Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.

III.

Von dieser Zeit an kam das Cammergericht,
nachdem es vorher schon mehrmalen unterbrochen
worden war, erst recht in Aufnahme. Unter an-
dern kam auch das in Gang, daß alle Jahre eine
Visitation des Gerichts geschah, wozu jedesmal
ein kaiserlicher Commissarius und nebst Churmainz,
noch ein Churfürst, ein geistlicher Fürst, ein welt-
licher Fürst, ein Prälat, ein Graf, und eine
Reichsstadt nach der Ordnung, wie sie auf dem
Reichstage saßen, bestimmt waren, um ihre subde-
legirte Räthe dazu zu schicken. Diese fanden sich
dann mit dem Anfange des Maymonaths am Orte
des Gerichts ein, und stellten nicht nur über den
Zustand des Gerichts in Ansehung der etwa einge-
rissenen Real- oder Personalgebrechen die nöthigen
Untersuchungen an, um selbigen nach Befinden selbst
abzuhelfen, oder an Kaiser und Reich darüber zu
berichten; Sondern sie waren auch bemächtiget,
einzelne Rechtssachen, worin das Cammergericht
gesprochen hatte, von neuem zu erörtern, wenn
Partheyen mit Beobachtung der deshalb vorgeschrie-
benen Erfordernisse um Revision nachgesucht hat-
ten. So konnte sowohl Partheyen, wenn sie sich
durch Urtheile des Cammergerichts beschwert hielten,
als dem Gerichte, wenn es ohne Grund beschuldi-
get wurde, Gerechtigkeit widerfahren. Und mit
eben dem Mittel war dafür gesorgt, daß das Ge-
richt unter beständiger Aufsicht erhalten wurde, und
jede nöthig befundene Verbesserung von Zeit zu Zeit
gründlich angebracht werden konnte. Man kann
mit Grunde behaupten, daß das Cammergericht
nie blühender gewesen, als so lange diese Anstalt
der jährlichen ordentlichen Visitation in ihrem ge-
setzmäßigen Gange erhalten wurde.


Nach
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.

III.

Von dieſer Zeit an kam das Cammergericht,
nachdem es vorher ſchon mehrmalen unterbrochen
worden war, erſt recht in Aufnahme. Unter an-
dern kam auch das in Gang, daß alle Jahre eine
Viſitation des Gerichts geſchah, wozu jedesmal
ein kaiſerlicher Commiſſarius und nebſt Churmainz,
noch ein Churfuͤrſt, ein geiſtlicher Fuͤrſt, ein welt-
licher Fuͤrſt, ein Praͤlat, ein Graf, und eine
Reichsſtadt nach der Ordnung, wie ſie auf dem
Reichstage ſaßen, beſtimmt waren, um ihre ſubde-
legirte Raͤthe dazu zu ſchicken. Dieſe fanden ſich
dann mit dem Anfange des Maymonaths am Orte
des Gerichts ein, und ſtellten nicht nur uͤber den
Zuſtand des Gerichts in Anſehung der etwa einge-
riſſenen Real- oder Perſonalgebrechen die noͤthigen
Unterſuchungen an, um ſelbigen nach Befinden ſelbſt
abzuhelfen, oder an Kaiſer und Reich daruͤber zu
berichten; Sondern ſie waren auch bemaͤchtiget,
einzelne Rechtsſachen, worin das Cammergericht
geſprochen hatte, von neuem zu eroͤrtern, wenn
Partheyen mit Beobachtung der deshalb vorgeſchrie-
benen Erforderniſſe um Reviſion nachgeſucht hat-
ten. So konnte ſowohl Partheyen, wenn ſie ſich
durch Urtheile des Cammergerichts beſchwert hielten,
als dem Gerichte, wenn es ohne Grund beſchuldi-
get wurde, Gerechtigkeit widerfahren. Und mit
eben dem Mittel war dafuͤr geſorgt, daß das Ge-
richt unter beſtaͤndiger Aufſicht erhalten wurde, und
jede noͤthig befundene Verbeſſerung von Zeit zu Zeit
gruͤndlich angebracht werden konnte. Man kann
mit Grunde behaupten, daß das Cammergericht
nie bluͤhender geweſen, als ſo lange dieſe Anſtalt
der jaͤhrlichen ordentlichen Viſitation in ihrem ge-
ſetzmaͤßigen Gange erhalten wurde.


Nach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0484" n="450"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V.</hi> Neuere Zeit. Carl <hi rendition="#aq">V.</hi> 1519-1558.</hi> </fw><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">III.</hi> </note>
          <p>Von die&#x017F;er Zeit an kam das Cammergericht,<lb/>
nachdem es vorher &#x017F;chon mehrmalen unterbrochen<lb/>
worden war, er&#x017F;t recht in Aufnahme. Unter an-<lb/>
dern kam auch das in Gang, daß alle Jahre eine<lb/><hi rendition="#fr">Vi&#x017F;itation</hi> des Gerichts ge&#x017F;chah, wozu jedesmal<lb/>
ein kai&#x017F;erlicher Commi&#x017F;&#x017F;arius und neb&#x017F;t Churmainz,<lb/>
noch ein Churfu&#x0364;r&#x017F;t, ein gei&#x017F;tlicher Fu&#x0364;r&#x017F;t, ein welt-<lb/>
licher Fu&#x0364;r&#x017F;t, ein Pra&#x0364;lat, ein Graf, und eine<lb/>
Reichs&#x017F;tadt nach der Ordnung, wie &#x017F;ie auf dem<lb/>
Reichstage &#x017F;aßen, be&#x017F;timmt waren, um ihre &#x017F;ubde-<lb/>
legirte Ra&#x0364;the dazu zu &#x017F;chicken. Die&#x017F;e fanden &#x017F;ich<lb/>
dann mit dem Anfange des Maymonaths am Orte<lb/>
des Gerichts ein, und &#x017F;tellten nicht nur u&#x0364;ber den<lb/>
Zu&#x017F;tand des Gerichts in An&#x017F;ehung der etwa einge-<lb/>
ri&#x017F;&#x017F;enen Real- oder Per&#x017F;onalgebrechen die no&#x0364;thigen<lb/>
Unter&#x017F;uchungen an, um &#x017F;elbigen nach Befinden &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
abzuhelfen, oder an Kai&#x017F;er und Reich daru&#x0364;ber zu<lb/>
berichten; Sondern &#x017F;ie waren auch bema&#x0364;chtiget,<lb/>
einzelne Rechts&#x017F;achen, worin das Cammergericht<lb/>
ge&#x017F;prochen hatte, von neuem zu ero&#x0364;rtern, wenn<lb/>
Partheyen mit Beobachtung der deshalb vorge&#x017F;chrie-<lb/>
benen Erforderni&#x017F;&#x017F;e um <hi rendition="#fr">Revi&#x017F;ion</hi> nachge&#x017F;ucht hat-<lb/>
ten. So konnte &#x017F;owohl Partheyen, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
durch Urtheile des Cammergerichts be&#x017F;chwert hielten,<lb/>
als dem Gerichte, wenn es ohne Grund be&#x017F;chuldi-<lb/>
get wurde, Gerechtigkeit widerfahren. Und mit<lb/>
eben dem Mittel war dafu&#x0364;r ge&#x017F;orgt, daß das Ge-<lb/>
richt unter be&#x017F;ta&#x0364;ndiger Auf&#x017F;icht erhalten wurde, und<lb/>
jede no&#x0364;thig befundene Verbe&#x017F;&#x017F;erung von Zeit zu Zeit<lb/>
gru&#x0364;ndlich angebracht werden konnte. Man kann<lb/>
mit Grunde behaupten, daß das Cammergericht<lb/>
nie blu&#x0364;hender gewe&#x017F;en, als &#x017F;o lange die&#x017F;e An&#x017F;talt<lb/>
der ja&#x0364;hrlichen ordentlichen Vi&#x017F;itation in ihrem ge-<lb/>
&#x017F;etzma&#x0364;ßigen Gange erhalten wurde.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Nach</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[450/0484] V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558. Von dieſer Zeit an kam das Cammergericht, nachdem es vorher ſchon mehrmalen unterbrochen worden war, erſt recht in Aufnahme. Unter an- dern kam auch das in Gang, daß alle Jahre eine Viſitation des Gerichts geſchah, wozu jedesmal ein kaiſerlicher Commiſſarius und nebſt Churmainz, noch ein Churfuͤrſt, ein geiſtlicher Fuͤrſt, ein welt- licher Fuͤrſt, ein Praͤlat, ein Graf, und eine Reichsſtadt nach der Ordnung, wie ſie auf dem Reichstage ſaßen, beſtimmt waren, um ihre ſubde- legirte Raͤthe dazu zu ſchicken. Dieſe fanden ſich dann mit dem Anfange des Maymonaths am Orte des Gerichts ein, und ſtellten nicht nur uͤber den Zuſtand des Gerichts in Anſehung der etwa einge- riſſenen Real- oder Perſonalgebrechen die noͤthigen Unterſuchungen an, um ſelbigen nach Befinden ſelbſt abzuhelfen, oder an Kaiſer und Reich daruͤber zu berichten; Sondern ſie waren auch bemaͤchtiget, einzelne Rechtsſachen, worin das Cammergericht geſprochen hatte, von neuem zu eroͤrtern, wenn Partheyen mit Beobachtung der deshalb vorgeſchrie- benen Erforderniſſe um Reviſion nachgeſucht hat- ten. So konnte ſowohl Partheyen, wenn ſie ſich durch Urtheile des Cammergerichts beſchwert hielten, als dem Gerichte, wenn es ohne Grund beſchuldi- get wurde, Gerechtigkeit widerfahren. Und mit eben dem Mittel war dafuͤr geſorgt, daß das Ge- richt unter beſtaͤndiger Aufſicht erhalten wurde, und jede noͤthig befundene Verbeſſerung von Zeit zu Zeit gruͤndlich angebracht werden konnte. Man kann mit Grunde behaupten, daß das Cammergericht nie bluͤhender geweſen, als ſo lange dieſe Anſtalt der jaͤhrlichen ordentlichen Viſitation in ihrem ge- ſetzmaͤßigen Gange erhalten wurde. Nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/484
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/484>, abgerufen am 03.05.2024.