reich kam die Untheilbarkeit der Krone zuerst 954. nach dem Tode des damaligen König Ludewigs in Gang, da von dessen beiden Söhnen nur Lotha- rius auf den Thron kam, dessen jüngerer Bruder Carl doch noch auf eine Theilung zu dringen sich berechtiget hielt; wiewohl er nicht nur gegen sei- nen ältern Bruder und dessen Sohn, sondern auch nach dessen Abgang gegen Hugo Capet, den Stamm- vater aller nachherigen Könige in Frankreich, zu- rückstehen mußte.
Noch zeichnet sich Otto's Thronbesteigung da-III. durch aus, daß er nicht, wie sein Vater gethan hatte, die Krönung verbat, sondern allen dabey üblichen Feierlichkeiten ihren vollen Lauf ließ. Da- von ist nur deswegen hier etwas zu erwehnen, weil sich bey dieser Gelegenheit schon der erste Keim der nachher so erheblich gewordenen chur- fürstlichen Vorrechte, wiewohl freylich noch in einer großen Entfernung, wahrnehmen läßt.
Die Krönung geschah zu Aachen. Daher be-IV. gehrte der Erzbischof von Cölln sie zu verrichten, weil Aachen in seiner Dioeces lag. Der Erzbi- schof von Trier aber behauptete, sein Erzstift sey älter, als das zu Cölln, und müße deswegen bey dieser feierlichen Handlung billig den Vorzug haben. Endlich überließen beide Erzbischöfe diesmal die Ehre dem Erzbischofe zu Mainz. -- Diese Ge- schichte ist nur darum merkwürdig, weil sie uns belehret, wie die drey Erzbischöfe von Mainz, Trier und Cölln schon von selbigen Zeiten her einen Vorzug in der Krönung gesucht haben, worüber ein bis in die neuesten Zeiten fortgesetzter
Streit
H
3) Otto der Große 936-974.
reich kam die Untheilbarkeit der Krone zuerſt 954. nach dem Tode des damaligen Koͤnig Ludewigs in Gang, da von deſſen beiden Soͤhnen nur Lotha- rius auf den Thron kam, deſſen juͤngerer Bruder Carl doch noch auf eine Theilung zu dringen ſich berechtiget hielt; wiewohl er nicht nur gegen ſei- nen aͤltern Bruder und deſſen Sohn, ſondern auch nach deſſen Abgang gegen Hugo Capet, den Stamm- vater aller nachherigen Koͤnige in Frankreich, zu- ruͤckſtehen mußte.
Noch zeichnet ſich Otto’s Thronbeſteigung da-III. durch aus, daß er nicht, wie ſein Vater gethan hatte, die Kroͤnung verbat, ſondern allen dabey uͤblichen Feierlichkeiten ihren vollen Lauf ließ. Da- von iſt nur deswegen hier etwas zu erwehnen, weil ſich bey dieſer Gelegenheit ſchon der erſte Keim der nachher ſo erheblich gewordenen chur- fuͤrſtlichen Vorrechte, wiewohl freylich noch in einer großen Entfernung, wahrnehmen laͤßt.
Die Kroͤnung geſchah zu Aachen. Daher be-IV. gehrte der Erzbiſchof von Coͤlln ſie zu verrichten, weil Aachen in ſeiner Dioeces lag. Der Erzbi- ſchof von Trier aber behauptete, ſein Erzſtift ſey aͤlter, als das zu Coͤlln, und muͤße deswegen bey dieſer feierlichen Handlung billig den Vorzug haben. Endlich uͤberließen beide Erzbiſchoͤfe diesmal die Ehre dem Erzbiſchofe zu Mainz. — Dieſe Ge- ſchichte iſt nur darum merkwuͤrdig, weil ſie uns belehret, wie die drey Erzbiſchoͤfe von Mainz, Trier und Coͤlln ſchon von ſelbigen Zeiten her einen Vorzug in der Kroͤnung geſucht haben, woruͤber ein bis in die neueſten Zeiten fortgeſetzter
Streit
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3) Otto der Große 936-974.
reich kam die Untheilbarkeit der Krone zuerſt 954.
nach dem Tode des damaligen Koͤnig Ludewigs in
Gang, da von deſſen beiden Soͤhnen nur Lotha-
rius auf den Thron kam, deſſen juͤngerer Bruder
Carl doch noch auf eine Theilung zu dringen ſich
berechtiget hielt; wiewohl er nicht nur gegen ſei-
nen aͤltern Bruder und deſſen Sohn, ſondern auch
nach deſſen Abgang gegen Hugo Capet, den Stamm-
vater aller nachherigen Koͤnige in Frankreich, zu-
ruͤckſtehen mußte.
Noch zeichnet ſich Otto’s Thronbeſteigung da-
durch aus, daß er nicht, wie ſein Vater gethan
hatte, die Kroͤnung verbat, ſondern allen dabey
uͤblichen Feierlichkeiten ihren vollen Lauf ließ. Da-
von iſt nur deswegen hier etwas zu erwehnen,
weil ſich bey dieſer Gelegenheit ſchon der erſte
Keim der nachher ſo erheblich gewordenen chur-
fuͤrſtlichen Vorrechte, wiewohl freylich noch in einer
großen Entfernung, wahrnehmen laͤßt.
III.
Die Kroͤnung geſchah zu Aachen. Daher be-
gehrte der Erzbiſchof von Coͤlln ſie zu verrichten,
weil Aachen in ſeiner Dioeces lag. Der Erzbi-
ſchof von Trier aber behauptete, ſein Erzſtift ſey
aͤlter, als das zu Coͤlln, und muͤße deswegen bey
dieſer feierlichen Handlung billig den Vorzug haben.
Endlich uͤberließen beide Erzbiſchoͤfe diesmal die
Ehre dem Erzbiſchofe zu Mainz. — Dieſe Ge-
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belehret, wie die drey Erzbiſchoͤfe von Mainz,
Trier und Coͤlln ſchon von ſelbigen Zeiten her
einen Vorzug in der Kroͤnung geſucht haben,
woruͤber ein bis in die neueſten Zeiten fortgeſetzter
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/147>, abgerufen am 22.07.2024.
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