über Reichsgeschäffte des freyen Stimmrechts sich zu erfreuen haben müßten; insonderheit wenn es darauf ankomme, Gesetze zu machen oder zu erklären, Krieg zu führen, Steuern aufzulegen, Werbungen oder Einquartierungen der Soldaten zu veranstalten, neue Festungen in der Stände Gebieten anzulegen, oder alte mit Besatzungen zu belegen, Frieden oder Bündnisse zu schließen, oder andere dergleichen Geschäffte vorzunehmen. Nichts dergleichen, noch irgend etwas ähnliches sollte künftig jemals geschehen oder zugelaßen wer- den, wenn nicht der Reichstag seine Einwilligung dazu gäbe, und allen Ständen die Freyheit ihrer Stimmen dabey gelaßen würde".
Vergeblich schlugen die kaiserlichen GesandtenII. vor, daß wenigstens noch eine Clausel hinzugefügt werden möchte, "daß alles doch nur mit Vorbe- halt der Rechte, die für den Kaiser alleine, oder doch nur für ihn und das churfürstliche Collegium alleine gehörten, und überhaupt nach alter Weise zu verstehen seyn solle." Da die Gesandten der beiden Kronen von dieser Aeußerung Gelegenheit nahmen, darauf anzutragen, daß der kaiserliche Hof allenfalls ein Verzeichniß der so genannten Reservatrechte, die dem Kaiser alleine zukämen, herausgeben möchte; fanden die kaiserlichen Mi- nister das doch auch bedenklich. Man würde vielleicht über verschiedene Rechte, ob sie zu den Reservaten gehörten, noch Streit erregt haben; und am Ende wäre dann die kaiserliche Gewalt nur auf einige namhaft gemachte einzelne Rechte beschränkt worden. So wurde also endlich jene Stelle völlig so, wie sie von beiden Kronen ent-
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6) Reichstag u. C. G.
uͤber Reichsgeſchaͤffte des freyen Stimmrechts ſich zu erfreuen haben muͤßten; inſonderheit wenn es darauf ankomme, Geſetze zu machen oder zu erklaͤren, Krieg zu fuͤhren, Steuern aufzulegen, Werbungen oder Einquartierungen der Soldaten zu veranſtalten, neue Feſtungen in der Staͤnde Gebieten anzulegen, oder alte mit Beſatzungen zu belegen, Frieden oder Buͤndniſſe zu ſchließen, oder andere dergleichen Geſchaͤffte vorzunehmen. Nichts dergleichen, noch irgend etwas aͤhnliches ſollte kuͤnftig jemals geſchehen oder zugelaßen wer- den, wenn nicht der Reichstag ſeine Einwilligung dazu gaͤbe, und allen Staͤnden die Freyheit ihrer Stimmen dabey gelaßen wuͤrde”.
Vergeblich ſchlugen die kaiſerlichen GeſandtenII. vor, daß wenigſtens noch eine Clauſel hinzugefuͤgt werden moͤchte, ”daß alles doch nur mit Vorbe- halt der Rechte, die fuͤr den Kaiſer alleine, oder doch nur fuͤr ihn und das churfuͤrſtliche Collegium alleine gehoͤrten, und uͤberhaupt nach alter Weiſe zu verſtehen ſeyn ſolle.” Da die Geſandten der beiden Kronen von dieſer Aeußerung Gelegenheit nahmen, darauf anzutragen, daß der kaiſerliche Hof allenfalls ein Verzeichniß der ſo genannten Reſervatrechte, die dem Kaiſer alleine zukaͤmen, herausgeben moͤchte; fanden die kaiſerlichen Mi- niſter das doch auch bedenklich. Man wuͤrde vielleicht uͤber verſchiedene Rechte, ob ſie zu den Reſervaten gehoͤrten, noch Streit erregt haben; und am Ende waͤre dann die kaiſerliche Gewalt nur auf einige namhaft gemachte einzelne Rechte beſchraͤnkt worden. So wurde alſo endlich jene Stelle voͤllig ſo, wie ſie von beiden Kronen ent-
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6) Reichstag u. C. G.
uͤber Reichsgeſchaͤffte des freyen Stimmrechts ſich
zu erfreuen haben muͤßten; inſonderheit wenn es
darauf ankomme, Geſetze zu machen oder zu
erklaͤren, Krieg zu fuͤhren, Steuern aufzulegen,
Werbungen oder Einquartierungen der Soldaten
zu veranſtalten, neue Feſtungen in der Staͤnde
Gebieten anzulegen, oder alte mit Beſatzungen
zu belegen, Frieden oder Buͤndniſſe zu ſchließen,
oder andere dergleichen Geſchaͤffte vorzunehmen.
Nichts dergleichen, noch irgend etwas aͤhnliches
ſollte kuͤnftig jemals geſchehen oder zugelaßen wer-
den, wenn nicht der Reichstag ſeine Einwilligung
dazu gaͤbe, und allen Staͤnden die Freyheit ihrer
Stimmen dabey gelaßen wuͤrde”.
Vergeblich ſchlugen die kaiſerlichen Geſandten
vor, daß wenigſtens noch eine Clauſel hinzugefuͤgt
werden moͤchte, ”daß alles doch nur mit Vorbe-
halt der Rechte, die fuͤr den Kaiſer alleine, oder
doch nur fuͤr ihn und das churfuͤrſtliche Collegium
alleine gehoͤrten, und uͤberhaupt nach alter Weiſe
zu verſtehen ſeyn ſolle.” Da die Geſandten der
beiden Kronen von dieſer Aeußerung Gelegenheit
nahmen, darauf anzutragen, daß der kaiſerliche
Hof allenfalls ein Verzeichniß der ſo genannten
Reſervatrechte, die dem Kaiſer alleine zukaͤmen,
herausgeben moͤchte; fanden die kaiſerlichen Mi-
niſter das doch auch bedenklich. Man wuͤrde
vielleicht uͤber verſchiedene Rechte, ob ſie zu den
Reſervaten gehoͤrten, noch Streit erregt haben;
und am Ende waͤre dann die kaiſerliche Gewalt
nur auf einige namhaft gemachte einzelne Rechte
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/129>, abgerufen am 16.02.2025.
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