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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
unter ihrem eignen Herzoge stehen wollen. (Die
eigentlichen Gränzen der beiden Reichsvicariate sind
erst den 9. Jun. 1750. unter den damaligen Vi-
cariatshöfen verglichen worden. Das Sächsische
Vicariat soll in Franken noch Henneberg unter
sich haben, und in Westphalen Paderborn, Osna-
brück, Corvey, Oldenburg, Delmenhorst, Hoya,
Diepholz, Pyrmont, Lippe, Schaumburg und
Rittberg. Zum Rheinischen Vicariate soll nicht
nur das Erzstift Cölln gehören, sondern auch das
Herzogthum Westphalen, das Hochstift Münster,
das Fürstenthum Minden, die Abtey Hervorden,
sodann Ostfriesland, Ravensberg, Tecklenburg
und Bentheim. Dieser Vergleich ist jedoch noch
nicht vom Reichstage bestätiget.)


XX.

Beide Reichsvicarien behaupten zwar als Reichs-
verweser (prouisores imperii, wie die goldene
Bulle sie nennt,) der Regel nach alle Rechte der kai-
serlichen Regierung ausüben zu können. Allein
die goldne Bulle eignet ihnen nur einige benannte
Rechte zu, als Gericht zu halten, geistliche Pfrün-
den zu vergeben, Einkünfte zu erheben, und Be-
lehnungen, nur nicht über Fahnenlehne (d. i. über
ganze Fürstenthümer, deren Belehnung dem zu er-
wehlenden Kaiser vorbehalten bleiben soll,) zu er-
theilen. Sie verbietet ihnen hingegen alle Ver-
äußerungen.


XXI.

Dem Churfürsten von der Pfalz wird überdies
noch das besondere Vorrecht zugestanden, daß er
über Beschwerden, die gegen den Kaiser angebracht
würden, an dessen Hoflager Gericht halten könne.
(Vermuthlich so, wie auch andere Monarchen und

Teut-

III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
unter ihrem eignen Herzoge ſtehen wollen. (Die
eigentlichen Graͤnzen der beiden Reichsvicariate ſind
erſt den 9. Jun. 1750. unter den damaligen Vi-
cariatshoͤfen verglichen worden. Das Saͤchſiſche
Vicariat ſoll in Franken noch Henneberg unter
ſich haben, und in Weſtphalen Paderborn, Osna-
bruͤck, Corvey, Oldenburg, Delmenhorſt, Hoya,
Diepholz, Pyrmont, Lippe, Schaumburg und
Rittberg. Zum Rheiniſchen Vicariate ſoll nicht
nur das Erzſtift Coͤlln gehoͤren, ſondern auch das
Herzogthum Weſtphalen, das Hochſtift Muͤnſter,
das Fuͤrſtenthum Minden, die Abtey Hervorden,
ſodann Oſtfriesland, Ravensberg, Tecklenburg
und Bentheim. Dieſer Vergleich iſt jedoch noch
nicht vom Reichstage beſtaͤtiget.)


XX.

Beide Reichsvicarien behaupten zwar als Reichs-
verweſer (prouiſores imperii, wie die goldene
Bulle ſie nennt,) der Regel nach alle Rechte der kai-
ſerlichen Regierung ausuͤben zu koͤnnen. Allein
die goldne Bulle eignet ihnen nur einige benannte
Rechte zu, als Gericht zu halten, geiſtliche Pfruͤn-
den zu vergeben, Einkuͤnfte zu erheben, und Be-
lehnungen, nur nicht uͤber Fahnenlehne (d. i. uͤber
ganze Fuͤrſtenthuͤmer, deren Belehnung dem zu er-
wehlenden Kaiſer vorbehalten bleiben ſoll,) zu er-
theilen. Sie verbietet ihnen hingegen alle Ver-
aͤußerungen.


XXI.

Dem Churfuͤrſten von der Pfalz wird uͤberdies
noch das beſondere Vorrecht zugeſtanden, daß er
uͤber Beſchwerden, die gegen den Kaiſer angebracht
wuͤrden, an deſſen Hoflager Gericht halten koͤnne.
(Vermuthlich ſo, wie auch andere Monarchen und

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[254/0288] III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493. unter ihrem eignen Herzoge ſtehen wollen. (Die eigentlichen Graͤnzen der beiden Reichsvicariate ſind erſt den 9. Jun. 1750. unter den damaligen Vi- cariatshoͤfen verglichen worden. Das Saͤchſiſche Vicariat ſoll in Franken noch Henneberg unter ſich haben, und in Weſtphalen Paderborn, Osna- bruͤck, Corvey, Oldenburg, Delmenhorſt, Hoya, Diepholz, Pyrmont, Lippe, Schaumburg und Rittberg. Zum Rheiniſchen Vicariate ſoll nicht nur das Erzſtift Coͤlln gehoͤren, ſondern auch das Herzogthum Weſtphalen, das Hochſtift Muͤnſter, das Fuͤrſtenthum Minden, die Abtey Hervorden, ſodann Oſtfriesland, Ravensberg, Tecklenburg und Bentheim. Dieſer Vergleich iſt jedoch noch nicht vom Reichstage beſtaͤtiget.) Beide Reichsvicarien behaupten zwar als Reichs- verweſer (prouiſores imperii, wie die goldene Bulle ſie nennt,) der Regel nach alle Rechte der kai- ſerlichen Regierung ausuͤben zu koͤnnen. Allein die goldne Bulle eignet ihnen nur einige benannte Rechte zu, als Gericht zu halten, geiſtliche Pfruͤn- den zu vergeben, Einkuͤnfte zu erheben, und Be- lehnungen, nur nicht uͤber Fahnenlehne (d. i. uͤber ganze Fuͤrſtenthuͤmer, deren Belehnung dem zu er- wehlenden Kaiſer vorbehalten bleiben ſoll,) zu er- theilen. Sie verbietet ihnen hingegen alle Ver- aͤußerungen. Dem Churfuͤrſten von der Pfalz wird uͤberdies noch das beſondere Vorrecht zugeſtanden, daß er uͤber Beſchwerden, die gegen den Kaiſer angebracht wuͤrden, an deſſen Hoflager Gericht halten koͤnne. (Vermuthlich ſo, wie auch andere Monarchen und Teut-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/288>, abgerufen am 25.11.2024.