Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite
5) Erfolg d. Reichstags 1530. bis 1555.

Im Cadanischen Frieden 1534. wurde erstIV.
der Widerspruch, den nicht nur Chursachsen und
Hessen, sondern auch die Herzoge von Baiern ge-
gen die Römische Königswahl erhoben hatten, da-
mit beygelegt, daß fürs künftige ausgemacht wur-
de: keine Römische Königswahl solle vor sich ge-
hen können, wenn nicht zuvor über die Frage:
ob sie nöthig sey? ein churfürstlicher Collegialschluß
gefaßt worden sey. Dem Herzoge von Würten-
berg wurde hingegen auch der wieder erlangte Be-
sitz seines Landes gewähret, nur mit der harten
Bedingung, daß das Herzogthum Würtenberg künf-
tig ein Afterlehn von Oesterreich seyn solle. (Doch
nachher ist im Jahre 1599. diese Afterlehnschaft in
eine dem Hause Oesterreich zugesicherte Anwart-
schaft auf Würtenberg verwandelt worden; wovon
nun nur noch die Frage übrig ist, ob sie noch statt
finden könne, da das Haus Oesterreich eher, als
Würtenberg, erloschen ist, oder ob sie auch auf
die weibliche Oesterreichische Nachkommenschaft fort-
gehe?)

Noch waren bey dem Frieden zu Cadan beideV.
Theile einig, daß die Wiedertäufer, welche noch
immer vielen Unfug machten, darunter nicht be-
griffen seyn sollten. Aufs höchste stieg der Unfug
dieser Leute zu Münster, wo sie Bischof, Dom-
capitel und Stadtobrigkeit verdrängt, und mit ra-
senden Schwärmereyen die unerhörtesten Grausam-
keiten verbunden hatten. Solche Dinge, die Obrig-
keiten und alle gute Ordnung stöhrten, waren weit
entfernt vom Geiste der evangelischen Religion.
Die evangelischen Reichsstände waren daher gerne
mit dazu behülflich, daß dem Münsterischen Un-

wesen
5) Erfolg d. Reichstags 1530. bis 1555.

Im Cadaniſchen Frieden 1534. wurde erſtIV.
der Widerſpruch, den nicht nur Churſachſen und
Heſſen, ſondern auch die Herzoge von Baiern ge-
gen die Roͤmiſche Koͤnigswahl erhoben hatten, da-
mit beygelegt, daß fuͤrs kuͤnftige ausgemacht wur-
de: keine Roͤmiſche Koͤnigswahl ſolle vor ſich ge-
hen koͤnnen, wenn nicht zuvor uͤber die Frage:
ob ſie noͤthig ſey? ein churfuͤrſtlicher Collegialſchluß
gefaßt worden ſey. Dem Herzoge von Wuͤrten-
berg wurde hingegen auch der wieder erlangte Be-
ſitz ſeines Landes gewaͤhret, nur mit der harten
Bedingung, daß das Herzogthum Wuͤrtenberg kuͤnf-
tig ein Afterlehn von Oeſterreich ſeyn ſolle. (Doch
nachher iſt im Jahre 1599. dieſe Afterlehnſchaft in
eine dem Hauſe Oeſterreich zugeſicherte Anwart-
ſchaft auf Wuͤrtenberg verwandelt worden; wovon
nun nur noch die Frage uͤbrig iſt, ob ſie noch ſtatt
finden koͤnne, da das Haus Oeſterreich eher, als
Wuͤrtenberg, erloſchen iſt, oder ob ſie auch auf
die weibliche Oeſterreichiſche Nachkommenſchaft fort-
gehe?)

Noch waren bey dem Frieden zu Cadan beideV.
Theile einig, daß die Wiedertaͤufer, welche noch
immer vielen Unfug machten, darunter nicht be-
griffen ſeyn ſollten. Aufs hoͤchſte ſtieg der Unfug
dieſer Leute zu Muͤnſter, wo ſie Biſchof, Dom-
capitel und Stadtobrigkeit verdraͤngt, und mit ra-
ſenden Schwaͤrmereyen die unerhoͤrteſten Grauſam-
keiten verbunden hatten. Solche Dinge, die Obrig-
keiten und alle gute Ordnung ſtoͤhrten, waren weit
entfernt vom Geiſte der evangeliſchen Religion.
Die evangeliſchen Reichsſtaͤnde waren daher gerne
mit dazu behuͤlflich, daß dem Muͤnſteriſchen Un-

weſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0431" n="397"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">5) Erfolg d. Reichstags 1530. bis 1555.</hi> </fw><lb/>
          <p>Im <hi rendition="#fr">Cadani&#x017F;chen Frieden</hi> 1534. wurde er&#x017F;t<note place="right"><hi rendition="#aq">IV.</hi></note><lb/>
der Wider&#x017F;pruch, den nicht nur Chur&#x017F;ach&#x017F;en und<lb/>
He&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern auch die Herzoge von Baiern ge-<lb/>
gen die Ro&#x0364;mi&#x017F;che Ko&#x0364;nigswahl erhoben hatten, da-<lb/>
mit beygelegt, daß fu&#x0364;rs ku&#x0364;nftige ausgemacht wur-<lb/>
de: keine Ro&#x0364;mi&#x017F;che Ko&#x0364;nigswahl &#x017F;olle vor &#x017F;ich ge-<lb/>
hen ko&#x0364;nnen, wenn nicht zuvor u&#x0364;ber die Frage:<lb/>
ob &#x017F;ie no&#x0364;thig &#x017F;ey? ein churfu&#x0364;r&#x017F;tlicher Collegial&#x017F;chluß<lb/>
gefaßt worden &#x017F;ey. Dem Herzoge von Wu&#x0364;rten-<lb/>
berg wurde hingegen auch der wieder erlangte Be-<lb/>
&#x017F;itz &#x017F;eines Landes gewa&#x0364;hret, nur mit der harten<lb/>
Bedingung, daß das Herzogthum Wu&#x0364;rtenberg ku&#x0364;nf-<lb/>
tig ein Afterlehn von Oe&#x017F;terreich &#x017F;eyn &#x017F;olle. (Doch<lb/>
nachher i&#x017F;t im Jahre 1599. die&#x017F;e Afterlehn&#x017F;chaft in<lb/>
eine dem Hau&#x017F;e Oe&#x017F;terreich zuge&#x017F;icherte Anwart-<lb/>
&#x017F;chaft auf Wu&#x0364;rtenberg verwandelt worden; wovon<lb/>
nun nur noch die Frage u&#x0364;brig i&#x017F;t, ob &#x017F;ie noch &#x017F;tatt<lb/>
finden ko&#x0364;nne, da das Haus Oe&#x017F;terreich eher, als<lb/>
Wu&#x0364;rtenberg, erlo&#x017F;chen i&#x017F;t, oder ob &#x017F;ie auch auf<lb/>
die weibliche Oe&#x017F;terreichi&#x017F;che Nachkommen&#x017F;chaft fort-<lb/>
gehe?)</p><lb/>
          <p>Noch waren bey dem Frieden zu Cadan beide<note place="right"><hi rendition="#aq">V.</hi></note><lb/>
Theile einig, daß die <hi rendition="#fr">Wiederta&#x0364;ufer,</hi> welche noch<lb/>
immer vielen Unfug machten, darunter nicht be-<lb/>
griffen &#x017F;eyn &#x017F;ollten. Aufs ho&#x0364;ch&#x017F;te &#x017F;tieg der Unfug<lb/>
die&#x017F;er Leute <hi rendition="#fr">zu Mu&#x0364;n&#x017F;ter,</hi> wo &#x017F;ie Bi&#x017F;chof, Dom-<lb/>
capitel und Stadtobrigkeit verdra&#x0364;ngt, und mit ra-<lb/>
&#x017F;enden Schwa&#x0364;rmereyen die unerho&#x0364;rte&#x017F;ten Grau&#x017F;am-<lb/>
keiten verbunden hatten. Solche Dinge, die Obrig-<lb/>
keiten und alle gute Ordnung &#x017F;to&#x0364;hrten, waren weit<lb/>
entfernt vom Gei&#x017F;te der evangeli&#x017F;chen Religion.<lb/>
Die evangeli&#x017F;chen Reichs&#x017F;ta&#x0364;nde waren daher gerne<lb/>
mit dazu behu&#x0364;lflich, daß dem Mu&#x0364;n&#x017F;teri&#x017F;chen Un-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">we&#x017F;en</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[397/0431] 5) Erfolg d. Reichstags 1530. bis 1555. Im Cadaniſchen Frieden 1534. wurde erſt der Widerſpruch, den nicht nur Churſachſen und Heſſen, ſondern auch die Herzoge von Baiern ge- gen die Roͤmiſche Koͤnigswahl erhoben hatten, da- mit beygelegt, daß fuͤrs kuͤnftige ausgemacht wur- de: keine Roͤmiſche Koͤnigswahl ſolle vor ſich ge- hen koͤnnen, wenn nicht zuvor uͤber die Frage: ob ſie noͤthig ſey? ein churfuͤrſtlicher Collegialſchluß gefaßt worden ſey. Dem Herzoge von Wuͤrten- berg wurde hingegen auch der wieder erlangte Be- ſitz ſeines Landes gewaͤhret, nur mit der harten Bedingung, daß das Herzogthum Wuͤrtenberg kuͤnf- tig ein Afterlehn von Oeſterreich ſeyn ſolle. (Doch nachher iſt im Jahre 1599. dieſe Afterlehnſchaft in eine dem Hauſe Oeſterreich zugeſicherte Anwart- ſchaft auf Wuͤrtenberg verwandelt worden; wovon nun nur noch die Frage uͤbrig iſt, ob ſie noch ſtatt finden koͤnne, da das Haus Oeſterreich eher, als Wuͤrtenberg, erloſchen iſt, oder ob ſie auch auf die weibliche Oeſterreichiſche Nachkommenſchaft fort- gehe?) IV. Noch waren bey dem Frieden zu Cadan beide Theile einig, daß die Wiedertaͤufer, welche noch immer vielen Unfug machten, darunter nicht be- griffen ſeyn ſollten. Aufs hoͤchſte ſtieg der Unfug dieſer Leute zu Muͤnſter, wo ſie Biſchof, Dom- capitel und Stadtobrigkeit verdraͤngt, und mit ra- ſenden Schwaͤrmereyen die unerhoͤrteſten Grauſam- keiten verbunden hatten. Solche Dinge, die Obrig- keiten und alle gute Ordnung ſtoͤhrten, waren weit entfernt vom Geiſte der evangeliſchen Religion. Die evangeliſchen Reichsſtaͤnde waren daher gerne mit dazu behuͤlflich, daß dem Muͤnſteriſchen Un- weſen V.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/431
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/431>, abgerufen am 17.05.2024.