worfen war, in beide Friedensschlüsse eingerückt. Von dieser Zeit an hat nur noch darüber zu Zeiten Zweifel entstehen können, was unter den Ausdrücken: "Reichsgeschäffte -- und andere dergleichen Ge- schäffte -- oder irgend etwas ähnliches" -- noch begriffen seyn möchte, oder wie weit hingegen der Umfang der kaiserlichen Reservatrechte über gewisse Gegenstände mit Recht ausgedehnt werden könne; z. B. wenn die oberstrichterliche Gewalt ein kaiser- liches Reservatrecht ist, ob und wie weit bey einer Visitation des Cammergerichts der Kaiser für sich alleine zu Werke gehen, und diese oder jene Ver- fügungen erlaßen könne?
III.
Von der inneren Verfassung des Reichstags kam nur das zur Sprache, daß den Reichsstäd- ten sowohl auf der allgemeinen Reichsversamm- lung als in besonderen reichsständischen Zusammen- künften nicht minder als anderen Reichsständen ein entscheidendes Stimmrecht gebühren solle. Von der Zeit an, als zuerst eigne Abgeordnete der Reichsstädte bey den Reichsversammlungen erschienen waren, hatte man ihnen nur eine gut- achtliche, keine entscheidende Stimme (nur ein votum consultatiuum, kein decisiuum) zugeste- hen wollen. Schon unter Carl dem V. hatten die Reichsstädte gegen die übrigen Reichsstände darüber Klage erhoben. Jetzt erhielten sie im Frieden den Ausspruch zu ihrem Vortheile, daß sie unter der Benennung der Reichsstände immer mit begriffen seyen, und daß ihre Stimme mit den Stimmen der übrigen Stände von gleichem Werthe seyn sollte.
In
VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
worfen war, in beide Friedensſchluͤſſe eingeruͤckt. Von dieſer Zeit an hat nur noch daruͤber zu Zeiten Zweifel entſtehen koͤnnen, was unter den Ausdruͤcken: ”Reichsgeſchaͤffte — und andere dergleichen Ge- ſchaͤffte — oder irgend etwas aͤhnliches” — noch begriffen ſeyn moͤchte, oder wie weit hingegen der Umfang der kaiſerlichen Reſervatrechte uͤber gewiſſe Gegenſtaͤnde mit Recht ausgedehnt werden koͤnne; z. B. wenn die oberſtrichterliche Gewalt ein kaiſer- liches Reſervatrecht iſt, ob und wie weit bey einer Viſitation des Cammergerichts der Kaiſer fuͤr ſich alleine zu Werke gehen, und dieſe oder jene Ver- fuͤgungen erlaßen koͤnne?
III.
Von der inneren Verfaſſung des Reichstags kam nur das zur Sprache, daß den Reichsſtaͤd- ten ſowohl auf der allgemeinen Reichsverſamm- lung als in beſonderen reichsſtaͤndiſchen Zuſammen- kuͤnften nicht minder als anderen Reichsſtaͤnden ein entſcheidendes Stimmrecht gebuͤhren ſolle. Von der Zeit an, als zuerſt eigne Abgeordnete der Reichsſtaͤdte bey den Reichsverſammlungen erſchienen waren, hatte man ihnen nur eine gut- achtliche, keine entſcheidende Stimme (nur ein votum conſultatiuum, kein deciſiuum) zugeſte- hen wollen. Schon unter Carl dem V. hatten die Reichsſtaͤdte gegen die uͤbrigen Reichsſtaͤnde daruͤber Klage erhoben. Jetzt erhielten ſie im Frieden den Ausſpruch zu ihrem Vortheile, daß ſie unter der Benennung der Reichsſtaͤnde immer mit begriffen ſeyen, und daß ihre Stimme mit den Stimmen der uͤbrigen Staͤnde von gleichem Werthe ſeyn ſollte.
In
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VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
worfen war, in beide Friedensſchluͤſſe eingeruͤckt.
Von dieſer Zeit an hat nur noch daruͤber zu Zeiten
Zweifel entſtehen koͤnnen, was unter den Ausdruͤcken:
”Reichsgeſchaͤffte — und andere dergleichen Ge-
ſchaͤffte — oder irgend etwas aͤhnliches” — noch
begriffen ſeyn moͤchte, oder wie weit hingegen der
Umfang der kaiſerlichen Reſervatrechte uͤber gewiſſe
Gegenſtaͤnde mit Recht ausgedehnt werden koͤnne;
z. B. wenn die oberſtrichterliche Gewalt ein kaiſer-
liches Reſervatrecht iſt, ob und wie weit bey einer
Viſitation des Cammergerichts der Kaiſer fuͤr ſich
alleine zu Werke gehen, und dieſe oder jene Ver-
fuͤgungen erlaßen koͤnne?
Von der inneren Verfaſſung des Reichstags
kam nur das zur Sprache, daß den Reichsſtaͤd-
ten ſowohl auf der allgemeinen Reichsverſamm-
lung als in beſonderen reichsſtaͤndiſchen Zuſammen-
kuͤnften nicht minder als anderen Reichsſtaͤnden
ein entſcheidendes Stimmrecht gebuͤhren ſolle.
Von der Zeit an, als zuerſt eigne Abgeordnete
der Reichsſtaͤdte bey den Reichsverſammlungen
erſchienen waren, hatte man ihnen nur eine gut-
achtliche, keine entſcheidende Stimme (nur ein
votum conſultatiuum, kein deciſiuum) zugeſte-
hen wollen. Schon unter Carl dem V. hatten
die Reichsſtaͤdte gegen die uͤbrigen Reichsſtaͤnde
daruͤber Klage erhoben. Jetzt erhielten ſie im
Frieden den Ausſpruch zu ihrem Vortheile, daß
ſie unter der Benennung der Reichsſtaͤnde immer
mit begriffen ſeyen, und daß ihre Stimme mit
den Stimmen der uͤbrigen Staͤnde von gleichem
Werthe ſeyn ſollte.
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/130>, abgerufen am 16.02.2025.
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