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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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Einmal geboten diese Damen in ihrer liebenswür-
digen Laune, daß Jeder, der nach Mitternacht auf
den Ball käme, nicht mehr eingelassen werden sollte.
Der Herzog von Wellington kam einige Minuten spä-
ter aus der Parlamentssitzung und glaubte, für ihn
werde die Ausnahme nicht fehlen. Point du tout,
der Held von Waterloo konnte diese Festung nicht
erobern, und mußte unverrichteter Sache wieder ab-
ziehen.

Ein andresmal erließen die Lady Patronesses den
Befehl, daß nur solche Herren, welche krumme Beine
hätten, in weiten Pantalons auf Almacks erscheinen
dürften, allen andern wurden kurze Hosen vorgeschrie-
ben, in England, wo selbst der Name dieses Klei-
dungsstückes sonst verpönt ist, ein kühner Befehl.

Die Furcht vor dem neuen Inquisitionstribunal
war so groß, daß man auch hier im Anfang gehorchte,
später erfolgte indeß eine Reaction. Eine große An-
zahl Herren erschienen an den Thoren in den probi-
birten Pantalons, und verlangten Einlaß, indem sie
sich der krummen Beine schuldig erklärten, und im
Fall man ihnen nicht glauben wolle, die Lady Pa-
tronesses einluden, sich selbst durch genauere Unter-
suchung davon zu überzeugen. Seit diesen Zeit drück-
ten die Damen über diesen Theil der männlichen Klei-
dung ein Auge zu.


Einmal geboten dieſe Damen in ihrer liebenswür-
digen Laune, daß Jeder, der nach Mitternacht auf
den Ball käme, nicht mehr eingelaſſen werden ſollte.
Der Herzog von Wellington kam einige Minuten ſpä-
ter aus der Parlamentsſitzung und glaubte, für ihn
werde die Ausnahme nicht fehlen. Point du tout,
der Held von Waterloo konnte dieſe Feſtung nicht
erobern, und mußte unverrichteter Sache wieder ab-
ziehen.

Ein andresmal erließen die Lady Patroneſſes den
Befehl, daß nur ſolche Herren, welche krumme Beine
hätten, in weiten Pantalons auf Almacks erſcheinen
dürften, allen andern wurden kurze Hoſen vorgeſchrie-
ben, in England, wo ſelbſt der Name dieſes Klei-
dungsſtückes ſonſt verpönt iſt, ein kühner Befehl.

Die Furcht vor dem neuen Inquiſitionstribunal
war ſo groß, daß man auch hier im Anfang gehorchte,
ſpäter erfolgte indeß eine Reaction. Eine große An-
zahl Herren erſchienen an den Thoren in den probi-
birten Pantalons, und verlangten Einlaß, indem ſie
ſich der krummen Beine ſchuldig erklärten, und im
Fall man ihnen nicht glauben wolle, die Lady Pa-
troneſſes einluden, ſich ſelbſt durch genauere Unter-
ſuchung davon zu überzeugen. Seit dieſen Zeit drück-
ten die Damen über dieſen Theil der männlichen Klei-
dung ein Auge zu.


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[415/0435] Einmal geboten dieſe Damen in ihrer liebenswür- digen Laune, daß Jeder, der nach Mitternacht auf den Ball käme, nicht mehr eingelaſſen werden ſollte. Der Herzog von Wellington kam einige Minuten ſpä- ter aus der Parlamentsſitzung und glaubte, für ihn werde die Ausnahme nicht fehlen. Point du tout, der Held von Waterloo konnte dieſe Feſtung nicht erobern, und mußte unverrichteter Sache wieder ab- ziehen. Ein andresmal erließen die Lady Patroneſſes den Befehl, daß nur ſolche Herren, welche krumme Beine hätten, in weiten Pantalons auf Almacks erſcheinen dürften, allen andern wurden kurze Hoſen vorgeſchrie- ben, in England, wo ſelbſt der Name dieſes Klei- dungsſtückes ſonſt verpönt iſt, ein kühner Befehl. Die Furcht vor dem neuen Inquiſitionstribunal war ſo groß, daß man auch hier im Anfang gehorchte, ſpäter erfolgte indeß eine Reaction. Eine große An- zahl Herren erſchienen an den Thoren in den probi- birten Pantalons, und verlangten Einlaß, indem ſie ſich der krummen Beine ſchuldig erklärten, und im Fall man ihnen nicht glauben wolle, die Lady Pa- troneſſes einluden, ſich ſelbſt durch genauere Unter- ſuchung davon zu überzeugen. Seit dieſen Zeit drück- ten die Damen über dieſen Theil der männlichen Klei- dung ein Auge zu.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/435>, abgerufen am 24.11.2024.