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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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reiche, Bosheiten gesagt hat, die aber dennoch von
allen sich in seinem Bereich Befindenden, stets mit
lautem Beifall und convulsivischem Lachen aufgenom-
men werden, obgleich Manchem dabei die Gänsehaut
überrieseln mag, daß, sobald er den Rücken gekehrt,
ihm Gleiches wiederfahren werde. Aber der Mann
ist einmal Mode. Seine Aussprüche sind Orakel,
sein Witz muß erquisit seyn, seitdem er das Privi-
legium dazu von der fashionablen Gesellschaft erhal-
ten hat, und wo die Mode spricht, da ist, wie ge-
sagt, der freie Engländer ein Sclave. Ueberdem fühlt
der Vulgaire wohl, daß er in Künsten und geistrei-
chen Dingen im Allgemeinen kein recht competentes
eigenes Urtheil hat, und applaudirt daher am lieb-
sten blindlings ein bon mot, wenn er andere lachen
sieht, so wie jedes Urtheil, wenn es aus patentirtem
Munde kömmt, eben so wie das hiesige Publikum
einen ganzen Winter lang sich durch die Tyroler
Gassendudler, für schweres Geld, welches die grüne
Fleischerfamilie lachend einstrich, bis in den dritten
Himmel entzücken ließ.

Bald hätte ich aber vergessen, daß mir noch eine
letzte Dame mit wenigen Worten zu schildern übrig
bleibt. Es ist dies eine recht artige petite maitresse,
der zugleich ihr großer Reichthum erlaubt, das ein
wenig leere, aber doch ganz hübsche Köpfchen mit den
schönsten Steinen aller Farben zu schmücken, die Eng-
land aufweisen kann. Wenn man sie früh, languis-
sant auf ihrer chaise longue hingeworfen sieht, er-
blickt man in hundert eleganten Behältern um sie

reiche, Bosheiten geſagt hat, die aber dennoch von
allen ſich in ſeinem Bereich Befindenden, ſtets mit
lautem Beifall und convulſiviſchem Lachen aufgenom-
men werden, obgleich Manchem dabei die Gänſehaut
überrieſeln mag, daß, ſobald er den Rücken gekehrt,
ihm Gleiches wiederfahren werde. Aber der Mann
iſt einmal Mode. Seine Ausſprüche ſind Orakel,
ſein Witz muß erquiſit ſeyn, ſeitdem er das Privi-
legium dazu von der faſhionablen Geſellſchaft erhal-
ten hat, und wo die Mode ſpricht, da iſt, wie ge-
ſagt, der freie Engländer ein Sclave. Ueberdem fühlt
der Vulgaire wohl, daß er in Künſten und geiſtrei-
chen Dingen im Allgemeinen kein recht competentes
eigenes Urtheil hat, und applaudirt daher am lieb-
ſten blindlings ein bon mot, wenn er andere lachen
ſieht, ſo wie jedes Urtheil, wenn es aus patentirtem
Munde kömmt, eben ſo wie das hieſige Publikum
einen ganzen Winter lang ſich durch die Tyroler
Gaſſendudler, für ſchweres Geld, welches die grüne
Fleiſcherfamilie lachend einſtrich, bis in den dritten
Himmel entzücken ließ.

Bald hätte ich aber vergeſſen, daß mir noch eine
letzte Dame mit wenigen Worten zu ſchildern übrig
bleibt. Es iſt dies eine recht artige petite maitresse,
der zugleich ihr großer Reichthum erlaubt, das ein
wenig leere, aber doch ganz hübſche Köpfchen mit den
ſchönſten Steinen aller Farben zu ſchmücken, die Eng-
land aufweiſen kann. Wenn man ſie früh, languiſ-
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[413/0433] reiche, Bosheiten geſagt hat, die aber dennoch von allen ſich in ſeinem Bereich Befindenden, ſtets mit lautem Beifall und convulſiviſchem Lachen aufgenom- men werden, obgleich Manchem dabei die Gänſehaut überrieſeln mag, daß, ſobald er den Rücken gekehrt, ihm Gleiches wiederfahren werde. Aber der Mann iſt einmal Mode. Seine Ausſprüche ſind Orakel, ſein Witz muß erquiſit ſeyn, ſeitdem er das Privi- legium dazu von der faſhionablen Geſellſchaft erhal- ten hat, und wo die Mode ſpricht, da iſt, wie ge- ſagt, der freie Engländer ein Sclave. Ueberdem fühlt der Vulgaire wohl, daß er in Künſten und geiſtrei- chen Dingen im Allgemeinen kein recht competentes eigenes Urtheil hat, und applaudirt daher am lieb- ſten blindlings ein bon mot, wenn er andere lachen ſieht, ſo wie jedes Urtheil, wenn es aus patentirtem Munde kömmt, eben ſo wie das hieſige Publikum einen ganzen Winter lang ſich durch die Tyroler Gaſſendudler, für ſchweres Geld, welches die grüne Fleiſcherfamilie lachend einſtrich, bis in den dritten Himmel entzücken ließ. Bald hätte ich aber vergeſſen, daß mir noch eine letzte Dame mit wenigen Worten zu ſchildern übrig bleibt. Es iſt dies eine recht artige petite maitresse, der zugleich ihr großer Reichthum erlaubt, das ein wenig leere, aber doch ganz hübſche Köpfchen mit den ſchönſten Steinen aller Farben zu ſchmücken, die Eng- land aufweiſen kann. Wenn man ſie früh, languiſ- ſant auf ihrer chaise longue hingeworfen ſieht, er- blickt man in hundert eleganten Behältern um ſie

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/433>, abgerufen am 27.11.2024.