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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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1) Landfriede, Cammergericht etc.
(1495. Aug. 7.) errichtet. Max selbst bezeigte
zwar nicht viel größere Neigung dazu, als sein
Vater bezeigt hatte. Seine Vorträge auf dem
Reichstage zu Worms giengen erst nur auf Hülfe
an Volk und Geld gegen Frankreich und die Tür-
ken. Allein die Stände machten es ihm erst zur
Bedingung, eher die innerliche Ruhe Teutschlandes
zu befestigen, ehe an auswärtige Hülfe zu denken
sey. Max mußte also nunmehr die von den Stän-
den schon 1486. gemachten Entwürfe von Land-
frieden und Cammergerichtsordnung vornehmen,
und allenfalls erklären, was er noch dabey zu er-
innern fand. So kamen endlich diese beiden wich-
tigen Dinge zu Stande, und zwar ohne daß Max
mit seinen Erinnerungen viel ausrichtete, son-
dern so, daß das Gewicht bey dieser neuen Gesetz-
gebung mehr auf Seiten der Stände als des Kai-
sers war.

Was den Landfrieden anbetrifft, schien manIV.
doch endlich zu begreifen, daß es nicht hinlänglich
sey, wie man bisher versucht hatte, nur besondere
Landfrieden für diese oder jene Gegenden, und nur
auf eine gewisse Anzahl Jahre zu errichten, oder
gar die Freyheit einer dreytägigen Vorherverkündi-
gung zur Befehdung auszubehalten. Dieses letz-
tere Unding mußte nothwendig ganz gehoben wer-
den, und alles, was man in der Absicht machte,
mußte auf ewig und auf ganz Teutschland gerich-
tet seyn. So war also erst ein ersprießlicher Er-
folg davon zu hoffen, wenn nunmehr Kaiser und
Reich durch diesen ewigen allgemeinen Landfrieden
ihre gesetzgebende Gewalt dahin vereinigten: daß
von nun an niemand den andern befehden, bekrie-

gen,
U 3

1) Landfriede, Cammergericht ꝛc.
(1495. Aug. 7.) errichtet. Max ſelbſt bezeigte
zwar nicht viel groͤßere Neigung dazu, als ſein
Vater bezeigt hatte. Seine Vortraͤge auf dem
Reichstage zu Worms giengen erſt nur auf Huͤlfe
an Volk und Geld gegen Frankreich und die Tuͤr-
ken. Allein die Staͤnde machten es ihm erſt zur
Bedingung, eher die innerliche Ruhe Teutſchlandes
zu befeſtigen, ehe an auswaͤrtige Huͤlfe zu denken
ſey. Max mußte alſo nunmehr die von den Staͤn-
den ſchon 1486. gemachten Entwuͤrfe von Land-
frieden und Cammergerichtsordnung vornehmen,
und allenfalls erklaͤren, was er noch dabey zu er-
innern fand. So kamen endlich dieſe beiden wich-
tigen Dinge zu Stande, und zwar ohne daß Max
mit ſeinen Erinnerungen viel ausrichtete, ſon-
dern ſo, daß das Gewicht bey dieſer neuen Geſetz-
gebung mehr auf Seiten der Staͤnde als des Kai-
ſers war.

Was den Landfrieden anbetrifft, ſchien manIV.
doch endlich zu begreifen, daß es nicht hinlaͤnglich
ſey, wie man bisher verſucht hatte, nur beſondere
Landfrieden fuͤr dieſe oder jene Gegenden, und nur
auf eine gewiſſe Anzahl Jahre zu errichten, oder
gar die Freyheit einer dreytaͤgigen Vorherverkuͤndi-
gung zur Befehdung auszubehalten. Dieſes letz-
tere Unding mußte nothwendig ganz gehoben wer-
den, und alles, was man in der Abſicht machte,
mußte auf ewig und auf ganz Teutſchland gerich-
tet ſeyn. So war alſo erſt ein erſprießlicher Er-
folg davon zu hoffen, wenn nunmehr Kaiſer und
Reich durch dieſen ewigen allgemeinen Landfrieden
ihre geſetzgebende Gewalt dahin vereinigten: daß
von nun an niemand den andern befehden, bekrie-

gen,
U 3
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[309/0343] 1) Landfriede, Cammergericht ꝛc. (1495. Aug. 7.) errichtet. Max ſelbſt bezeigte zwar nicht viel groͤßere Neigung dazu, als ſein Vater bezeigt hatte. Seine Vortraͤge auf dem Reichstage zu Worms giengen erſt nur auf Huͤlfe an Volk und Geld gegen Frankreich und die Tuͤr- ken. Allein die Staͤnde machten es ihm erſt zur Bedingung, eher die innerliche Ruhe Teutſchlandes zu befeſtigen, ehe an auswaͤrtige Huͤlfe zu denken ſey. Max mußte alſo nunmehr die von den Staͤn- den ſchon 1486. gemachten Entwuͤrfe von Land- frieden und Cammergerichtsordnung vornehmen, und allenfalls erklaͤren, was er noch dabey zu er- innern fand. So kamen endlich dieſe beiden wich- tigen Dinge zu Stande, und zwar ohne daß Max mit ſeinen Erinnerungen viel ausrichtete, ſon- dern ſo, daß das Gewicht bey dieſer neuen Geſetz- gebung mehr auf Seiten der Staͤnde als des Kai- ſers war. Was den Landfrieden anbetrifft, ſchien man doch endlich zu begreifen, daß es nicht hinlaͤnglich ſey, wie man bisher verſucht hatte, nur beſondere Landfrieden fuͤr dieſe oder jene Gegenden, und nur auf eine gewiſſe Anzahl Jahre zu errichten, oder gar die Freyheit einer dreytaͤgigen Vorherverkuͤndi- gung zur Befehdung auszubehalten. Dieſes letz- tere Unding mußte nothwendig ganz gehoben wer- den, und alles, was man in der Abſicht machte, mußte auf ewig und auf ganz Teutſchland gerich- tet ſeyn. So war alſo erſt ein erſprießlicher Er- folg davon zu hoffen, wenn nunmehr Kaiſer und Reich durch dieſen ewigen allgemeinen Landfrieden ihre geſetzgebende Gewalt dahin vereinigten: daß von nun an niemand den andern befehden, bekrie- gen, IV. U 3

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/343>, abgerufen am 19.05.2024.