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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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4) Carl IV. -- Sigism. 1356-1414.
geben. Aber der Vorzug, der am Reichstage so-
wohl Herzogen, wie auch Pfalzgrafen und Marg-
grafen, über bloße Reichsgrafen, als Bischöfen
und Erzbischöfen über Aebte und andere Reichs-
prälaten zugestanden wurde, hatte zuerst die allge-
meine Benennung der Fürsten aufgebracht, um
eben den Vorzug anzudeuten, den Herzoge und
Bischöfe in Ansehung ihres beiderseitigen Ranges
über Grafen und Prälaten mit einander gemein
hatten. Nun konnte es freylich geschehen, daß z. B.
ein Graf von Wettin, indem ihn der Kaiser zum
Marggrafen von Meissen ernannte, eben damit
auch dem Kaiser die fürstliche Würde zu danken
hatte. Aber nicht so hatte es der Kaiser in seiner
Gewalt, einen Abt zum Bischofe zu machen, um
ihn dadurch zur fürstlichen Würde zu erhöhen.
Doch eine und andere Abtey, namentlich inson-
derheit Fulda, wurde wegen der Größe ihres Ge-
bietes und anderer Vorzüge beynahe ursprünglich
schon als eine fürstliche Abtey behandelt (r). Das
mag vielleicht den ersten Anlaß gegeben haben, daß
nach und nach mehr Aebte nur die fürstliche Würde
durch kaiserliche Begnadigung zu erlangen gesucht
haben (s). Die nannte man hernach gefürstere

Prä-
(r) In einer Urkunde Kaiser Conrads des II.
wird Fulda schon principalis abbstia genannt.
Brower antiquit. Fuldens. lib. 3. cap. 17.
(s) So findet sich eine Urkunde vom K. Ru-
dolf von Habsburg vom Jahre 1274. in Herr-
gott
origin. Habsburg.
wo es heißt: "abbatem
monasterii Heremitarum in principum S. R. I. con-
sortium
adsciscimus."
In einer andern Urkunde
von eben diesem Rudolf vom Jahre 1290. heißt
es vom Abte zu Murbach und Lüder: "ipsum tam-
quam

4) Carl IV. — Sigism. 1356-1414.
geben. Aber der Vorzug, der am Reichstage ſo-
wohl Herzogen, wie auch Pfalzgrafen und Marg-
grafen, uͤber bloße Reichsgrafen, als Biſchoͤfen
und Erzbiſchoͤfen uͤber Aebte und andere Reichs-
praͤlaten zugeſtanden wurde, hatte zuerſt die allge-
meine Benennung der Fuͤrſten aufgebracht, um
eben den Vorzug anzudeuten, den Herzoge und
Biſchoͤfe in Anſehung ihres beiderſeitigen Ranges
uͤber Grafen und Praͤlaten mit einander gemein
hatten. Nun konnte es freylich geſchehen, daß z. B.
ein Graf von Wettin, indem ihn der Kaiſer zum
Marggrafen von Meiſſen ernannte, eben damit
auch dem Kaiſer die fuͤrſtliche Wuͤrde zu danken
hatte. Aber nicht ſo hatte es der Kaiſer in ſeiner
Gewalt, einen Abt zum Biſchofe zu machen, um
ihn dadurch zur fuͤrſtlichen Wuͤrde zu erhoͤhen.
Doch eine und andere Abtey, namentlich inſon-
derheit Fulda, wurde wegen der Groͤße ihres Ge-
bietes und anderer Vorzuͤge beynahe urſpruͤnglich
ſchon als eine fuͤrſtliche Abtey behandelt (r). Das
mag vielleicht den erſten Anlaß gegeben haben, daß
nach und nach mehr Aebte nur die fuͤrſtliche Wuͤrde
durch kaiſerliche Begnadigung zu erlangen geſucht
haben (s). Die nannte man hernach gefuͤrſtere

Praͤ-
(r) In einer Urkunde Kaiſer Conrads des II.
wird Fulda ſchon principalis abbstia genannt.
Brower antiquit. Fuldenſ. lib. 3. cap. 17.
(s) So findet ſich eine Urkunde vom K. Ru-
dolf von Habsburg vom Jahre 1274. in Herr-
gott
origin. Habsburg.
wo es heißt: ”abbatem
monaſterii Heremitarum in principum S. R. I. con-
ſortium
adſciſcimus.”
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von eben dieſem Rudolf vom Jahre 1290. heißt
es vom Abte zu Murbach und Luͤder: ”ipſum tam-
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[267/0301] 4) Carl IV. — Sigism. 1356-1414. geben. Aber der Vorzug, der am Reichstage ſo- wohl Herzogen, wie auch Pfalzgrafen und Marg- grafen, uͤber bloße Reichsgrafen, als Biſchoͤfen und Erzbiſchoͤfen uͤber Aebte und andere Reichs- praͤlaten zugeſtanden wurde, hatte zuerſt die allge- meine Benennung der Fuͤrſten aufgebracht, um eben den Vorzug anzudeuten, den Herzoge und Biſchoͤfe in Anſehung ihres beiderſeitigen Ranges uͤber Grafen und Praͤlaten mit einander gemein hatten. Nun konnte es freylich geſchehen, daß z. B. ein Graf von Wettin, indem ihn der Kaiſer zum Marggrafen von Meiſſen ernannte, eben damit auch dem Kaiſer die fuͤrſtliche Wuͤrde zu danken hatte. Aber nicht ſo hatte es der Kaiſer in ſeiner Gewalt, einen Abt zum Biſchofe zu machen, um ihn dadurch zur fuͤrſtlichen Wuͤrde zu erhoͤhen. Doch eine und andere Abtey, namentlich inſon- derheit Fulda, wurde wegen der Groͤße ihres Ge- bietes und anderer Vorzuͤge beynahe urſpruͤnglich ſchon als eine fuͤrſtliche Abtey behandelt (r). Das mag vielleicht den erſten Anlaß gegeben haben, daß nach und nach mehr Aebte nur die fuͤrſtliche Wuͤrde durch kaiſerliche Begnadigung zu erlangen geſucht haben (s). Die nannte man hernach gefuͤrſtere Praͤ- (r) In einer Urkunde Kaiſer Conrads des II. wird Fulda ſchon principalis abbstia genannt. Brower antiquit. Fuldenſ. lib. 3. cap. 17. (s) So findet ſich eine Urkunde vom K. Ru- dolf von Habsburg vom Jahre 1274. in Herr- gott origin. Habsburg. wo es heißt: ”abbatem monaſterii Heremitarum in principum S. R. I. con- ſortium adſciſcimus.” In einer andern Urkunde von eben dieſem Rudolf vom Jahre 1290. heißt es vom Abte zu Murbach und Luͤder: ”ipſum tam- quam

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/301>, abgerufen am 17.05.2024.