Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

ausspricht, zugleich aber diesen sprechenden Ausdruck mit
der idealsten Schönheit vereinigt. Dabei ist die Gruppi-
rung des Ganzen dem Auge so wohlthuend, das Co-
lorit so glanzvoll, jede Farbe so frisch erhalten, die
Ausführung, auch des kleinsten so meisterhaft, daß
man eine Befriedigung fühlt, wie selten ein Kunst-
werk gewährt. *)

Doch nichts bleibt hinter dem Anschauen eines sol-
chen Meisterwerks so weit zurück, als eine kalte Zer-
gliederung mit Worten; ich will daher auch weder
von diesen noch den übrigen etwas weiter sagen, doch
wünschte ich, daß Kunstkenner auf diese vortreffliche
Sammlung aufmerksamer gemacht würden.

Genre-Gemälde lassen sich weit eher beschreiben.
Dahin gehört die Ausstellung mehrerer Schlachten
und Gefechte vom General Lejeune, die er erst mitge-
fochten, dann gemalt hat. Sie sind mit viel Talent
und Geschmack aufgefaßt. In der Schlacht von der
Mosqua bildet der theatralische Murat mit seiner Suite
die Hauptgruppe, wie er mit Federn, Locken und
Stickereien behangen selbstzufrieden im Kartätschen-
Feuer haltend, eben den französischen und sächsischen

*) Ein gelehrter Antiquar sagte mir einmal, daß die alten
Maler gewöhnlich auf Kreidegrund malten, und Firnisse
zur Bereitung ihrer Farben gebrauchten, weshalb sie so
dauerhaft, frisch und glanzvoll blieben. Sonderbar, daß
man sich nicht mehr bemüht, dieses Verfahrens wieder
Herr zu werden.

ausſpricht, zugleich aber dieſen ſprechenden Ausdruck mit
der idealſten Schönheit vereinigt. Dabei iſt die Gruppi-
rung des Ganzen dem Auge ſo wohlthuend, das Co-
lorit ſo glanzvoll, jede Farbe ſo friſch erhalten, die
Ausführung, auch des kleinſten ſo meiſterhaft, daß
man eine Befriedigung fühlt, wie ſelten ein Kunſt-
werk gewährt. *)

Doch nichts bleibt hinter dem Anſchauen eines ſol-
chen Meiſterwerks ſo weit zurück, als eine kalte Zer-
gliederung mit Worten; ich will daher auch weder
von dieſen noch den übrigen etwas weiter ſagen, doch
wünſchte ich, daß Kunſtkenner auf dieſe vortreffliche
Sammlung aufmerkſamer gemacht würden.

Genre-Gemälde laſſen ſich weit eher beſchreiben.
Dahin gehört die Ausſtellung mehrerer Schlachten
und Gefechte vom General Lejeune, die er erſt mitge-
fochten, dann gemalt hat. Sie ſind mit viel Talent
und Geſchmack aufgefaßt. In der Schlacht von der
Mosqua bildet der theatraliſche Murat mit ſeiner Suite
die Hauptgruppe, wie er mit Federn, Locken und
Stickereien behangen ſelbſtzufrieden im Kartätſchen-
Feuer haltend, eben den franzöſiſchen und ſächſiſchen

*) Ein gelehrter Antiquar ſagte mir einmal, daß die alten
Maler gewoͤhnlich auf Kreidegrund malten, und Firniſſe
zur Bereitung ihrer Farben gebrauchten, weshalb ſie ſo
dauerhaft, friſch und glanzvoll blieben. Sonderbar, daß
man ſich nicht mehr bemuͤht, dieſes Verfahrens wieder
Herr zu werden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0347" n="329"/>
aus&#x017F;pricht, zugleich aber die&#x017F;en &#x017F;prechenden Ausdruck mit<lb/>
der ideal&#x017F;ten Schönheit vereinigt. Dabei i&#x017F;t die Gruppi-<lb/>
rung des Ganzen dem Auge &#x017F;o wohlthuend, das Co-<lb/>
lorit &#x017F;o glanzvoll, jede Farbe &#x017F;o fri&#x017F;ch erhalten, die<lb/>
Ausführung, auch des klein&#x017F;ten &#x017F;o mei&#x017F;terhaft, daß<lb/>
man eine Befriedigung fühlt, wie &#x017F;elten ein Kun&#x017F;t-<lb/>
werk gewährt. <note place="foot" n="*)">Ein gelehrter Antiquar &#x017F;agte mir einmal, daß die alten<lb/>
Maler gewo&#x0364;hnlich auf Kreidegrund malten, und Firni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
zur Bereitung ihrer Farben gebrauchten, weshalb &#x017F;ie &#x017F;o<lb/>
dauerhaft, fri&#x017F;ch und glanzvoll blieben. Sonderbar, daß<lb/>
man &#x017F;ich nicht mehr bemu&#x0364;ht, die&#x017F;es Verfahrens wieder<lb/>
Herr zu werden.</note></p><lb/>
          <p>Doch nichts bleibt hinter dem An&#x017F;chauen eines &#x017F;ol-<lb/>
chen Mei&#x017F;terwerks &#x017F;o weit zurück, als eine kalte Zer-<lb/>
gliederung mit Worten; ich will daher auch weder<lb/>
von die&#x017F;en noch den übrigen etwas weiter &#x017F;agen, doch<lb/>
wün&#x017F;chte ich, daß Kun&#x017F;tkenner auf die&#x017F;e vortreffliche<lb/>
Sammlung aufmerk&#x017F;amer gemacht würden.</p><lb/>
          <p>Genre-Gemälde la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich weit eher be&#x017F;chreiben.<lb/>
Dahin gehört die Aus&#x017F;tellung mehrerer Schlachten<lb/>
und Gefechte vom General Lejeune, die er er&#x017F;t mitge-<lb/>
fochten, dann gemalt hat. Sie &#x017F;ind mit viel Talent<lb/>
und Ge&#x017F;chmack aufgefaßt. In der Schlacht von der<lb/>
Mosqua bildet der theatrali&#x017F;che Murat mit &#x017F;einer Suite<lb/>
die Hauptgruppe, wie er mit Federn, Locken und<lb/>
Stickereien behangen &#x017F;elb&#x017F;tzufrieden im Kartät&#x017F;chen-<lb/>
Feuer haltend, eben den franzö&#x017F;i&#x017F;chen und &#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;chen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0347] ausſpricht, zugleich aber dieſen ſprechenden Ausdruck mit der idealſten Schönheit vereinigt. Dabei iſt die Gruppi- rung des Ganzen dem Auge ſo wohlthuend, das Co- lorit ſo glanzvoll, jede Farbe ſo friſch erhalten, die Ausführung, auch des kleinſten ſo meiſterhaft, daß man eine Befriedigung fühlt, wie ſelten ein Kunſt- werk gewährt. *) Doch nichts bleibt hinter dem Anſchauen eines ſol- chen Meiſterwerks ſo weit zurück, als eine kalte Zer- gliederung mit Worten; ich will daher auch weder von dieſen noch den übrigen etwas weiter ſagen, doch wünſchte ich, daß Kunſtkenner auf dieſe vortreffliche Sammlung aufmerkſamer gemacht würden. Genre-Gemälde laſſen ſich weit eher beſchreiben. Dahin gehört die Ausſtellung mehrerer Schlachten und Gefechte vom General Lejeune, die er erſt mitge- fochten, dann gemalt hat. Sie ſind mit viel Talent und Geſchmack aufgefaßt. In der Schlacht von der Mosqua bildet der theatraliſche Murat mit ſeiner Suite die Hauptgruppe, wie er mit Federn, Locken und Stickereien behangen ſelbſtzufrieden im Kartätſchen- Feuer haltend, eben den franzöſiſchen und ſächſiſchen *) Ein gelehrter Antiquar ſagte mir einmal, daß die alten Maler gewoͤhnlich auf Kreidegrund malten, und Firniſſe zur Bereitung ihrer Farben gebrauchten, weshalb ſie ſo dauerhaft, friſch und glanzvoll blieben. Sonderbar, daß man ſich nicht mehr bemuͤht, dieſes Verfahrens wieder Herr zu werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/347
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/347>, abgerufen am 13.05.2024.