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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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9) Henrich der V. 1106-1125.
erbauete, auch damit ihren Namen veränderte;
wie auf solche Art die Grafen von Wittelsbach
vorher Grafen von Scheiern, die Grafen von Nas-
sau vorher Grafen von Laurenburg, die Herren
von Anhalt vorher Herren von Ballenstädt hießen
u. s. f. Oder wenn zwey Brüder etwa in zwey ver-
schiedenen Schlössern und dazu gehörigen Gebieten
sich vertheilten, behielten sie weder ihre Länder noch
ihre Namen in Gemeinschaft, sondern nannten sich
und ihre Nachkommen jeder nur nach seinem Schlosse;
wie z. B. von zwey Brüdern der eine sich Graf
von Sain, der andere Graf von Sponheim nannte,
ohne einen gemeinschaftlichen Geschlechtsnamen
beyzubehalten, wie jetzt die Häuser Isenburg, Solms,
Hohenlohe, Oettingen u. s. w. thun, wenn sie
gleich in mehrere Linien, als Isenburg-Birstein
und Büdingen; Solms-Braunfels, Solms-Lau-
bach, Solms-Hohensolms; Hohenlohe Waldenburg
und Neuenstein; Oettingen-Spielberg und Waller-
stein u. s. w. abgetheilt sind. -- Eine Bemerkung,
die deswegen von Wichtigkeit ist, weil sie zugleich
auf die ursprünglich Teutsche Art der Erbfolge in
Geschlechtern des hohen Adels ein großes Licht
wirft. Denn nach selbiger mußten zwar Töchter
gegen Söhne zurückstehen. Wenn aber ein Vater
mehrere Söhne hinterließ, so beerbten diese einan-
der nur in so weit, als sie die väterlichen Güter
in Gemeinschaft zu besitzen fortgefahren, oder bey
Theilungen sich die Gemeinschaft des Eigenthums
und die künftige gegenseitige Erbfolge mit Aus-
schließung der Töchter vorbehalten hatten. Im
widrigen Falle, wenn zwey oder mehr Brüder sich
gänzlich von einander absonderten, oder eine so
genannte Todtheilung schlossen, wie insonderheit

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9) Henrich der V. 1106-1125.
erbauete, auch damit ihren Namen veraͤnderte;
wie auf ſolche Art die Grafen von Wittelsbach
vorher Grafen von Scheiern, die Grafen von Nas-
ſau vorher Grafen von Laurenburg, die Herren
von Anhalt vorher Herren von Ballenſtaͤdt hießen
u. ſ. f. Oder wenn zwey Bruͤder etwa in zwey ver-
ſchiedenen Schloͤſſern und dazu gehoͤrigen Gebieten
ſich vertheilten, behielten ſie weder ihre Laͤnder noch
ihre Namen in Gemeinſchaft, ſondern nannten ſich
und ihre Nachkommen jeder nur nach ſeinem Schloſſe;
wie z. B. von zwey Bruͤdern der eine ſich Graf
von Sain, der andere Graf von Sponheim nannte,
ohne einen gemeinſchaftlichen Geſchlechtsnamen
beyzubehalten, wie jetzt die Haͤuſer Iſenburg, Solms,
Hohenlohe, Oettingen u. ſ. w. thun, wenn ſie
gleich in mehrere Linien, als Iſenburg-Birſtein
und Buͤdingen; Solms-Braunfels, Solms-Lau-
bach, Solms-Hohenſolms; Hohenlohe Waldenburg
und Neuenſtein; Oettingen-Spielberg und Waller-
ſtein u. ſ. w. abgetheilt ſind. — Eine Bemerkung,
die deswegen von Wichtigkeit iſt, weil ſie zugleich
auf die urſpruͤnglich Teutſche Art der Erbfolge in
Geſchlechtern des hohen Adels ein großes Licht
wirft. Denn nach ſelbiger mußten zwar Toͤchter
gegen Soͤhne zuruͤckſtehen. Wenn aber ein Vater
mehrere Soͤhne hinterließ, ſo beerbten dieſe einan-
der nur in ſo weit, als ſie die vaͤterlichen Guͤter
in Gemeinſchaft zu beſitzen fortgefahren, oder bey
Theilungen ſich die Gemeinſchaft des Eigenthums
und die kuͤnftige gegenſeitige Erbfolge mit Aus-
ſchließung der Toͤchter vorbehalten hatten. Im
widrigen Falle, wenn zwey oder mehr Bruͤder ſich
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[167/0201] 9) Henrich der V. 1106-1125. erbauete, auch damit ihren Namen veraͤnderte; wie auf ſolche Art die Grafen von Wittelsbach vorher Grafen von Scheiern, die Grafen von Nas- ſau vorher Grafen von Laurenburg, die Herren von Anhalt vorher Herren von Ballenſtaͤdt hießen u. ſ. f. Oder wenn zwey Bruͤder etwa in zwey ver- ſchiedenen Schloͤſſern und dazu gehoͤrigen Gebieten ſich vertheilten, behielten ſie weder ihre Laͤnder noch ihre Namen in Gemeinſchaft, ſondern nannten ſich und ihre Nachkommen jeder nur nach ſeinem Schloſſe; wie z. B. von zwey Bruͤdern der eine ſich Graf von Sain, der andere Graf von Sponheim nannte, ohne einen gemeinſchaftlichen Geſchlechtsnamen beyzubehalten, wie jetzt die Haͤuſer Iſenburg, Solms, Hohenlohe, Oettingen u. ſ. w. thun, wenn ſie gleich in mehrere Linien, als Iſenburg-Birſtein und Buͤdingen; Solms-Braunfels, Solms-Lau- bach, Solms-Hohenſolms; Hohenlohe Waldenburg und Neuenſtein; Oettingen-Spielberg und Waller- ſtein u. ſ. w. abgetheilt ſind. — Eine Bemerkung, die deswegen von Wichtigkeit iſt, weil ſie zugleich auf die urſpruͤnglich Teutſche Art der Erbfolge in Geſchlechtern des hohen Adels ein großes Licht wirft. Denn nach ſelbiger mußten zwar Toͤchter gegen Soͤhne zuruͤckſtehen. Wenn aber ein Vater mehrere Soͤhne hinterließ, ſo beerbten dieſe einan- der nur in ſo weit, als ſie die vaͤterlichen Guͤter in Gemeinſchaft zu beſitzen fortgefahren, oder bey Theilungen ſich die Gemeinſchaft des Eigenthums und die kuͤnftige gegenſeitige Erbfolge mit Aus- ſchließung der Toͤchter vorbehalten hatten. Im widrigen Falle, wenn zwey oder mehr Bruͤder ſich gaͤnzlich von einander abſonderten, oder eine ſo genannte Todtheilung ſchloſſen, wie inſonderheit bey L 4

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/201>, abgerufen am 03.05.2024.