man nach einem langen Aufenthalt in solcher Welt- stadt in allen Dingen wirklich etwas weniger klein- lich. Man sieht die Dinge breiter und mehr en bloc an.
Den 10ten.
Das ewige Einerlei der Season geht noch immer so fort. Eine Soiree bei Lady Cooper, einer der sanftesten Lady Patronesses, eine andere bei Lady Jersey, einer der schönsten und ausgezeichnetsten Frauen Englands, vorher aber noch ein indisches Melodram füllte den heutigen Abend recht angenehm. Das Melodram spielte auf einer Insel, deren Ein- wohner mit dem herrlichen Geschenk des Fliegens begabt waren. Die hübschesten Mädchen kamen, wie Kranichschwärme, in Masse angesegelt, und ließen nur, wenn man ihnen recht eindringlich die Cour machte, die Flügel sinken, aber zu viel durste man auch nicht wagen, -- ein Nu -- und die gracieusen bunten Falter breiteten sich schnell aus, und weg waren sie, ohne daß man sogar die dünnen Seile sehen konnte, an denen sie heraufgezogen wurden.
Auf einem Dine und der darauf folgenden Soiree beim Fürsten Polignac waren mehrere interessante Personen zugegen, unter andern der Gouverneur von Odessa, einer der liebenswürdigsten Russen, die ich kenne, und Sir Thomas Lawrence, der berühmte
man nach einem langen Aufenthalt in ſolcher Welt- ſtadt in allen Dingen wirklich etwas weniger klein- lich. Man ſieht die Dinge breiter und mehr en bloc an.
Den 10ten.
Das ewige Einerlei der Seaſon geht noch immer ſo fort. Eine Soirée bei Lady Cooper, einer der ſanfteſten Lady Patroneſſes, eine andere bei Lady Jerſey, einer der ſchönſten und ausgezeichnetſten Frauen Englands, vorher aber noch ein indiſches Melodram füllte den heutigen Abend recht angenehm. Das Melodram ſpielte auf einer Inſel, deren Ein- wohner mit dem herrlichen Geſchenk des Fliegens begabt waren. Die hübſcheſten Mädchen kamen, wie Kranichſchwärme, in Maſſe angeſegelt, und ließen nur, wenn man ihnen recht eindringlich die Cour machte, die Flügel ſinken, aber zu viel durſte man auch nicht wagen, — ein Nu — und die gracieuſen bunten Falter breiteten ſich ſchnell aus, und weg waren ſie, ohne daß man ſogar die dünnen Seile ſehen konnte, an denen ſie heraufgezogen wurden.
Auf einem Diné und der darauf folgenden Soirée beim Fürſten Polignac waren mehrere intereſſante Perſonen zugegen, unter andern der Gouverneur von Odeſſa, einer der liebenswürdigſten Ruſſen, die ich kenne, und Sir Thomas Lawrence, der berühmte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0044"n="28"/>
man nach einem langen Aufenthalt in ſolcher Welt-<lb/>ſtadt in allen Dingen wirklich etwas weniger klein-<lb/>
lich. Man ſieht die Dinge breiter und mehr <hirendition="#aq">en<lb/>
bloc</hi> an.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 10ten.</hi></dateline></opener><lb/><p>Das ewige Einerlei der Seaſon geht noch immer<lb/>ſo fort. Eine Soir<hirendition="#aq">é</hi>e bei Lady Cooper, einer der<lb/>ſanfteſten Lady Patroneſſes, eine andere bei Lady<lb/>
Jerſey, einer der ſchönſten und ausgezeichnetſten<lb/>
Frauen Englands, vorher aber noch ein indiſches<lb/>
Melodram füllte den heutigen Abend recht angenehm.<lb/>
Das Melodram ſpielte auf einer Inſel, deren Ein-<lb/>
wohner mit dem herrlichen Geſchenk des Fliegens<lb/>
begabt waren. Die hübſcheſten Mädchen kamen,<lb/>
wie Kranichſchwärme, in Maſſe angeſegelt, und ließen<lb/>
nur, wenn man ihnen recht eindringlich die Cour<lb/>
machte, die Flügel ſinken, aber zu viel durſte man<lb/>
auch nicht wagen, — ein Nu — und die gracieuſen<lb/>
bunten Falter breiteten ſich ſchnell aus, und weg<lb/>
waren ſie, ohne daß man ſogar die dünnen Seile<lb/>ſehen konnte, an denen ſie heraufgezogen wurden.</p><lb/><p>Auf einem Din<hirendition="#aq">é</hi> und der darauf folgenden Soir<hirendition="#aq">é</hi>e<lb/>
beim Fürſten Polignac waren mehrere intereſſante<lb/>
Perſonen zugegen, unter andern der Gouverneur von<lb/>
Odeſſa, einer der liebenswürdigſten Ruſſen, die ich<lb/>
kenne, und Sir Thomas Lawrence, der berühmte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[28/0044]
man nach einem langen Aufenthalt in ſolcher Welt-
ſtadt in allen Dingen wirklich etwas weniger klein-
lich. Man ſieht die Dinge breiter und mehr en
bloc an.
Den 10ten.
Das ewige Einerlei der Seaſon geht noch immer
ſo fort. Eine Soirée bei Lady Cooper, einer der
ſanfteſten Lady Patroneſſes, eine andere bei Lady
Jerſey, einer der ſchönſten und ausgezeichnetſten
Frauen Englands, vorher aber noch ein indiſches
Melodram füllte den heutigen Abend recht angenehm.
Das Melodram ſpielte auf einer Inſel, deren Ein-
wohner mit dem herrlichen Geſchenk des Fliegens
begabt waren. Die hübſcheſten Mädchen kamen,
wie Kranichſchwärme, in Maſſe angeſegelt, und ließen
nur, wenn man ihnen recht eindringlich die Cour
machte, die Flügel ſinken, aber zu viel durſte man
auch nicht wagen, — ein Nu — und die gracieuſen
bunten Falter breiteten ſich ſchnell aus, und weg
waren ſie, ohne daß man ſogar die dünnen Seile
ſehen konnte, an denen ſie heraufgezogen wurden.
Auf einem Diné und der darauf folgenden Soirée
beim Fürſten Polignac waren mehrere intereſſante
Perſonen zugegen, unter andern der Gouverneur von
Odeſſa, einer der liebenswürdigſten Ruſſen, die ich
kenne, und Sir Thomas Lawrence, der berühmte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/44>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.