Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Cürassieren die Ordre zu jenem mörderischen Angriffe
und der Wegnahme einer Batterie von 40 Kanonen
giebt, die so Vielen, und auch meinem Busenfreunde
H.., das Leben kostete; der König ist eben im Be-
griff, sich selbst an ihre Spitze zu stellen. Wer hätte
ihm damals prophezeit, daß er bald darauf vom Pö-
bel unwürdig zerschlagen, und als Missethäter er-
schossen werden würde!

Tief erschütternd, obgleich vielleicht ein zu greller
Gegenstand für die Kunst, ist auf dem Bilde der
Schlacht von Marengo ein österreichischer Staabs-
offizier, dem eine Kugel den Unterleib aufgerissen,
so daß die Gedärme an der Erde liegen. Der Un-
glückliche, dem höllischen Schmerze zu entgehen, hat
von einem französischen Gensd'arme eine Pistole er-
fleht, die er sich mit verzweifelnder Geberde an den
Mund setzt, während der Geber sich schaudernd ab-
wendet.

Auf einem andern Gemälde ist der Ueberfall ei-
nes französischen Detachements durch spanische Gueril-
las abgebildet. Man sieht einen höchst romantischen
Bergpaß in Catalonien, merkwürdig durch die colos-
salen Steinbilder von 6 Stieren, deren Errichtung
man Hannibal zuschreibt. Zu ihren Füßen liegen
zwei oder drei noch geharnischte Gerippe französischer
Cürassiere, die einen Monat früher hier ebenfalls
ihren Tod fanden. Niemand von dem ganzen De-
tachement entging diesmal der Ermordung, außer
der General Lejeune selbst, und dies auch nur durch

Cüraſſieren die Ordre zu jenem mörderiſchen Angriffe
und der Wegnahme einer Batterie von 40 Kanonen
giebt, die ſo Vielen, und auch meinem Buſenfreunde
H.., das Leben koſtete; der König iſt eben im Be-
griff, ſich ſelbſt an ihre Spitze zu ſtellen. Wer hätte
ihm damals prophezeit, daß er bald darauf vom Pö-
bel unwürdig zerſchlagen, und als Miſſethäter er-
ſchoſſen werden würde!

Tief erſchütternd, obgleich vielleicht ein zu greller
Gegenſtand für die Kunſt, iſt auf dem Bilde der
Schlacht von Marengo ein öſterreichiſcher Staabs-
offizier, dem eine Kugel den Unterleib aufgeriſſen,
ſo daß die Gedärme an der Erde liegen. Der Un-
glückliche, dem hölliſchen Schmerze zu entgehen, hat
von einem franzöſiſchen Gensd’arme eine Piſtole er-
fleht, die er ſich mit verzweifelnder Geberde an den
Mund ſetzt, während der Geber ſich ſchaudernd ab-
wendet.

Auf einem andern Gemälde iſt der Ueberfall ei-
nes franzöſiſchen Detachements durch ſpaniſche Gueril-
las abgebildet. Man ſieht einen höchſt romantiſchen
Bergpaß in Catalonien, merkwürdig durch die coloſ-
ſalen Steinbilder von 6 Stieren, deren Errichtung
man Hannibal zuſchreibt. Zu ihren Füßen liegen
zwei oder drei noch geharniſchte Gerippe franzöſiſcher
Cüraſſiere, die einen Monat früher hier ebenfalls
ihren Tod fanden. Niemand von dem ganzen De-
tachement entging diesmal der Ermordung, außer
der General Lejeune ſelbſt, und dies auch nur durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0348" n="330"/>
Cüra&#x017F;&#x017F;ieren die Ordre zu jenem mörderi&#x017F;chen Angriffe<lb/>
und der Wegnahme einer Batterie von 40 Kanonen<lb/>
giebt, die &#x017F;o Vielen, und auch meinem Bu&#x017F;enfreunde<lb/>
H.., das Leben ko&#x017F;tete; der König i&#x017F;t eben im Be-<lb/>
griff, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t an ihre Spitze zu &#x017F;tellen. Wer hätte<lb/>
ihm damals prophezeit, daß er bald darauf vom Pö-<lb/>
bel unwürdig zer&#x017F;chlagen, und als Mi&#x017F;&#x017F;ethäter er-<lb/>
&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en werden würde!</p><lb/>
          <p>Tief er&#x017F;chütternd, obgleich vielleicht ein zu greller<lb/>
Gegen&#x017F;tand für die Kun&#x017F;t, i&#x017F;t auf dem Bilde der<lb/>
Schlacht von Marengo ein ö&#x017F;terreichi&#x017F;cher Staabs-<lb/>
offizier, dem eine Kugel den Unterleib aufgeri&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;o daß die Gedärme an der Erde liegen. Der Un-<lb/>
glückliche, dem hölli&#x017F;chen Schmerze zu entgehen, hat<lb/>
von einem franzö&#x017F;i&#x017F;chen Gensd&#x2019;arme eine Pi&#x017F;tole er-<lb/>
fleht, die er &#x017F;ich mit verzweifelnder Geberde an den<lb/>
Mund &#x017F;etzt, während der Geber &#x017F;ich &#x017F;chaudernd ab-<lb/>
wendet.</p><lb/>
          <p>Auf einem andern Gemälde i&#x017F;t der Ueberfall ei-<lb/>
nes franzö&#x017F;i&#x017F;chen Detachements durch &#x017F;pani&#x017F;che Gueril-<lb/>
las abgebildet. Man &#x017F;ieht einen höch&#x017F;t romanti&#x017F;chen<lb/>
Bergpaß in Catalonien, merkwürdig durch die colo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;alen Steinbilder von 6 Stieren, deren Errichtung<lb/>
man Hannibal zu&#x017F;chreibt. Zu ihren Füßen liegen<lb/>
zwei oder drei noch geharni&#x017F;chte Gerippe franzö&#x017F;i&#x017F;cher<lb/>
Cüra&#x017F;&#x017F;iere, die einen Monat früher hier ebenfalls<lb/>
ihren Tod fanden. Niemand von dem ganzen De-<lb/>
tachement entging diesmal der Ermordung, außer<lb/>
der General Lejeune &#x017F;elb&#x017F;t, und dies auch nur durch<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0348] Cüraſſieren die Ordre zu jenem mörderiſchen Angriffe und der Wegnahme einer Batterie von 40 Kanonen giebt, die ſo Vielen, und auch meinem Buſenfreunde H.., das Leben koſtete; der König iſt eben im Be- griff, ſich ſelbſt an ihre Spitze zu ſtellen. Wer hätte ihm damals prophezeit, daß er bald darauf vom Pö- bel unwürdig zerſchlagen, und als Miſſethäter er- ſchoſſen werden würde! Tief erſchütternd, obgleich vielleicht ein zu greller Gegenſtand für die Kunſt, iſt auf dem Bilde der Schlacht von Marengo ein öſterreichiſcher Staabs- offizier, dem eine Kugel den Unterleib aufgeriſſen, ſo daß die Gedärme an der Erde liegen. Der Un- glückliche, dem hölliſchen Schmerze zu entgehen, hat von einem franzöſiſchen Gensd’arme eine Piſtole er- fleht, die er ſich mit verzweifelnder Geberde an den Mund ſetzt, während der Geber ſich ſchaudernd ab- wendet. Auf einem andern Gemälde iſt der Ueberfall ei- nes franzöſiſchen Detachements durch ſpaniſche Gueril- las abgebildet. Man ſieht einen höchſt romantiſchen Bergpaß in Catalonien, merkwürdig durch die coloſ- ſalen Steinbilder von 6 Stieren, deren Errichtung man Hannibal zuſchreibt. Zu ihren Füßen liegen zwei oder drei noch geharniſchte Gerippe franzöſiſcher Cüraſſiere, die einen Monat früher hier ebenfalls ihren Tod fanden. Niemand von dem ganzen De- tachement entging diesmal der Ermordung, außer der General Lejeune ſelbſt, und dies auch nur durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/348
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/348>, abgerufen am 24.11.2024.