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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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4) Merovinger a) Aufkommen 486-561.

Wohl aber läßt sich schon von diesen Zeiten derXVIII.
erste Ursprung des Lehnswesens, das nachher auf
die Verfassung aller Europäischen Staaten so großen
Einfluß bekommen hat, herleiten. Wenn vorher
schon Teutsche Völker gewohnt waren, ihre im
Kriege eroberte Ländereyen unter diejenigen, die
durch ihre Tapferkeit dazu geholfen hatten, zu ver-
theilen oder zu verloosen, doch so, daß nachher
eben der Besitz dieser Güter auch die fernere Ver-
bindlichkeit zu National-Kriegsdiensten mit sich
brachte; so läßt sich begreifen, daß Chlodowig
und seine Nachfolger von den vertheilten Erobe-
rungen, die auf ihren Antheil kamen, eine Anzahl
Ländereyen und Güter unter tapfere und angesehene
Männer, mit der besondern Obliegenheit, nicht
nur in Nationalkriegen, sondern auch mit besonde-
rer Treue für die Person des Königs zu fechten,
vertheilten. Solche Verleihungen geschahen zwar
noch nicht erblich, sondern nur auf Lebenszeit oder
auf Wiederruf etc., und in der Folge sind noch vieler-
ley Veränderungen und nähere Bestimmungen da-
mit vorgegangen. Sie legten aber doch den ersten
Grund dazu, daß einige Mitglieder der Nation
ihre Güter in besonderer Verbindung gegen den
König als dessen Leute, Lehnleute, Vasallen, be-
saßen, andere Güter hingegen freyes Eigenthum
oder so genanntes Allodium waren.

Seit Chlodowigs Religionsveränderung lebtenXIX.
die Bischöfe, wo sie bisher schon im Gange wa-
ren, nicht nur von neuem auf; sondern als die
einzigen, die mit Lesen und Schreiben umzugehen
wußten, wurden sie bald in Geschäfften des Hofes
und des Volkes unentbehrlich. Wenn Geschäffte

bey
C 2
4) Merovinger a) Aufkommen 486-561.

Wohl aber laͤßt ſich ſchon von dieſen Zeiten derXVIII.
erſte Urſprung des Lehnsweſens, das nachher auf
die Verfaſſung aller Europaͤiſchen Staaten ſo großen
Einfluß bekommen hat, herleiten. Wenn vorher
ſchon Teutſche Voͤlker gewohnt waren, ihre im
Kriege eroberte Laͤndereyen unter diejenigen, die
durch ihre Tapferkeit dazu geholfen hatten, zu ver-
theilen oder zu verlooſen, doch ſo, daß nachher
eben der Beſitz dieſer Guͤter auch die fernere Ver-
bindlichkeit zu National-Kriegsdienſten mit ſich
brachte; ſo laͤßt ſich begreifen, daß Chlodowig
und ſeine Nachfolger von den vertheilten Erobe-
rungen, die auf ihren Antheil kamen, eine Anzahl
Laͤndereyen und Guͤter unter tapfere und angeſehene
Maͤnner, mit der beſondern Obliegenheit, nicht
nur in Nationalkriegen, ſondern auch mit beſonde-
rer Treue fuͤr die Perſon des Koͤnigs zu fechten,
vertheilten. Solche Verleihungen geſchahen zwar
noch nicht erblich, ſondern nur auf Lebenszeit oder
auf Wiederruf ꝛc., und in der Folge ſind noch vieler-
ley Veraͤnderungen und naͤhere Beſtimmungen da-
mit vorgegangen. Sie legten aber doch den erſten
Grund dazu, daß einige Mitglieder der Nation
ihre Guͤter in beſonderer Verbindung gegen den
Koͤnig als deſſen Leute, Lehnleute, Vaſallen, be-
ſaßen, andere Guͤter hingegen freyes Eigenthum
oder ſo genanntes Allodium waren.

Seit Chlodowigs Religionsveraͤnderung lebtenXIX.
die Biſchoͤfe, wo ſie bisher ſchon im Gange wa-
ren, nicht nur von neuem auf; ſondern als die
einzigen, die mit Leſen und Schreiben umzugehen
wußten, wurden ſie bald in Geſchaͤfften des Hofes
und des Volkes unentbehrlich. Wenn Geſchaͤffte

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[35/0069] 4) Merovinger a) Aufkommen 486-561. Wohl aber laͤßt ſich ſchon von dieſen Zeiten der erſte Urſprung des Lehnsweſens, das nachher auf die Verfaſſung aller Europaͤiſchen Staaten ſo großen Einfluß bekommen hat, herleiten. Wenn vorher ſchon Teutſche Voͤlker gewohnt waren, ihre im Kriege eroberte Laͤndereyen unter diejenigen, die durch ihre Tapferkeit dazu geholfen hatten, zu ver- theilen oder zu verlooſen, doch ſo, daß nachher eben der Beſitz dieſer Guͤter auch die fernere Ver- bindlichkeit zu National-Kriegsdienſten mit ſich brachte; ſo laͤßt ſich begreifen, daß Chlodowig und ſeine Nachfolger von den vertheilten Erobe- rungen, die auf ihren Antheil kamen, eine Anzahl Laͤndereyen und Guͤter unter tapfere und angeſehene Maͤnner, mit der beſondern Obliegenheit, nicht nur in Nationalkriegen, ſondern auch mit beſonde- rer Treue fuͤr die Perſon des Koͤnigs zu fechten, vertheilten. Solche Verleihungen geſchahen zwar noch nicht erblich, ſondern nur auf Lebenszeit oder auf Wiederruf ꝛc., und in der Folge ſind noch vieler- ley Veraͤnderungen und naͤhere Beſtimmungen da- mit vorgegangen. Sie legten aber doch den erſten Grund dazu, daß einige Mitglieder der Nation ihre Guͤter in beſonderer Verbindung gegen den Koͤnig als deſſen Leute, Lehnleute, Vaſallen, be- ſaßen, andere Guͤter hingegen freyes Eigenthum oder ſo genanntes Allodium waren. XVIII. Seit Chlodowigs Religionsveraͤnderung lebten die Biſchoͤfe, wo ſie bisher ſchon im Gange wa- ren, nicht nur von neuem auf; ſondern als die einzigen, die mit Leſen und Schreiben umzugehen wußten, wurden ſie bald in Geſchaͤfften des Hofes und des Volkes unentbehrlich. Wenn Geſchaͤffte bey XIX. C 2

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/69>, abgerufen am 22.11.2024.