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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
keine andere Standeserhöhungen üblich, als was
in der That Beförderungen zu höheren Ehrenstel-
len oder Erwerbungen eines mit einer höheren
Würde verbundenen Landes waren, wie z. B. ein
Graf von Wettin Marggraf von Meissen, ein
Marggraf von Oesterreich Herzog von Baiern wur-
de. Als ein ganz außerordentlicher Fall war es
nur anzusehen, daß Oesterreich selbst, da dessen
Besitzer das der Welfischen Familie mit der Achts-
erklärung Henrichs des Stolzen entzogene Herzog-
thum Baiern derselben zurückgeben mußte, aus
einer Marggrafschaft in ein Herzogthum verwan-
delt wurde. So waren es auch ganz besondere
Umstände, wie den Häusern Braunschweig und
Hessen die Fortführung ihrer schon vorher gehabten
herzoglichen oder landgräflichen Titel nur mit Be-
nennung von anderen Ländern zugesichert wurde.
Auch hatte es endlich noch eine andere Bewandt-
niß, wenn der Kaiser etwa einen Wendischen Für-
sten zum Herzoge ernannte, um ihn dadurch gleich-
sam des Indigenats eines Teutschen Reichsfürsten
näher theilhaftig zu machen, wie Pommern auf
solche Art von Friedrich dem I., und Mecklenburg
(1349.) von Carl dem IV. die herzogliche Würde
erhielt. Jetzt zeigte sich ein ganz anderer Begriff
von Standeserhöhungen, da es darum galt, die
fürstliche Würde als eine höhere Stuffe des Her-
renstandes jemanden angedeihen zu laßen.


VI.

Dem Stande nach waren Herzoge und Grafen
eigentlich nicht von einander unterschieden; ein
Herzog konnte, ohne sich an seinem Stande etwas
zu vergeben, eine Gräfinn zur Gemahlinn nehmen,
oder seine Tochter einem Grafen zur Gemahlinn

geben.

III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
keine andere Standeserhoͤhungen uͤblich, als was
in der That Befoͤrderungen zu hoͤheren Ehrenſtel-
len oder Erwerbungen eines mit einer hoͤheren
Wuͤrde verbundenen Landes waren, wie z. B. ein
Graf von Wettin Marggraf von Meiſſen, ein
Marggraf von Oeſterreich Herzog von Baiern wur-
de. Als ein ganz außerordentlicher Fall war es
nur anzuſehen, daß Oeſterreich ſelbſt, da deſſen
Beſitzer das der Welfiſchen Familie mit der Achts-
erklaͤrung Henrichs des Stolzen entzogene Herzog-
thum Baiern derſelben zuruͤckgeben mußte, aus
einer Marggrafſchaft in ein Herzogthum verwan-
delt wurde. So waren es auch ganz beſondere
Umſtaͤnde, wie den Haͤuſern Braunſchweig und
Heſſen die Fortfuͤhrung ihrer ſchon vorher gehabten
herzoglichen oder landgraͤflichen Titel nur mit Be-
nennung von anderen Laͤndern zugeſichert wurde.
Auch hatte es endlich noch eine andere Bewandt-
niß, wenn der Kaiſer etwa einen Wendiſchen Fuͤr-
ſten zum Herzoge ernannte, um ihn dadurch gleich-
ſam des Indigenats eines Teutſchen Reichsfuͤrſten
naͤher theilhaftig zu machen, wie Pommern auf
ſolche Art von Friedrich dem I., und Mecklenburg
(1349.) von Carl dem IV. die herzogliche Wuͤrde
erhielt. Jetzt zeigte ſich ein ganz anderer Begriff
von Standeserhoͤhungen, da es darum galt, die
fuͤrſtliche Wuͤrde als eine hoͤhere Stuffe des Her-
renſtandes jemanden angedeihen zu laßen.


VI.

Dem Stande nach waren Herzoge und Grafen
eigentlich nicht von einander unterſchieden; ein
Herzog konnte, ohne ſich an ſeinem Stande etwas
zu vergeben, eine Graͤfinn zur Gemahlinn nehmen,
oder ſeine Tochter einem Grafen zur Gemahlinn

geben.
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[266/0300] III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493. keine andere Standeserhoͤhungen uͤblich, als was in der That Befoͤrderungen zu hoͤheren Ehrenſtel- len oder Erwerbungen eines mit einer hoͤheren Wuͤrde verbundenen Landes waren, wie z. B. ein Graf von Wettin Marggraf von Meiſſen, ein Marggraf von Oeſterreich Herzog von Baiern wur- de. Als ein ganz außerordentlicher Fall war es nur anzuſehen, daß Oeſterreich ſelbſt, da deſſen Beſitzer das der Welfiſchen Familie mit der Achts- erklaͤrung Henrichs des Stolzen entzogene Herzog- thum Baiern derſelben zuruͤckgeben mußte, aus einer Marggrafſchaft in ein Herzogthum verwan- delt wurde. So waren es auch ganz beſondere Umſtaͤnde, wie den Haͤuſern Braunſchweig und Heſſen die Fortfuͤhrung ihrer ſchon vorher gehabten herzoglichen oder landgraͤflichen Titel nur mit Be- nennung von anderen Laͤndern zugeſichert wurde. Auch hatte es endlich noch eine andere Bewandt- niß, wenn der Kaiſer etwa einen Wendiſchen Fuͤr- ſten zum Herzoge ernannte, um ihn dadurch gleich- ſam des Indigenats eines Teutſchen Reichsfuͤrſten naͤher theilhaftig zu machen, wie Pommern auf ſolche Art von Friedrich dem I., und Mecklenburg (1349.) von Carl dem IV. die herzogliche Wuͤrde erhielt. Jetzt zeigte ſich ein ganz anderer Begriff von Standeserhoͤhungen, da es darum galt, die fuͤrſtliche Wuͤrde als eine hoͤhere Stuffe des Her- renſtandes jemanden angedeihen zu laßen. Dem Stande nach waren Herzoge und Grafen eigentlich nicht von einander unterſchieden; ein Herzog konnte, ohne ſich an ſeinem Stande etwas zu vergeben, eine Graͤfinn zur Gemahlinn nehmen, oder ſeine Tochter einem Grafen zur Gemahlinn geben.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/300>, abgerufen am 22.11.2024.