Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

rechte Steife, und Busenstreifen die rechten Falten
zu geben weiß. Also in der Regel braucht ein solcher
Elegant wöchentlich 20 Hemden, 24 Schnupftücher,
9 -- 10 Sommer-"Trowsers", 30 Halstücher, wenn
er nicht schwarze trägt, ein Dutzend Westen, und
Strümpfe a discretion. Ich sehe Deine hausfrauliche
Seele von hier versteinert. Da aber ein Dandy ohne
drei bis vier Toiletten täglich nicht füglich auskommen
kann, so ist die Sache sehr natürlich, denn

1) erscheint er in der Frühstücks-Toilette im chinesi-
schen Schlafrock und indischen Pantoffeln.
2) Morgentoilette zum Reiten im frock coat, Stie-
feln und Sporen.
3) Toilette zum Dine, in Frack und Schuhen.
4) Balltoilette in Pumps, ein Wort, das Schuhe,
so leicht wie Papier, bedeutet, welche täglich frisch
lackirt werden.

Der Park war um 6 Uhr so voll, daß er einem
Rout zu Pferde glich, jedoch weit anmuthiger, da
die Stelle der Bretter eine grüne Wiese einnahm,
statt der Dampfhitze frische Kühle herrschte, und start
die eignen Beine zu ermüden, die der Pferde die
Arbeit thun mußten.

Als ich vorher die Fürstin E. besuchte, fand ich
dort drei junge und schöne Ambassadrices en con-
ference, toutes les trois profondement occupees
d'une queue,
nämlich ob eine solche bei der Königin
von Würtemberg getragen werden müsse oder nicht.

Briefe eines Verstorbenen IV. 4

rechte Steife, und Buſenſtreifen die rechten Falten
zu geben weiß. Alſo in der Regel braucht ein ſolcher
Elegant wöchentlich 20 Hemden, 24 Schnupftücher,
9 — 10 Sommer-„Trowſers“, 30 Halstücher, wenn
er nicht ſchwarze trägt, ein Dutzend Weſten, und
Strümpfe à discrètion. Ich ſehe Deine hausfrauliche
Seele von hier verſteinert. Da aber ein Dandy ohne
drei bis vier Toiletten täglich nicht füglich auskommen
kann, ſo iſt die Sache ſehr natürlich, denn

1) erſcheint er in der Frühſtücks-Toilette im chineſi-
ſchen Schlafrock und indiſchen Pantoffeln.
2) Morgentoilette zum Reiten im frock coat, Stie-
feln und Sporen.
3) Toilette zum Diné, in Frack und Schuhen.
4) Balltoilette in Pumps, ein Wort, das Schuhe,
ſo leicht wie Papier, bedeutet, welche täglich friſch
lackirt werden.

Der Park war um 6 Uhr ſo voll, daß er einem
Rout zu Pferde glich, jedoch weit anmuthiger, da
die Stelle der Bretter eine grüne Wieſe einnahm,
ſtatt der Dampfhitze friſche Kühle herrſchte, und ſtart
die eignen Beine zu ermüden, die der Pferde die
Arbeit thun mußten.

Als ich vorher die Fürſtin E. beſuchte, fand ich
dort drei junge und ſchöne Ambassadrices en con-
férence, toutes les trois profondément occupées
d’une queue,
nämlich ob eine ſolche bei der Königin
von Würtemberg getragen werden müſſe oder nicht.

Briefe eines Verſtorbenen IV. 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0065" n="49"/>
rechte Steife, und Bu&#x017F;en&#x017F;treifen die rechten Falten<lb/>
zu geben weiß. Al&#x017F;o in der Regel braucht ein &#x017F;olcher<lb/>
Elegant wöchentlich 20 Hemden, 24 Schnupftücher,<lb/>
9 &#x2014; 10 Sommer-&#x201E;Trow&#x017F;ers&#x201C;, 30 Halstücher, wenn<lb/>
er nicht &#x017F;chwarze trägt, ein Dutzend We&#x017F;ten, und<lb/>
Strümpfe <hi rendition="#aq">à discrètion.</hi> Ich &#x017F;ehe Deine hausfrauliche<lb/>
Seele von hier ver&#x017F;teinert. Da aber ein Dandy ohne<lb/>
drei bis vier Toiletten täglich nicht füglich auskommen<lb/>
kann, &#x017F;o i&#x017F;t die Sache &#x017F;ehr natürlich, denn</p><lb/>
          <list>
            <item>1) er&#x017F;cheint er in der Früh&#x017F;tücks-Toilette im chine&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chen Schlafrock und indi&#x017F;chen Pantoffeln.</item><lb/>
            <item>2) Morgentoilette zum Reiten im <hi rendition="#aq">frock coat</hi>, Stie-<lb/>
feln und Sporen.</item><lb/>
            <item>3) Toilette zum Din<hi rendition="#aq">é</hi>, in Frack und Schuhen.</item><lb/>
            <item>4) Balltoilette in Pumps, ein Wort, das Schuhe,<lb/>
&#x017F;o leicht wie Papier, bedeutet, welche täglich fri&#x017F;ch<lb/>
lackirt werden.</item>
          </list><lb/>
          <p>Der Park war um 6 Uhr &#x017F;o voll, daß er einem<lb/>
Rout zu Pferde glich, jedoch weit anmuthiger, da<lb/>
die Stelle der Bretter eine grüne Wie&#x017F;e einnahm,<lb/>
&#x017F;tatt der Dampfhitze fri&#x017F;che Kühle herr&#x017F;chte, und &#x017F;tart<lb/>
die eignen Beine zu ermüden, die der Pferde die<lb/>
Arbeit thun mußten.</p><lb/>
          <p>Als ich vorher die Für&#x017F;tin E. be&#x017F;uchte, fand ich<lb/>
dort drei junge und &#x017F;chöne <hi rendition="#aq">Ambassadrices en con-<lb/>
férence, toutes les trois profondément occupées<lb/>
d&#x2019;une queue,</hi> nämlich ob eine &#x017F;olche bei der Königin<lb/>
von Würtemberg getragen werden mü&#x017F;&#x017F;e oder nicht.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">Briefe eines Ver&#x017F;torbenen <hi rendition="#aq">IV.</hi> 4</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0065] rechte Steife, und Buſenſtreifen die rechten Falten zu geben weiß. Alſo in der Regel braucht ein ſolcher Elegant wöchentlich 20 Hemden, 24 Schnupftücher, 9 — 10 Sommer-„Trowſers“, 30 Halstücher, wenn er nicht ſchwarze trägt, ein Dutzend Weſten, und Strümpfe à discrètion. Ich ſehe Deine hausfrauliche Seele von hier verſteinert. Da aber ein Dandy ohne drei bis vier Toiletten täglich nicht füglich auskommen kann, ſo iſt die Sache ſehr natürlich, denn 1) erſcheint er in der Frühſtücks-Toilette im chineſi- ſchen Schlafrock und indiſchen Pantoffeln. 2) Morgentoilette zum Reiten im frock coat, Stie- feln und Sporen. 3) Toilette zum Diné, in Frack und Schuhen. 4) Balltoilette in Pumps, ein Wort, das Schuhe, ſo leicht wie Papier, bedeutet, welche täglich friſch lackirt werden. Der Park war um 6 Uhr ſo voll, daß er einem Rout zu Pferde glich, jedoch weit anmuthiger, da die Stelle der Bretter eine grüne Wieſe einnahm, ſtatt der Dampfhitze friſche Kühle herrſchte, und ſtart die eignen Beine zu ermüden, die der Pferde die Arbeit thun mußten. Als ich vorher die Fürſtin E. beſuchte, fand ich dort drei junge und ſchöne Ambassadrices en con- férence, toutes les trois profondément occupées d’une queue, nämlich ob eine ſolche bei der Königin von Würtemberg getragen werden müſſe oder nicht. Briefe eines Verſtorbenen IV. 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/65
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/65>, abgerufen am 24.11.2024.