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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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3) Goldene Bulle 1356.
frühzeitig dem geistlichen Stande gewidmet wer-
den, um einsweilen desto reichlicher mit Pfrün-
den sich versorgen zu können, während daß einem
oder mehreren jüngeren Söhnen die künftige Erb-
folge in den Gütern des Hauses und zugleich die
Bestimmung als Stammhalter das Haus fortzu-
pflanzen zugedacht wird. In der Voraussetzung,
daß eben das in churfürstlichen Häusern geschehen
könnte, ward in der goldenen Bulle sehr zweck-
mäßig geordnet, daß alsdann, wenn etwa der
erstgebohrne Sohn eines Churfürsten den geistli-
chen Stand erwehlt hätte, nicht derselbe, sondern
nur derjenige Erstgebohrne oder darauf in der Reihe
folgende Prinz, der Laie seyn würde, zur Succes-
sion gelangen sollte. Damit war jedoch nicht ge-
sagt, daß ein Prinz, der im geistlichen Stande
lebte, ganz und gar nicht in weltlichen Ländern zur
Erbfolge gelangen könnte. Nur bey den weltli-
chen Churfürstenthümern hatte man vorzüglich Ur-
sache darauf zu sehen, daß zu deren Besitz keiner
gelangte, der durch seinen Stand abgehalten wür-
de, sein Geschlecht fortzusetzen. Vielleicht kam
auch das dabey in Betrachtung, daß ohnedem schon
drey Churen in geistlichen Händen waren. So
lange es also in einem Churhause nicht an welt-
lichen Herren fehlte, wurden billig geistliche zu-
rückgesetzt. Wenn ein ganzes Haus bis auf einen
einzigen Herrn geistlichen Standes abgegangen wä-
re; ob alsdann dieser nicht dennoch succediren
könnte? würde noch eine andere Frage seyn. In
fürstlichen Häusern würde es wenigstens kein Be-
denken haben. Daß für einen evangelischen Prin-
zen die bischöfliche und churfürstliche Würde nicht
mit einander in Widerspruch stehe, hat schon das

Bey-
Q 3

3) Goldene Bulle 1356.
fruͤhzeitig dem geiſtlichen Stande gewidmet wer-
den, um einsweilen deſto reichlicher mit Pfruͤn-
den ſich verſorgen zu koͤnnen, waͤhrend daß einem
oder mehreren juͤngeren Soͤhnen die kuͤnftige Erb-
folge in den Guͤtern des Hauſes und zugleich die
Beſtimmung als Stammhalter das Haus fortzu-
pflanzen zugedacht wird. In der Vorausſetzung,
daß eben das in churfuͤrſtlichen Haͤuſern geſchehen
koͤnnte, ward in der goldenen Bulle ſehr zweck-
maͤßig geordnet, daß alsdann, wenn etwa der
erſtgebohrne Sohn eines Churfuͤrſten den geiſtli-
chen Stand erwehlt haͤtte, nicht derſelbe, ſondern
nur derjenige Erſtgebohrne oder darauf in der Reihe
folgende Prinz, der Laie ſeyn wuͤrde, zur Succeſ-
ſion gelangen ſollte. Damit war jedoch nicht ge-
ſagt, daß ein Prinz, der im geiſtlichen Stande
lebte, ganz und gar nicht in weltlichen Laͤndern zur
Erbfolge gelangen koͤnnte. Nur bey den weltli-
chen Churfuͤrſtenthuͤmern hatte man vorzuͤglich Ur-
ſache darauf zu ſehen, daß zu deren Beſitz keiner
gelangte, der durch ſeinen Stand abgehalten wuͤr-
de, ſein Geſchlecht fortzuſetzen. Vielleicht kam
auch das dabey in Betrachtung, daß ohnedem ſchon
drey Churen in geiſtlichen Haͤnden waren. So
lange es alſo in einem Churhauſe nicht an welt-
lichen Herren fehlte, wurden billig geiſtliche zu-
ruͤckgeſetzt. Wenn ein ganzes Haus bis auf einen
einzigen Herrn geiſtlichen Standes abgegangen waͤ-
re; ob alsdann dieſer nicht dennoch ſuccediren
koͤnnte? wuͤrde noch eine andere Frage ſeyn. In
fuͤrſtlichen Haͤuſern wuͤrde es wenigſtens kein Be-
denken haben. Daß fuͤr einen evangeliſchen Prin-
zen die biſchoͤfliche und churfuͤrſtliche Wuͤrde nicht
mit einander in Widerſpruch ſtehe, hat ſchon das

Bey-
Q 3
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[245/0279] 3) Goldene Bulle 1356. fruͤhzeitig dem geiſtlichen Stande gewidmet wer- den, um einsweilen deſto reichlicher mit Pfruͤn- den ſich verſorgen zu koͤnnen, waͤhrend daß einem oder mehreren juͤngeren Soͤhnen die kuͤnftige Erb- folge in den Guͤtern des Hauſes und zugleich die Beſtimmung als Stammhalter das Haus fortzu- pflanzen zugedacht wird. In der Vorausſetzung, daß eben das in churfuͤrſtlichen Haͤuſern geſchehen koͤnnte, ward in der goldenen Bulle ſehr zweck- maͤßig geordnet, daß alsdann, wenn etwa der erſtgebohrne Sohn eines Churfuͤrſten den geiſtli- chen Stand erwehlt haͤtte, nicht derſelbe, ſondern nur derjenige Erſtgebohrne oder darauf in der Reihe folgende Prinz, der Laie ſeyn wuͤrde, zur Succeſ- ſion gelangen ſollte. Damit war jedoch nicht ge- ſagt, daß ein Prinz, der im geiſtlichen Stande lebte, ganz und gar nicht in weltlichen Laͤndern zur Erbfolge gelangen koͤnnte. Nur bey den weltli- chen Churfuͤrſtenthuͤmern hatte man vorzuͤglich Ur- ſache darauf zu ſehen, daß zu deren Beſitz keiner gelangte, der durch ſeinen Stand abgehalten wuͤr- de, ſein Geſchlecht fortzuſetzen. Vielleicht kam auch das dabey in Betrachtung, daß ohnedem ſchon drey Churen in geiſtlichen Haͤnden waren. So lange es alſo in einem Churhauſe nicht an welt- lichen Herren fehlte, wurden billig geiſtliche zu- ruͤckgeſetzt. Wenn ein ganzes Haus bis auf einen einzigen Herrn geiſtlichen Standes abgegangen waͤ- re; ob alsdann dieſer nicht dennoch ſuccediren koͤnnte? wuͤrde noch eine andere Frage ſeyn. In fuͤrſtlichen Haͤuſern wuͤrde es wenigſtens kein Be- denken haben. Daß fuͤr einen evangeliſchen Prin- zen die biſchoͤfliche und churfuͤrſtliche Wuͤrde nicht mit einander in Widerſpruch ſtehe, hat ſchon das Bey- Q 3

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/279>, abgerufen am 23.11.2024.