Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

10) Veränderungen in Reichssachen.
der damaligen Zeit für ein Meisterstück gelten
konnte, und bis auf den heutigen Tag nicht nur
als ein im Ganzen noch jetzt dem Cammergerichte
zur Richtschnur dienendes Reichsgesetz seinen Werth
behalten hat, sondern auch zur Quelle fast aller
darauf gefolgten Proceßordnungen in Teutschen
Ländern geworden ist, und da, wo keine besondere
reichsständische Proceßordnungen vorhanden sind,
auch noch jetzt als gemeines Recht seine gesetzliche
Kraft hat.

Auf dem Reichstage, den Carl im Jahre 1547.II.
nach der Schlacht bey Mühlberg beynahe mit un-
beschränkter Macht zu Augsburg hielt, ließ er diese
Cammergerichtsordnung den Reichsständen vorle-
gen, und 1548. mittelst Drucks promulgiren. Ver-
möge des Religionsvertrages vom Jahre 1532.
sollten auch evangelische Räthe vom Cammerge-
richte nicht ausgeschlossen seyn. Allein jetzt wurde
festgesetzt, daß keine andere als catholische Mitglie-
der am Cammergerichte geduldet werden sollten.
Jedoch eben deswegen kam es nach dem Umschlag
der Sachen, der sich mit dem Passauer Vertrage
1552. und dem Religionsfrieden 1555. ereignete,
auch in Ansehung des Cammergerichts dahin, daß
jene Stelle der Cammergerichtsordnung dahin abge-
ändert werden mußte: "daß Cammerrichter und
Beysitzer, desgleichen alle andere Personen des
Cammergerichts von beiden der alten Religion und
dann der Augsburgischen Confession präsentirt und
geordnet werden möchten, und deswegen nicht aus-
zuschließen seyen." Worüber die ganze Cammer-
gerichtsordnung nun erst 1555. mit dieser Abände-
rung neu promulgirt wurde.


Von
F f

10) Veraͤnderungen in Reichsſachen.
der damaligen Zeit fuͤr ein Meiſterſtuͤck gelten
konnte, und bis auf den heutigen Tag nicht nur
als ein im Ganzen noch jetzt dem Cammergerichte
zur Richtſchnur dienendes Reichsgeſetz ſeinen Werth
behalten hat, ſondern auch zur Quelle faſt aller
darauf gefolgten Proceßordnungen in Teutſchen
Laͤndern geworden iſt, und da, wo keine beſondere
reichsſtaͤndiſche Proceßordnungen vorhanden ſind,
auch noch jetzt als gemeines Recht ſeine geſetzliche
Kraft hat.

Auf dem Reichstage, den Carl im Jahre 1547.II.
nach der Schlacht bey Muͤhlberg beynahe mit un-
beſchraͤnkter Macht zu Augsburg hielt, ließ er dieſe
Cammergerichtsordnung den Reichsſtaͤnden vorle-
gen, und 1548. mittelſt Drucks promulgiren. Ver-
moͤge des Religionsvertrages vom Jahre 1532.
ſollten auch evangeliſche Raͤthe vom Cammerge-
richte nicht ausgeſchloſſen ſeyn. Allein jetzt wurde
feſtgeſetzt, daß keine andere als catholiſche Mitglie-
der am Cammergerichte geduldet werden ſollten.
Jedoch eben deswegen kam es nach dem Umſchlag
der Sachen, der ſich mit dem Paſſauer Vertrage
1552. und dem Religionsfrieden 1555. ereignete,
auch in Anſehung des Cammergerichts dahin, daß
jene Stelle der Cammergerichtsordnung dahin abge-
aͤndert werden mußte: ”daß Cammerrichter und
Beyſitzer, desgleichen alle andere Perſonen des
Cammergerichts von beiden der alten Religion und
dann der Augsburgiſchen Confeſſion praͤſentirt und
geordnet werden moͤchten, und deswegen nicht aus-
zuſchließen ſeyen.” Woruͤber die ganze Cammer-
gerichtsordnung nun erſt 1555. mit dieſer Abaͤnde-
rung neu promulgirt wurde.


Von
F f
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0483" n="449"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">10) Vera&#x0364;nderungen in Reichs&#x017F;achen.</hi></fw><lb/>
der damaligen Zeit fu&#x0364;r ein Mei&#x017F;ter&#x017F;tu&#x0364;ck gelten<lb/>
konnte, und bis auf den heutigen Tag nicht nur<lb/>
als ein im Ganzen noch jetzt dem Cammergerichte<lb/>
zur Richt&#x017F;chnur dienendes Reichsge&#x017F;etz &#x017F;einen Werth<lb/>
behalten hat, &#x017F;ondern auch zur Quelle fa&#x017F;t aller<lb/>
darauf gefolgten Proceßordnungen in Teut&#x017F;chen<lb/>
La&#x0364;ndern geworden i&#x017F;t, und da, wo keine be&#x017F;ondere<lb/>
reichs&#x017F;ta&#x0364;ndi&#x017F;che Proceßordnungen vorhanden &#x017F;ind,<lb/>
auch noch jetzt als gemeines Recht &#x017F;eine ge&#x017F;etzliche<lb/>
Kraft hat.</p><lb/>
          <p>Auf dem Reichstage, den Carl im Jahre 1547.<note place="right"><hi rendition="#aq">II.</hi></note><lb/>
nach der Schlacht bey Mu&#x0364;hlberg beynahe mit un-<lb/>
be&#x017F;chra&#x0364;nkter Macht zu Augsburg hielt, ließ er die&#x017F;e<lb/>
Cammergerichtsordnung den Reichs&#x017F;ta&#x0364;nden vorle-<lb/>
gen, und 1548. mittel&#x017F;t Drucks promulgiren. Ver-<lb/>
mo&#x0364;ge des Religionsvertrages vom Jahre 1532.<lb/>
&#x017F;ollten <hi rendition="#fr">auch evangeli&#x017F;che Ra&#x0364;the</hi> vom Cammerge-<lb/>
richte nicht ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn. Allein jetzt wurde<lb/>
fe&#x017F;tge&#x017F;etzt, daß keine andere als catholi&#x017F;che Mitglie-<lb/>
der am Cammergerichte geduldet werden &#x017F;ollten.<lb/>
Jedoch eben deswegen kam es nach dem Um&#x017F;chlag<lb/>
der Sachen, der &#x017F;ich mit dem Pa&#x017F;&#x017F;auer Vertrage<lb/>
1552. und dem Religionsfrieden 1555. ereignete,<lb/>
auch in An&#x017F;ehung des Cammergerichts dahin, daß<lb/>
jene Stelle der Cammergerichtsordnung dahin abge-<lb/>
a&#x0364;ndert werden mußte: &#x201D;daß Cammerrichter und<lb/>
Bey&#x017F;itzer, desgleichen alle andere Per&#x017F;onen des<lb/>
Cammergerichts von beiden der alten Religion und<lb/>
dann der Augsburgi&#x017F;chen Confe&#x017F;&#x017F;ion pra&#x0364;&#x017F;entirt und<lb/>
geordnet werden mo&#x0364;chten, und deswegen nicht aus-<lb/>
zu&#x017F;chließen &#x017F;eyen.&#x201D; Woru&#x0364;ber die ganze Cammer-<lb/>
gerichtsordnung nun er&#x017F;t 1555. mit die&#x017F;er Aba&#x0364;nde-<lb/>
rung neu promulgirt wurde.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">F f</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[449/0483] 10) Veraͤnderungen in Reichsſachen. der damaligen Zeit fuͤr ein Meiſterſtuͤck gelten konnte, und bis auf den heutigen Tag nicht nur als ein im Ganzen noch jetzt dem Cammergerichte zur Richtſchnur dienendes Reichsgeſetz ſeinen Werth behalten hat, ſondern auch zur Quelle faſt aller darauf gefolgten Proceßordnungen in Teutſchen Laͤndern geworden iſt, und da, wo keine beſondere reichsſtaͤndiſche Proceßordnungen vorhanden ſind, auch noch jetzt als gemeines Recht ſeine geſetzliche Kraft hat. Auf dem Reichstage, den Carl im Jahre 1547. nach der Schlacht bey Muͤhlberg beynahe mit un- beſchraͤnkter Macht zu Augsburg hielt, ließ er dieſe Cammergerichtsordnung den Reichsſtaͤnden vorle- gen, und 1548. mittelſt Drucks promulgiren. Ver- moͤge des Religionsvertrages vom Jahre 1532. ſollten auch evangeliſche Raͤthe vom Cammerge- richte nicht ausgeſchloſſen ſeyn. Allein jetzt wurde feſtgeſetzt, daß keine andere als catholiſche Mitglie- der am Cammergerichte geduldet werden ſollten. Jedoch eben deswegen kam es nach dem Umſchlag der Sachen, der ſich mit dem Paſſauer Vertrage 1552. und dem Religionsfrieden 1555. ereignete, auch in Anſehung des Cammergerichts dahin, daß jene Stelle der Cammergerichtsordnung dahin abge- aͤndert werden mußte: ”daß Cammerrichter und Beyſitzer, desgleichen alle andere Perſonen des Cammergerichts von beiden der alten Religion und dann der Augsburgiſchen Confeſſion praͤſentirt und geordnet werden moͤchten, und deswegen nicht aus- zuſchließen ſeyen.” Woruͤber die ganze Cammer- gerichtsordnung nun erſt 1555. mit dieſer Abaͤnde- rung neu promulgirt wurde. II. Von F f

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/483
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/483>, abgerufen am 18.12.2024.