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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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2) Reichshofrath u. Austräge.
net, daß "täglich der Partheyen Händel und Sa-
"chen am kaiserlichen Hofe angewachsen" (v). Es
blieb aber doch in der Hauptsache dabey, daß ei-
gentliche Processe nicht anders als am Cammer-
gerichte verhandelt werden konnten. Die Reichs-
gesetze sprachen immer nur vom Cammergerichte,
als dem einzigen höchsten Reichsgerichte. Daß der
Reichshofrath eine mit demselben concurrirende Ge-
richtbarkeit haben sollte, und daß es also zwey höch-
ste Reichsgerichte gäbe, unter denen ein jeder Klä-
ger die Wahl habe (wie es jetzt ist,) ließ sich nach
der Verfassung und den Reichsgesetzen des ganzen
XVI. Jahrhunderts unmöglich behaupten.

Eine andere Frage war es: ob mit Errich-IV.
tung des Cammergerichts das ehemalige Fürsten-
recht
ganz aufgehoben sey? Da war eher zu
behaupten, daß in Sachen, welche einen Fürsten
für seine Person, Ehre und Leben, oder ein gan-
zes Fürstenthum beträfen, auf gleiche Art, wie es
ehedem bey dem im Jahre 1235. angeordneten kai-
serlichen Hofgerichte gehalten war, dem Kaiser vor-
behalten bliebe, außer dem Cammergerichte noch
selbst zu Gericht zu sitzen, aber nicht mit einer
Anzahl nur von ihm abhangender Räthe, sondern
mit Zuziehung unpartheyischer Churfürsten oder Für-
sten und Grafen, solche Rechtssachen zu entschei-
den. In der Cammergerichtsordnung selbst ward
zwar nichts davon gedacht. Aber es ließ sich doch
nach Analogie und Herkommen behaupten. Das
letztere bewährte selbst Max noch durch sein Beyspiel,
da er im Jahre 1504. in einer Successionsstrei-

tig-
(v) Sammlung der Reichsabschiede Th. 2.
S. 148. §. 8.

2) Reichshofrath u. Auſtraͤge.
net, daß ”taͤglich der Partheyen Haͤndel und Sa-
„chen am kaiſerlichen Hofe angewachſen” (v). Es
blieb aber doch in der Hauptſache dabey, daß ei-
gentliche Proceſſe nicht anders als am Cammer-
gerichte verhandelt werden konnten. Die Reichs-
geſetze ſprachen immer nur vom Cammergerichte,
als dem einzigen hoͤchſten Reichsgerichte. Daß der
Reichshofrath eine mit demſelben concurrirende Ge-
richtbarkeit haben ſollte, und daß es alſo zwey hoͤch-
ſte Reichsgerichte gaͤbe, unter denen ein jeder Klaͤ-
ger die Wahl habe (wie es jetzt iſt,) ließ ſich nach
der Verfaſſung und den Reichsgeſetzen des ganzen
XVI. Jahrhunderts unmoͤglich behaupten.

Eine andere Frage war es: ob mit Errich-IV.
tung des Cammergerichts das ehemalige Fuͤrſten-
recht
ganz aufgehoben ſey? Da war eher zu
behaupten, daß in Sachen, welche einen Fuͤrſten
fuͤr ſeine Perſon, Ehre und Leben, oder ein gan-
zes Fuͤrſtenthum betraͤfen, auf gleiche Art, wie es
ehedem bey dem im Jahre 1235. angeordneten kai-
ſerlichen Hofgerichte gehalten war, dem Kaiſer vor-
behalten bliebe, außer dem Cammergerichte noch
ſelbſt zu Gericht zu ſitzen, aber nicht mit einer
Anzahl nur von ihm abhangender Raͤthe, ſondern
mit Zuziehung unpartheyiſcher Churfuͤrſten oder Fuͤr-
ſten und Grafen, ſolche Rechtsſachen zu entſchei-
den. In der Cammergerichtsordnung ſelbſt ward
zwar nichts davon gedacht. Aber es ließ ſich doch
nach Analogie und Herkommen behaupten. Das
letztere bewaͤhrte ſelbſt Max noch durch ſein Beyſpiel,
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tig-
(v) Sammlung der Reichsabſchiede Th. 2.
S. 148. §. 8.
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[319/0353] 2) Reichshofrath u. Auſtraͤge. net, daß ”taͤglich der Partheyen Haͤndel und Sa- „chen am kaiſerlichen Hofe angewachſen” (v). Es blieb aber doch in der Hauptſache dabey, daß ei- gentliche Proceſſe nicht anders als am Cammer- gerichte verhandelt werden konnten. Die Reichs- geſetze ſprachen immer nur vom Cammergerichte, als dem einzigen hoͤchſten Reichsgerichte. Daß der Reichshofrath eine mit demſelben concurrirende Ge- richtbarkeit haben ſollte, und daß es alſo zwey hoͤch- ſte Reichsgerichte gaͤbe, unter denen ein jeder Klaͤ- ger die Wahl habe (wie es jetzt iſt,) ließ ſich nach der Verfaſſung und den Reichsgeſetzen des ganzen XVI. Jahrhunderts unmoͤglich behaupten. Eine andere Frage war es: ob mit Errich- tung des Cammergerichts das ehemalige Fuͤrſten- recht ganz aufgehoben ſey? Da war eher zu behaupten, daß in Sachen, welche einen Fuͤrſten fuͤr ſeine Perſon, Ehre und Leben, oder ein gan- zes Fuͤrſtenthum betraͤfen, auf gleiche Art, wie es ehedem bey dem im Jahre 1235. angeordneten kai- ſerlichen Hofgerichte gehalten war, dem Kaiſer vor- behalten bliebe, außer dem Cammergerichte noch ſelbſt zu Gericht zu ſitzen, aber nicht mit einer Anzahl nur von ihm abhangender Raͤthe, ſondern mit Zuziehung unpartheyiſcher Churfuͤrſten oder Fuͤr- ſten und Grafen, ſolche Rechtsſachen zu entſchei- den. In der Cammergerichtsordnung ſelbſt ward zwar nichts davon gedacht. Aber es ließ ſich doch nach Analogie und Herkommen behaupten. Das letztere bewaͤhrte ſelbſt Max noch durch ſein Beyſpiel, da er im Jahre 1504. in einer Succeſſionsſtrei- tig- IV. (v) Sammlung der Reichsabſchiede Th. 2. S. 148. §. 8.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/353>, abgerufen am 22.11.2024.