Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite
4) Carl IV. -- Sigism. 1356-1414.

Am nachtheiligsten für die Aufnahme der fürst-XI.
lichen Häuser schien jetzt der Gebrauch zu seyn,
den man je länger je mehr vom Römischen Rechte
machte, womit unter andern die demselben unbe-
kannten Grundsätze von Unveräußerlichkeit geerbter
Güter und vom Vorzuge des Mannsstamms vor
Töchtern, als die Hauptstützen des unerschütterli-
chen Glanzes unserer hohen Häuser, schon merklich
wankend gemacht wurden. Auffallend waren in-
sonderheit die Beyspiele, wie die Mark Branden-
burg
in weniger als einem halben Jahrhundert
durch unternommene freye Dispositionen vom Hause
Baiern an das Haus Lüxenburg, und von diesem
an das Haus Hohenzollern kam (y); und die
Herzogthümer Lüneburg (z) und Lothringen (a)

durch
(y) Im Jahre 1373. brachte Carl der IV. die
Mark Brandenburg von ihrem damaligen Besitzer,
Otto aus dem Hause Baiern, käuflich an sich.
Im Jahre 1415. überließ sie Carls Sohn Sigis-
mund schon wieder an Friedrich den I. Burggrafen
von Nürnberg aus dem Hause Hohenzollern, den
Stammvater des Hauses Brandenburg, wie es
noch jetzt blühet.
(z) Da der Herzog Wilhelm von Lüneburg
1369. als der letzte seiner Linie gestorben war,
machte dessen Tochter Sohn Albrecht von Sachsen
den Stammsvettern des Hauses Braunschweig die
Succession streitig, erhielt auch einen günstigen
Ausspruch von Carl dem IV., und kam zum Theil
schon in Besitz. Erst ein Treffen bey Winsen an
der Aller im Jahre 1388. entschied zum Vortheile
der Braunschweigischen Stammsvettern.
(a) Nach Abgang des Herzogs Carls des Küh-
nen von Lothringen (+ 1430.) wurde dessen
Bru-
S
4) Carl IV. — Sigism. 1356-1414.

Am nachtheiligſten fuͤr die Aufnahme der fuͤrſt-XI.
lichen Haͤuſer ſchien jetzt der Gebrauch zu ſeyn,
den man je laͤnger je mehr vom Roͤmiſchen Rechte
machte, womit unter andern die demſelben unbe-
kannten Grundſaͤtze von Unveraͤußerlichkeit geerbter
Guͤter und vom Vorzuge des Mannsſtamms vor
Toͤchtern, als die Hauptſtuͤtzen des unerſchuͤtterli-
chen Glanzes unſerer hohen Haͤuſer, ſchon merklich
wankend gemacht wurden. Auffallend waren in-
ſonderheit die Beyſpiele, wie die Mark Branden-
burg
in weniger als einem halben Jahrhundert
durch unternommene freye Dispoſitionen vom Hauſe
Baiern an das Haus Luͤxenburg, und von dieſem
an das Haus Hohenzollern kam (y); und die
Herzogthuͤmer Luͤneburg (z) und Lothringen (a)

durch
(y) Im Jahre 1373. brachte Carl der IV. die
Mark Brandenburg von ihrem damaligen Beſitzer,
Otto aus dem Hauſe Baiern, kaͤuflich an ſich.
Im Jahre 1415. uͤberließ ſie Carls Sohn Sigis-
mund ſchon wieder an Friedrich den I. Burggrafen
von Nuͤrnberg aus dem Hauſe Hohenzollern, den
Stammvater des Hauſes Brandenburg, wie es
noch jetzt bluͤhet.
(z) Da der Herzog Wilhelm von Luͤneburg
1369. als der letzte ſeiner Linie geſtorben war,
machte deſſen Tochter Sohn Albrecht von Sachſen
den Stammsvettern des Hauſes Braunſchweig die
Succeſſion ſtreitig, erhielt auch einen guͤnſtigen
Ausſpruch von Carl dem IV., und kam zum Theil
ſchon in Beſitz. Erſt ein Treffen bey Winſen an
der Aller im Jahre 1388. entſchied zum Vortheile
der Braunſchweigiſchen Stammsvettern.
(a) Nach Abgang des Herzogs Carls des Kuͤh-
nen von Lothringen († 1430.) wurde deſſen
Bru-
S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0307" n="273"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">4) Carl <hi rendition="#aq">IV.</hi> &#x2014; Sigism. 1356-1414.</hi> </fw><lb/>
          <p>Am nachtheilig&#x017F;ten fu&#x0364;r die Aufnahme der fu&#x0364;r&#x017F;t-<note place="right"><hi rendition="#aq">XI.</hi></note><lb/>
lichen Ha&#x0364;u&#x017F;er &#x017F;chien jetzt der Gebrauch zu &#x017F;eyn,<lb/>
den man je la&#x0364;nger je mehr vom Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rechte<lb/>
machte, womit unter andern die dem&#x017F;elben unbe-<lb/>
kannten Grund&#x017F;a&#x0364;tze von Unvera&#x0364;ußerlichkeit geerbter<lb/>
Gu&#x0364;ter und vom Vorzuge des Manns&#x017F;tamms vor<lb/>
To&#x0364;chtern, als die Haupt&#x017F;tu&#x0364;tzen des uner&#x017F;chu&#x0364;tterli-<lb/>
chen Glanzes un&#x017F;erer hohen Ha&#x0364;u&#x017F;er, &#x017F;chon merklich<lb/>
wankend gemacht wurden. Auffallend waren in-<lb/>
&#x017F;onderheit die Bey&#x017F;piele, wie die Mark <hi rendition="#fr">Branden-<lb/>
burg</hi> in weniger als einem halben Jahrhundert<lb/>
durch unternommene freye Dispo&#x017F;itionen vom Hau&#x017F;e<lb/>
Baiern an das Haus Lu&#x0364;xenburg, und von die&#x017F;em<lb/>
an das Haus Hohenzollern kam <note place="foot" n="(y)">Im Jahre 1373. brachte Carl der <hi rendition="#aq">IV.</hi> die<lb/>
Mark <hi rendition="#fr">Brandenburg</hi> von ihrem damaligen Be&#x017F;itzer,<lb/>
Otto aus dem Hau&#x017F;e Baiern, ka&#x0364;uflich an &#x017F;ich.<lb/>
Im Jahre 1415. u&#x0364;berließ &#x017F;ie Carls Sohn Sigis-<lb/>
mund &#x017F;chon wieder an Friedrich den <hi rendition="#aq">I.</hi> Burggrafen<lb/>
von Nu&#x0364;rnberg aus dem Hau&#x017F;e Hohenzollern, den<lb/>
Stammvater des Hau&#x017F;es Brandenburg, wie es<lb/>
noch jetzt blu&#x0364;het.</note>; und die<lb/>
Herzogthu&#x0364;mer <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;neburg</hi> <note place="foot" n="(z)">Da der Herzog Wilhelm von <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;neburg</hi><lb/>
1369. als der letzte &#x017F;einer Linie ge&#x017F;torben war,<lb/>
machte de&#x017F;&#x017F;en Tochter Sohn Albrecht von Sach&#x017F;en<lb/>
den Stammsvettern des Hau&#x017F;es Braun&#x017F;chweig die<lb/>
Succe&#x017F;&#x017F;ion &#x017F;treitig, erhielt auch einen gu&#x0364;n&#x017F;tigen<lb/>
Aus&#x017F;pruch von Carl dem <hi rendition="#aq">IV.</hi>, und kam zum Theil<lb/>
&#x017F;chon in Be&#x017F;itz. Er&#x017F;t ein Treffen bey Win&#x017F;en an<lb/>
der Aller im Jahre 1388. ent&#x017F;chied zum Vortheile<lb/>
der Braun&#x017F;chweigi&#x017F;chen Stammsvettern.</note> und <hi rendition="#fr">Lothringen</hi> <note xml:id="seg2pn_15_1" next="#seg2pn_15_2" place="foot" n="(a)">Nach Abgang des Herzogs Carls des Ku&#x0364;h-<lb/>
nen von <hi rendition="#fr">Lothringen</hi> (&#x2020; 1430.) wurde de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Bru-</fw></note><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0307] 4) Carl IV. — Sigism. 1356-1414. Am nachtheiligſten fuͤr die Aufnahme der fuͤrſt- lichen Haͤuſer ſchien jetzt der Gebrauch zu ſeyn, den man je laͤnger je mehr vom Roͤmiſchen Rechte machte, womit unter andern die demſelben unbe- kannten Grundſaͤtze von Unveraͤußerlichkeit geerbter Guͤter und vom Vorzuge des Mannsſtamms vor Toͤchtern, als die Hauptſtuͤtzen des unerſchuͤtterli- chen Glanzes unſerer hohen Haͤuſer, ſchon merklich wankend gemacht wurden. Auffallend waren in- ſonderheit die Beyſpiele, wie die Mark Branden- burg in weniger als einem halben Jahrhundert durch unternommene freye Dispoſitionen vom Hauſe Baiern an das Haus Luͤxenburg, und von dieſem an das Haus Hohenzollern kam (y); und die Herzogthuͤmer Luͤneburg (z) und Lothringen (a) durch XI. (y) Im Jahre 1373. brachte Carl der IV. die Mark Brandenburg von ihrem damaligen Beſitzer, Otto aus dem Hauſe Baiern, kaͤuflich an ſich. Im Jahre 1415. uͤberließ ſie Carls Sohn Sigis- mund ſchon wieder an Friedrich den I. Burggrafen von Nuͤrnberg aus dem Hauſe Hohenzollern, den Stammvater des Hauſes Brandenburg, wie es noch jetzt bluͤhet. (z) Da der Herzog Wilhelm von Luͤneburg 1369. als der letzte ſeiner Linie geſtorben war, machte deſſen Tochter Sohn Albrecht von Sachſen den Stammsvettern des Hauſes Braunſchweig die Succeſſion ſtreitig, erhielt auch einen guͤnſtigen Ausſpruch von Carl dem IV., und kam zum Theil ſchon in Beſitz. Erſt ein Treffen bey Winſen an der Aller im Jahre 1388. entſchied zum Vortheile der Braunſchweigiſchen Stammsvettern. (a) Nach Abgang des Herzogs Carls des Kuͤh- nen von Lothringen († 1430.) wurde deſſen Bru- S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/307
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/307>, abgerufen am 17.05.2024.