Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
ren, alles übrige nur aus einzelnen Höfen und
Dörfern bestand, oder wo sich auch etwa bey
einem Schlosse oder bey einer Kirche nach und nach
einige Leute angebauet hatten, doch alles nur offene
Orte waren.


III.

Eine traurige Erfahrung, wie wenig in einer
solchen Lage gegen die immer zunehmende Noth
von Einbrüchen fremder Völker sich gründliche Ge-
genanstalten machen ließen, brachte Henrichen zu-
erst auf die Gedanken, daß es besser gehen wür-
de, wenn Städte, mit Mauern und Thürmen und
Thoren umgeben, vorhanden wären, die eine zahl-
reichere Menge Einwohner faßten, und sowohl sel-
bigen, als den hereinzuflüchtenden Habseligkeiten
der Nachbarschaft in Nothfällen zur Sicherheit die-
nen könnten. Andere Bewegungsgründe, als wel-
che die Noth an die Hand gab, möchten schwerlich
die Nation von ihrer ursprünglichen Abneigung von
Städten zurückgebracht haben. In der Folge gab
es sich von selbsten, auch andere Vortheile dieser
Einrichtung kennen zu lernen, und zur Erbauung
immer mehrerer Städte wirksam zu machen.


IV.

Aber wie sollte der erste Anfang gleich zu
Stande gebracht werden? Da verdient es ge-
wiß allen Beyfall, wie Henrich die Einrichtung
traf, daß je der neunte Mann vom Lande in die
Stadt ziehen, und alle öffentliche Versammlungen
in Städten gehalten werden sollten. Von ande-
ren Einrichtungen, die gleich damals zu Bevölke-
rung der Städte und zur Beförderung ihres Nah-
rungsstandes gemacht seyn mögen, haben wir kei-
ne genaue Nachricht. Viel weniger wissen wir,

wie-

II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
ren, alles uͤbrige nur aus einzelnen Hoͤfen und
Doͤrfern beſtand, oder wo ſich auch etwa bey
einem Schloſſe oder bey einer Kirche nach und nach
einige Leute angebauet hatten, doch alles nur offene
Orte waren.


III.

Eine traurige Erfahrung, wie wenig in einer
ſolchen Lage gegen die immer zunehmende Noth
von Einbruͤchen fremder Voͤlker ſich gruͤndliche Ge-
genanſtalten machen ließen, brachte Henrichen zu-
erſt auf die Gedanken, daß es beſſer gehen wuͤr-
de, wenn Staͤdte, mit Mauern und Thuͤrmen und
Thoren umgeben, vorhanden waͤren, die eine zahl-
reichere Menge Einwohner faßten, und ſowohl ſel-
bigen, als den hereinzufluͤchtenden Habſeligkeiten
der Nachbarſchaft in Nothfaͤllen zur Sicherheit die-
nen koͤnnten. Andere Bewegungsgruͤnde, als wel-
che die Noth an die Hand gab, moͤchten ſchwerlich
die Nation von ihrer urſpruͤnglichen Abneigung von
Staͤdten zuruͤckgebracht haben. In der Folge gab
es ſich von ſelbſten, auch andere Vortheile dieſer
Einrichtung kennen zu lernen, und zur Erbauung
immer mehrerer Staͤdte wirkſam zu machen.


IV.

Aber wie ſollte der erſte Anfang gleich zu
Stande gebracht werden? Da verdient es ge-
wiß allen Beyfall, wie Henrich die Einrichtung
traf, daß je der neunte Mann vom Lande in die
Stadt ziehen, und alle oͤffentliche Verſammlungen
in Staͤdten gehalten werden ſollten. Von ande-
ren Einrichtungen, die gleich damals zu Bevoͤlke-
rung der Staͤdte und zur Befoͤrderung ihres Nah-
rungsſtandes gemacht ſeyn moͤgen, haben wir kei-
ne genaue Nachricht. Viel weniger wiſſen wir,

wie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0140" n="106"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Mittlere Zeiten <hi rendition="#aq">a</hi>) 888-1235.</hi></fw><lb/>
ren, alles u&#x0364;brige nur aus einzelnen Ho&#x0364;fen und<lb/>
Do&#x0364;rfern be&#x017F;tand, oder wo &#x017F;ich auch etwa bey<lb/>
einem Schlo&#x017F;&#x017F;e oder bey einer Kirche nach und nach<lb/>
einige Leute angebauet hatten, doch alles nur offene<lb/>
Orte waren.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">III.</hi> </note>
          <p>Eine traurige Erfahrung, wie wenig in einer<lb/>
&#x017F;olchen Lage gegen die immer zunehmende Noth<lb/>
von Einbru&#x0364;chen fremder Vo&#x0364;lker &#x017F;ich gru&#x0364;ndliche Ge-<lb/>
genan&#x017F;talten machen ließen, brachte Henrichen zu-<lb/>
er&#x017F;t auf die Gedanken, daß es be&#x017F;&#x017F;er gehen wu&#x0364;r-<lb/>
de, wenn Sta&#x0364;dte, mit Mauern und Thu&#x0364;rmen und<lb/>
Thoren umgeben, vorhanden wa&#x0364;ren, die eine zahl-<lb/>
reichere Menge Einwohner faßten, und &#x017F;owohl &#x017F;el-<lb/>
bigen, als den hereinzuflu&#x0364;chtenden Hab&#x017F;eligkeiten<lb/>
der Nachbar&#x017F;chaft in Nothfa&#x0364;llen zur Sicherheit die-<lb/>
nen ko&#x0364;nnten. Andere Bewegungsgru&#x0364;nde, als wel-<lb/>
che die Noth an die Hand gab, mo&#x0364;chten &#x017F;chwerlich<lb/>
die Nation von ihrer ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Abneigung von<lb/>
Sta&#x0364;dten zuru&#x0364;ckgebracht haben. In der Folge gab<lb/>
es &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;ten, auch andere Vortheile die&#x017F;er<lb/>
Einrichtung kennen zu lernen, und zur Erbauung<lb/>
immer mehrerer Sta&#x0364;dte wirk&#x017F;am zu machen.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">IV.</hi> </note>
          <p>Aber wie &#x017F;ollte der er&#x017F;te Anfang gleich zu<lb/>
Stande gebracht werden? Da verdient es ge-<lb/>
wiß allen Beyfall, wie Henrich die Einrichtung<lb/>
traf, daß je der neunte Mann vom Lande in die<lb/>
Stadt ziehen, und alle o&#x0364;ffentliche Ver&#x017F;ammlungen<lb/>
in Sta&#x0364;dten gehalten werden &#x017F;ollten. Von ande-<lb/>
ren Einrichtungen, die gleich damals zu Bevo&#x0364;lke-<lb/>
rung der Sta&#x0364;dte und zur Befo&#x0364;rderung ihres Nah-<lb/>
rungs&#x017F;tandes gemacht &#x017F;eyn mo&#x0364;gen, haben wir kei-<lb/>
ne genaue Nachricht. Viel weniger wi&#x017F;&#x017F;en wir,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0140] II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. ren, alles uͤbrige nur aus einzelnen Hoͤfen und Doͤrfern beſtand, oder wo ſich auch etwa bey einem Schloſſe oder bey einer Kirche nach und nach einige Leute angebauet hatten, doch alles nur offene Orte waren. Eine traurige Erfahrung, wie wenig in einer ſolchen Lage gegen die immer zunehmende Noth von Einbruͤchen fremder Voͤlker ſich gruͤndliche Ge- genanſtalten machen ließen, brachte Henrichen zu- erſt auf die Gedanken, daß es beſſer gehen wuͤr- de, wenn Staͤdte, mit Mauern und Thuͤrmen und Thoren umgeben, vorhanden waͤren, die eine zahl- reichere Menge Einwohner faßten, und ſowohl ſel- bigen, als den hereinzufluͤchtenden Habſeligkeiten der Nachbarſchaft in Nothfaͤllen zur Sicherheit die- nen koͤnnten. Andere Bewegungsgruͤnde, als wel- che die Noth an die Hand gab, moͤchten ſchwerlich die Nation von ihrer urſpruͤnglichen Abneigung von Staͤdten zuruͤckgebracht haben. In der Folge gab es ſich von ſelbſten, auch andere Vortheile dieſer Einrichtung kennen zu lernen, und zur Erbauung immer mehrerer Staͤdte wirkſam zu machen. Aber wie ſollte der erſte Anfang gleich zu Stande gebracht werden? Da verdient es ge- wiß allen Beyfall, wie Henrich die Einrichtung traf, daß je der neunte Mann vom Lande in die Stadt ziehen, und alle oͤffentliche Verſammlungen in Staͤdten gehalten werden ſollten. Von ande- ren Einrichtungen, die gleich damals zu Bevoͤlke- rung der Staͤdte und zur Befoͤrderung ihres Nah- rungsſtandes gemacht ſeyn moͤgen, haben wir kei- ne genaue Nachricht. Viel weniger wiſſen wir, wie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/140
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/140>, abgerufen am 23.11.2024.