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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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und mit vielem Vergnügen erinnere ich mich der
enthusiastischen Schilderung, die mir von diesen Bei-
den der alte Archenholz machte, welcher auch Garrick
noch gesehen hatte, Schröder aber diesem wenig-
stens
gleich stellte.

Daß man übrigens bei fremden Schauspielern sich
nothwendig, um sie gerecht zu würdigen, erst eini-
germaßen in ihre Nationalität hineindenken, sich an
gewisse uns eben so fremde Manieren, als manche
Wendungen ihrer Sprache für uns bleiben, wenn
wir sie auch noch so gut verstehen, gewöhnen muß,
wird wohl jedem Verständigen einleuchten. Im An-
fang wirken diese Ursachen immer mehr oder weniger
störend, und ich habe nur ein künstlerisches Indivi-
duum gesehen, das in dieser Hinsicht, wenn ich mich
so ausdrücken darf, völlig cosmopolitisch organisirt war,
die unnachahmliche, vielleicht nie erreichte, gewiß nie
übertroffene Miß Oneil. Hier sprach nur Menschen-
Geist und Seele zu dem unsrigen, Nationalität, Zeit
und Aeusseres verschwanden dem Gemüth in einer
alles mit fortreißenden Entzückung.

Doch zurück zur Gegenwart. Wir sahen also
den Othello, wo das Zusammenspiel der drei ersten
dramatischen Künstler Englands mir einen der genuß-
vollsten Abende gewährte, und diese etwas lange Ex-
pektoration veranlaßte, mich aber auch höchst schmerz-
lich die oben erwähnte Heroin vermissen ließ. Mit
ihr würde ich heute den Culminationspunkt aller
theatralischen Darstellung erreicht gesehen haben.

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und mit vielem Vergnügen erinnere ich mich der
enthuſiaſtiſchen Schilderung, die mir von dieſen Bei-
den der alte Archenholz machte, welcher auch Garrick
noch geſehen hatte, Schröder aber dieſem wenig-
ſtens
gleich ſtellte.

Daß man übrigens bei fremden Schauſpielern ſich
nothwendig, um ſie gerecht zu würdigen, erſt eini-
germaßen in ihre Nationalität hineindenken, ſich an
gewiſſe uns eben ſo fremde Manieren, als manche
Wendungen ihrer Sprache für uns bleiben, wenn
wir ſie auch noch ſo gut verſtehen, gewöhnen muß,
wird wohl jedem Verſtändigen einleuchten. Im An-
fang wirken dieſe Urſachen immer mehr oder weniger
ſtörend, und ich habe nur ein künſtleriſches Indivi-
duum geſehen, das in dieſer Hinſicht, wenn ich mich
ſo ausdrücken darf, völlig cosmopolitiſch organiſirt war,
die unnachahmliche, vielleicht nie erreichte, gewiß nie
übertroffene Miß Oneil. Hier ſprach nur Menſchen-
Geiſt und Seele zu dem unſrigen, Nationalität, Zeit
und Aeuſſeres verſchwanden dem Gemüth in einer
alles mit fortreißenden Entzückung.

Doch zurück zur Gegenwart. Wir ſahen alſo
den Othello, wo das Zuſammenſpiel der drei erſten
dramatiſchen Künſtler Englands mir einen der genuß-
vollſten Abende gewährte, und dieſe etwas lange Ex-
pektoration veranlaßte, mich aber auch höchſt ſchmerz-
lich die oben erwähnte Heroin vermiſſen ließ. Mit
ihr würde ich heute den Culminationspunkt aller
theatraliſchen Darſtellung erreicht geſehen haben.

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[339/0357] und mit vielem Vergnügen erinnere ich mich der enthuſiaſtiſchen Schilderung, die mir von dieſen Bei- den der alte Archenholz machte, welcher auch Garrick noch geſehen hatte, Schröder aber dieſem wenig- ſtens gleich ſtellte. Daß man übrigens bei fremden Schauſpielern ſich nothwendig, um ſie gerecht zu würdigen, erſt eini- germaßen in ihre Nationalität hineindenken, ſich an gewiſſe uns eben ſo fremde Manieren, als manche Wendungen ihrer Sprache für uns bleiben, wenn wir ſie auch noch ſo gut verſtehen, gewöhnen muß, wird wohl jedem Verſtändigen einleuchten. Im An- fang wirken dieſe Urſachen immer mehr oder weniger ſtörend, und ich habe nur ein künſtleriſches Indivi- duum geſehen, das in dieſer Hinſicht, wenn ich mich ſo ausdrücken darf, völlig cosmopolitiſch organiſirt war, die unnachahmliche, vielleicht nie erreichte, gewiß nie übertroffene Miß Oneil. Hier ſprach nur Menſchen- Geiſt und Seele zu dem unſrigen, Nationalität, Zeit und Aeuſſeres verſchwanden dem Gemüth in einer alles mit fortreißenden Entzückung. Doch zurück zur Gegenwart. Wir ſahen alſo den Othello, wo das Zuſammenſpiel der drei erſten dramatiſchen Künſtler Englands mir einen der genuß- vollſten Abende gewährte, und dieſe etwas lange Ex- pektoration veranlaßte, mich aber auch höchſt ſchmerz- lich die oben erwähnte Heroin vermiſſen ließ. Mit ihr würde ich heute den Culminationspunkt aller theatraliſchen Darſtellung erreicht geſehen haben. 22*

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/357>, abgerufen am 24.11.2024.