,
oder wenn die Stimmen zwar in der Anzahl gleich,
aber von beiden Religionsſeiten untermiſcht waͤren,
ſollten nach der Cammergerichtsordnung abgethan
werden.

Ueber dieſe Stelle des Weſtphaͤliſchen FriedensIII.
ſind in der Folge verſchiedene Anſtaͤnde erwachſen.
Zuverlaͤßig iſt es, daß, ſo oft in neueren Geſetzen
die Cammergerichtsordnung angefuͤhrt wird, keine
andere als die vom Jahre 1555. gemeynt iſt. Alle
vorige ſind ſelbſt in derſelben aufgehoben, ſofern ihr
Inhalt nicht darin wiederholet worden. Wenn
alſo eine Stelle aus einer der aͤlteren Cammerge-
richtsordnungen durch ein neueres Reichsgeſetz
wieder hergeſtellt werden ſollte; ſo wuͤrde daſſelbe
unfehlbar zugleich ganz eigentlich beſtimmen, was
fuͤr eine aͤltere Cammergerichtsordnung, ob die von
1495. oder die von 1500. 1521. u. ſ. w. gemeynt
ſey, daß man ſie herſtellen wolle. Man kann
daher unmoͤglich annehmen, daß in dieſer Stelle
des Weſtphaͤliſchen Friedens, wo die Cammerge-
richtsordnung uͤberhaupt ohne Beyfuͤgung einer
Jahrzahl oder andern naͤhern Beſtimmung ange-
fuͤhrt wird, darunter gerade die erſte Cammerge-

richts-
G 5
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[105/0147] 8) Reichsgerichte uͤberhaupt. uͤber den Verſtand der Reichsgeſetze ein Zweifel ein- trete, der einer authentiſchen Erklaͤrung beduͤrfe; und zweytens, wenn in Rechtsſachen ſolcher Par- theyen, in Anſehung deren die Religionsgleichheit zu beobachten waͤre, eine Verſchiedenheit der Mey- nungen unter beiderley Religionen gleicher Anzahl Stimmen ſich hervorthaͤte, ſo daß alle catholiſche Stimmen einer, alle evangeliſche einer andern Meynung waͤren. Sachen anderer Partheyen, oder wenn die Stimmen zwar in der Anzahl gleich, aber von beiden Religionsſeiten untermiſcht waͤren, ſollten nach der Cammergerichtsordnung abgethan werden. Ueber dieſe Stelle des Weſtphaͤliſchen Friedens ſind in der Folge verſchiedene Anſtaͤnde erwachſen. Zuverlaͤßig iſt es, daß, ſo oft in neueren Geſetzen die Cammergerichtsordnung angefuͤhrt wird, keine andere als die vom Jahre 1555. gemeynt iſt. Alle vorige ſind ſelbſt in derſelben aufgehoben, ſofern ihr Inhalt nicht darin wiederholet worden. Wenn alſo eine Stelle aus einer der aͤlteren Cammerge- richtsordnungen durch ein neueres Reichsgeſetz wieder hergeſtellt werden ſollte; ſo wuͤrde daſſelbe unfehlbar zugleich ganz eigentlich beſtimmen, was fuͤr eine aͤltere Cammergerichtsordnung, ob die von 1495. oder die von 1500. 1521. u. ſ. w. gemeynt ſey, daß man ſie herſtellen wolle. Man kann daher unmoͤglich annehmen, daß in dieſer Stelle des Weſtphaͤliſchen Friedens, wo die Cammerge- richtsordnung uͤberhaupt ohne Beyfuͤgung einer Jahrzahl oder andern naͤhern Beſtimmung ange- fuͤhrt wird, darunter gerade die erſte Cammerge- richts- III. G 5

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/147>, abgerufen am 21.11.2024.