Im Cadanischen Frieden 1534. wurde erstIV. der Widerspruch, den nicht nur Chursachsen und Hessen, sondern auch die Herzoge von Baiern ge- gen die Römische Königswahl erhoben hatten, da- mit beygelegt, daß fürs künftige ausgemacht wur- de: keine Römische Königswahl solle vor sich ge- hen können, wenn nicht zuvor über die Frage: ob sie nöthig sey? ein churfürstlicher Collegialschluß gefaßt worden sey. Dem Herzoge von Würten- berg wurde hingegen auch der wieder erlangte Be- sitz seines Landes gewähret, nur mit der harten Bedingung, daß das Herzogthum Würtenberg künf- tig ein Afterlehn von Oesterreich seyn solle. (Doch nachher ist im Jahre 1599. diese Afterlehnschaft in eine dem Hause Oesterreich zugesicherte Anwart- schaft auf Würtenberg verwandelt worden; wovon nun nur noch die Frage übrig ist, ob sie noch statt finden könne, da das Haus Oesterreich eher, als Würtenberg, erloschen ist, oder ob sie auch auf die weibliche Oesterreichische Nachkommenschaft fort- gehe?)
Noch waren bey dem Frieden zu Cadan beideV. Theile einig, daß die Wiedertäufer, welche noch immer vielen Unfug machten, darunter nicht be- griffen seyn sollten. Aufs höchste stieg der Unfug dieser Leute zu Münster, wo sie Bischof, Dom- capitel und Stadtobrigkeit verdrängt, und mit ra- senden Schwärmereyen die unerhörtesten Grausam- keiten verbunden hatten. Solche Dinge, die Obrig- keiten und alle gute Ordnung stöhrten, waren weit entfernt vom Geiste der evangelischen Religion. Die evangelischen Reichsstände waren daher gerne mit dazu behülflich, daß dem Münsterischen Un-
wesen
5) Erfolg d. Reichstags 1530. bis 1555.
Im Cadaniſchen Frieden 1534. wurde erſtIV. der Widerſpruch, den nicht nur Churſachſen und Heſſen, ſondern auch die Herzoge von Baiern ge- gen die Roͤmiſche Koͤnigswahl erhoben hatten, da- mit beygelegt, daß fuͤrs kuͤnftige ausgemacht wur- de: keine Roͤmiſche Koͤnigswahl ſolle vor ſich ge- hen koͤnnen, wenn nicht zuvor uͤber die Frage: ob ſie noͤthig ſey? ein churfuͤrſtlicher Collegialſchluß gefaßt worden ſey. Dem Herzoge von Wuͤrten- berg wurde hingegen auch der wieder erlangte Be- ſitz ſeines Landes gewaͤhret, nur mit der harten Bedingung, daß das Herzogthum Wuͤrtenberg kuͤnf- tig ein Afterlehn von Oeſterreich ſeyn ſolle. (Doch nachher iſt im Jahre 1599. dieſe Afterlehnſchaft in eine dem Hauſe Oeſterreich zugeſicherte Anwart- ſchaft auf Wuͤrtenberg verwandelt worden; wovon nun nur noch die Frage uͤbrig iſt, ob ſie noch ſtatt finden koͤnne, da das Haus Oeſterreich eher, als Wuͤrtenberg, erloſchen iſt, oder ob ſie auch auf die weibliche Oeſterreichiſche Nachkommenſchaft fort- gehe?)
Noch waren bey dem Frieden zu Cadan beideV. Theile einig, daß die Wiedertaͤufer, welche noch immer vielen Unfug machten, darunter nicht be- griffen ſeyn ſollten. Aufs hoͤchſte ſtieg der Unfug dieſer Leute zu Muͤnſter, wo ſie Biſchof, Dom- capitel und Stadtobrigkeit verdraͤngt, und mit ra- ſenden Schwaͤrmereyen die unerhoͤrteſten Grauſam- keiten verbunden hatten. Solche Dinge, die Obrig- keiten und alle gute Ordnung ſtoͤhrten, waren weit entfernt vom Geiſte der evangeliſchen Religion. Die evangeliſchen Reichsſtaͤnde waren daher gerne mit dazu behuͤlflich, daß dem Muͤnſteriſchen Un-
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5) Erfolg d. Reichstags 1530. bis 1555.
Im Cadaniſchen Frieden 1534. wurde erſt
der Widerſpruch, den nicht nur Churſachſen und
Heſſen, ſondern auch die Herzoge von Baiern ge-
gen die Roͤmiſche Koͤnigswahl erhoben hatten, da-
mit beygelegt, daß fuͤrs kuͤnftige ausgemacht wur-
de: keine Roͤmiſche Koͤnigswahl ſolle vor ſich ge-
hen koͤnnen, wenn nicht zuvor uͤber die Frage:
ob ſie noͤthig ſey? ein churfuͤrſtlicher Collegialſchluß
gefaßt worden ſey. Dem Herzoge von Wuͤrten-
berg wurde hingegen auch der wieder erlangte Be-
ſitz ſeines Landes gewaͤhret, nur mit der harten
Bedingung, daß das Herzogthum Wuͤrtenberg kuͤnf-
tig ein Afterlehn von Oeſterreich ſeyn ſolle. (Doch
nachher iſt im Jahre 1599. dieſe Afterlehnſchaft in
eine dem Hauſe Oeſterreich zugeſicherte Anwart-
ſchaft auf Wuͤrtenberg verwandelt worden; wovon
nun nur noch die Frage uͤbrig iſt, ob ſie noch ſtatt
finden koͤnne, da das Haus Oeſterreich eher, als
Wuͤrtenberg, erloſchen iſt, oder ob ſie auch auf
die weibliche Oeſterreichiſche Nachkommenſchaft fort-
gehe?)
IV.
Noch waren bey dem Frieden zu Cadan beide
Theile einig, daß die Wiedertaͤufer, welche noch
immer vielen Unfug machten, darunter nicht be-
griffen ſeyn ſollten. Aufs hoͤchſte ſtieg der Unfug
dieſer Leute zu Muͤnſter, wo ſie Biſchof, Dom-
capitel und Stadtobrigkeit verdraͤngt, und mit ra-
ſenden Schwaͤrmereyen die unerhoͤrteſten Grauſam-
keiten verbunden hatten. Solche Dinge, die Obrig-
keiten und alle gute Ordnung ſtoͤhrten, waren weit
entfernt vom Geiſte der evangeliſchen Religion.
Die evangeliſchen Reichsſtaͤnde waren daher gerne
mit dazu behuͤlflich, daß dem Muͤnſteriſchen Un-
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/431>, abgerufen am 22.11.2024.
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